Hengersberg/ Rinchnach. Geboren und aufgewachsen in Frauenau, hat er zuerst Gärtner gelernt und dann zum Fotografen umgeschult; als freischaffender Fotograf arbeitete er in München unter anderem für die Bayerische Staatsgemäldesammlung, die Pinakotheken und das Museum Brandhorst. Johannes Haslinger verwirklichte eigene Kunstprojekte und war immer auch als erfolgreicher Musiker unterwegs – unter anderem mit der legendären Band „Zitronen Püppis“. Mit seiner Frau, der Sprachheilpädagogin Sandra Schütz, kehrte er 2019 in den Woid zurück.

Museen sind für Johannes Haslinger – hier im MMK Passau spannende Experimentierfelder. Foto: Matthias Balk
Sie kauften das „Rote Schulhaus“ in Rinchnach – die ehemalige Lehrerwohnung wurde das Zuhause von Sandra, Johannes und ihren Töchtern Charlotte und Pauline. In den früheren Klassenräumen entstand das „Museum Rotes Schulhaus“, das ganzjährig mit Ausstellungen und Veranstaltungen bespielt wird und mit dem „Bayerischen Museumspreis“ ausgezeichnet wurde.
„Es gehört zu mir dazu“
Seit Januar hat Johannes Haslinger gleich zwei neue, herausfordernde Aufgaben übernommen: Der 36-Jährige folgt Florian Jung als Leiter und Kurator der Kunstsammlung Ostbayern im Hengersberger Spital und ist auch der neue Kreisheimatpfleger des Landkreises Regen. Im Hog’n-Interview spricht er über seine Pläne mit der Kunstsammlung, seine Beweggründe, sich als Kreisheimatpfleger einzubringen, und seine Haltung zum Leben.
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Johannes, du hast schon zuhause im Roten Schulhaus ein kleines Museum zu leiten. Was hat dich dazu bewogen, diese Aufgabe auch im Spital in Hengersberg zu übernehmen?
Zum einen mag ich die Museumsarbeit wahnsinnig gern. Es reizt mich, dass man hier das Thema Kunst von den unterschiedlichsten Seiten aus betrachten kann. Man kann versuchen, Museum anders zu denken. Es kann locker und lässig sein – gerade in der Kombination ‚Kunst und Musik‘ kann man Menschen erreichen, die sonst nichts mit Kunst am Hut haben.

Das Rote Schulhaus in Rinchnach – hier haben Johannes Haslinger und seine Frau Sandra Schütz grundlegende Erfahrungen im Bereich Denkmalschutz gesammelt. Foto: privat
Zum anderen hab ich zur Sammlung in Hengersberg, die viele Donauwaldkünstler beherbergt, einen starken persönlichen Bezug. Ich bin in Frauenau aufgewachsen, mein Vater, der als Schlosser in der Glashütte Eisch gearbeitet hat, war immer kreativ und nah an der Künstlerszene rund um Erwin und Gretel Eisch oder auch Hermann Erbe-Vogel. Die Geschichten und Anekdoten rund um diesen Kreis haben meine Kindheit begleitet. Ein Museum zu leiten und seine Ideen einzubringen ist das eine. Aber wenn auch der Bestand etwas ist, das mit meinen eigenen Wurzeln zu tun hat, ist das etwas ganz Besonders. Es gehört zu mir dazu.
Florian Jung hat nicht nur seine Stelle im Museum gekündigt, sondern auch den Vorsitz im Verein der „Hengersberger Kunst- und Museumsfreunde“, der das Spital wesentlich unterstützt. Gibt es mittlerweile eine Nachfolge?
Ja – und ich bin unglaublich froh, dass mit Richard Rüger als neuem erstem Vorsitzenden der Fortbestand dieses wichtigen, traditionsreichen Vereines gesichert ist. Richard ist selbst Künstler, er hat gute Ideen, wie man auch junge Menschen ansprechen und den öffentlichen Raum in die Museumsarbeit miteinbeziehen kann. Unser Gespräch jedenfalls war inspirierend und Mut machend. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
„Gibt auch im Landkreis Regen viele versteckte Schätze“
Apropos Museumsarbeit: Worauf liegt aktuell dein Fokus im Spital?
Als erstes war ich ganz gut damit gefordert, die Wechselausstellungen für 2025 zu konzipieren. Mit der bunten Mischung der geplanten Ausstellungen – Denkmalschutz, Malerei, Fotografie und KI in der Fotografie – bin ich sehr zufrieden. Bei einer Zusammenarbeit mit der Sammlung Oehms wird der Fokus auf der weiblichen Seite der Kunst liegen. Das ist mir auch sehr wichtig, da ja unser Bestand sehr „männerlastig“ ist.
Und wie sieht es mit der Dauerausstellung aus?
Der Bestand des Museums ist wirklich cool – aber die Dauerausstellung etwas in die Jahre gekommen. Wir müssen neue, peppige, mediale und partizipative Präsentationsformen erarbeiten, die auch z.B. Schulklassen ins Museum ziehen. Das beginnt mit einfachen Dingen wie der Beleuchtung und endet bei Bildschirmen mit Filmen zu den Künstlern. Als erstes aber hab ich mir jetzt die Beratung vom Landesamt für nichtstaatliche Museen geholt. Sie bietet z.B. eine kostenfreie Online-Datenbank an, um ein digitales Depot anzulegen, wo alle Bilder verschlagwortet sind. So eine Kompletterfassung ist erstmal die wichtigste Grundlage, um die Dauerausstellung neu zu konzipieren.
Gibt es da Parallelen oder Überschneidungen zu deiner ebenfalls neuen Aufgabe als Kreisheimatpfleger von Regen?
Wenn man genau hinschaut, schon: Ähnlich wie im Museum gibt es auch im Landkreis Regen viele versteckte Schätze, die ins Hier und Jetzt geholt werden müssen. Mir persönlich sind vor allem die Leerstände eine Herzensangelegenheit. Gerade die Wiederbelebung von Ortskernen ist ein spannendes Thema. Wenn ich an Probleme wie Flächenverbrauch und steigende Baupreise denke, sehe ich nämlich genau darin die Zukunft.
„Ich möchte Spuren hinterlassen“
Welche Expertise bringst du denn als Kreisheimatpfleger mit?
Na ja, (lacht) wie bei allen meinen beruflichen Tätigkeiten bin auch hier Quereinsteiger. Aber ich muss schon sagen: In die Materie Denkmalschutz sind Sandra und ich mit der Renovierung des Roten Schulhauses sehr tief eingestiegen. Ich weiß, wo man als Denkmalbesitzer Rat und Unterstützung braucht. Deshalb seh‘ ich mich in meiner Rolle als Kreisheimatpfleger vor allem als Schnittstelle zwischen den Besitzern denkmalgeschützter Gebäude und den Denkmalbehörden. Wie komme ich an Gelder, wer sind meine Ansprechpartner, was muss ich beachten?
Und wie kannst du dieses spezielle Wissen vermitteln?

Musik ist für Johannes Haslinger ein wichtiger Teil seines Lebens. Hier mit der „Funeral Jazz Band“ im Museum Rotes Schulhaus. Foto: privat
Dafür gibt es zum Beispiel die einmal monatlich stattfindende Denkmalsprechstunde. Aber wir tüfteln auch an einer neuen Idee mit einem sehr persönlichen Ansatz: Es soll eine bunte, landkreisspezifische Webseite entstehen, die zum einen Lust auf das spannende Feld der Denkmalpflege macht und zum anderen eine Art Guide durch den Dschungel der Behörden und Antragsstellungen ist. Sie soll Leute vernetzen und bestenfalls helfen, Sanierungs- und Betreiberkonzepte zu finden. Das wäre für mich ein Hebel, um diese Gegend, die ich sehr mag, gut zu unterstützen.
Es wird immer wieder spürbar, wie sehr es dir am Herzen liegt, die Kunst und auch die Kulturlandschaft im Bayerischen Wald sichtbar zu machen und zu fördern. Woher nimmst du den Elan?
Ich möchte positive Impulse setzen und Spuren hinterlassen. Rückschlägen lasse ich keinen Raum, im Gegenteil: Ich bleibe gerne mit voller Absicht positiv. So sind z.B. die Rinchnacher Kulturtage, die wir im Juli zum vierten Mal veranstalten, ein monatelanger Vorbereitungsmarathon. Und es ist völlig klar, dass ich damit nicht viel Geld verdiene. Aber was wichtiger ist: Ich schöpfe daraus viel für mich selbst. Die Zeit, die ich investiere, ist nicht aus dem Fenster geschmissen, sie ist nicht verloren.
Das ist ein schönes Schlusswort. Vielen Dank für das Gespräch und viel Kraft und Inspiration für alle Aufgaben.
Das Hengersberger Programm
Das plant Johannes Haslinger für sein erstes Jahr in Hengersberg: aktuell ist noch bis 2. März die Ausstellung mit Malerei von Bernadette Maier zu sehen; ab 14.März. bis 4. Mai Ausstellung zum Bayerischen Denkmalpreis mit Fotografien von Sabine Bäter und Zeichnungen von Michael Lange. 16. Mai bis 22. Juni: Moderne Malerei von Usija Wallner. 4. Juli bis 24. August: Fotografien von Wilfried Petzi. 5. September bis 26. Oktober: Gruppenausstellung mit Bildern aus der Sammlung Dieter Oehms. 7. November bis 4. Januar: Fotografien und KI von Christoph Grünberger aus Zwiesel
Interview: Regina Kremsreiter