FRG. Mitte Februar wird sie zum ersten Mal fällig: Die neue Grundsteuer. Die Bescheide vom Finanzamt haben alle Grundbesitzer im vergangenen Jahr erhalten, im Dezember haben die Kommunen ihre Hebesätze angepasst. Aus beidem zusammen errechnet sich nun die neue Grundsteuer. Dabei gibt es Gewinner – und Verlierer.

Alle Haus- und Wohnungseigentümer sollen bald schwarz auf weiß haben, wie viel Grundsteuer sie künftig zahlen müssen. Bayern hat sich für ein Flächenmodell entschieden. Symbolbild: pixabay
Das Wichtigste vorweg: Der Grundsatz der Aufkommensneutralität, der für die Gemeinden gilt, heißt nicht, dass am Ende alle ähnliche Grundsteuerbeträge zahlen wie vorher. „Aufkommensneutralität bedeutet, dass die Gemeinde nach Umsetzung der Reform ihr Grundsteueraufkommen insgesamt stabil halten kann“, teilt dazu die Stadt Grafenau auf Hog’n-Nachfrage mit.
Fehlerhafte Grundsteuererklärungen
Es findet eher eine Umverteilung statt. Die einen freut’s: Sie zahlen jetzt weniger. Die anderen ärgert’s: Sie zahlen um einiges mehr. Das fällt auch in der Region auf. So bestätigt beispielsweise die Gemeinde Haidmühle, dass etwa 33 Prozent der Gemeindebürger nach der Reform mehr zahlen als vorher. 37 Prozent kommen besser weg. Bei den restlichen 30 Prozent bleibt es in etwa beim Alten.

Etwa ein Drittel der Einwohner der Gemeinde Haidmühle wird nach der Grundsteuerreform mehr zahlen als vorher. Foto: Hog’n-Archiv
Aus den drei großen Städten im Landkreis sind solche Überblickszahlen nicht zu bekommen: Freyung und Grafenau teilen dem Onlinemagazin da Hog’n mit, eine exakte Aufarbeitung der Zahlen wäre zu aufwendig. Waldkirchen hat sich dazu überhaupt nicht geäußert. „Erschwerend kommt hinzu, dass aktuell davon auszugehen ist, dass eine Vielzahl an Grundsteuererklärungen fehlerhaft ist“, teilt die Stadt Grafenau mit. Die Kommunen rechnen damit, dass einige Bürger beim Finanzamt noch einmal eine Neuberechnung beantragen werden.
Aber haben sich wirklich so viele Fehler eingeschlichen? „Zu uns kommen seit Januar tatsächlich einige Mandaten, die darum bitten, dass wir ihren Bescheid prüfen“, sagt Patrick Nigl von der Steuerkanzlei Rosenberger und Plöchinger aus Hauzenberg. Vor allem diejenigen, die nun deutlich mehr zahlen sollen. Der Steuerfachmann finde nach Prüfung bei rund zwei Dritteln Fehler: Dass beispielsweise Angaben doppelt gemacht oder Flächen falsch eingestuft wurden. In diesen Fällen lohnt sich der Aufwand, sich noch einmal ans Finanzamt zu wenden.
Der Stadt-Land-Unterschied
Andere dagegen werden mehr zahlen müssen. Große Auswirkungen haben vor allem zwei Änderungen: Der Wert der Immobilie spielt in der Grundsteuer B nun keine Rolle mehr. Nur durch die Hebesätze der Gemeinden entsteht ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Kommunen auf dem Land und großen Städten.
Beispiel: Ein Neubau in Waldkirchen mit 150 Quadratmeter Wohnfläche und 770 Quadratmeter Grund ergab zuvor 145 Euro Grundsteuer, nach der Neuerung nun 215 Euro. Ein ähnlich großes Reihenmittelhaus mitten in München kostete vor der Reform 380 Euro Grundsteuer, jetzt 320 Euro. Der Unterschied in der Grundsteuer zwischen beiden Immobilien ist also geringer geworden – weil der viel höhere Wert der Münchner Immobilie keine Rolle mehr spielt.
Viel gravierender kann sich das Ganze auf große Wohnhäuser mit großem Grundstück drumherum auf dem Land auswirken: So kostete ein Haus mit 290 Quadratmetern Wohnfläche, 235 Quadratmetern Nutzfläche und 3.200 Quadratmetern Grund am Fuße des Dreisessels früher lediglich 286 Euro Grundsteuer (bewertet wurde dabei nach Werten aus dem Jahr 1964). Jetzt muss der Besitzer dafür satte 832 Euro entrichten.
Die Situation in der Landwirtschaft
Die zweite große Änderung betrifft Landwirte. Ihre Grundstücke und Immobilien fielen bisher komplett unter die günstigere Grundsteuer A. Das ist nun nicht mehr so: Wohnhäuser und Baugrundstücke wandern in Grundsteuer B, was die Gesamtsteuersumme stark steigen lassen kann.
Auch hier ein Beispiel: Ein Landwirt aus dem Landkreis zahlte vorher 162 Euro, jetzt 430. Der Grund dafür: 196 Quadratmeter Wohnfläche, 50 Quadratmeter Nutzfläche und knapp 3.000 Quadratmeter Grund werden jetzt nach Grundsteuer B berechnet. Wiesen und Wälder, die er besitzt, bleiben dagegen günstig: Sechseinhalb Hektar Wiesen und drei Hektar Wald machen bei ihm nur 72 Euro aus, da bei landwirtschaftlichen Flächen die sogenannte Ertragsmesszahl mit in die Berechnung einfließt, wie wertvoll das Stück Wiese oder Acker für den Bauern sein kann, sprich: wie viel Ertrag es bringt. Diese Messzahl ist in der Region sehr niedrig.
Durch eine noch stärkere Senkung der Hebesätze hätten die Gemeinden die Härtefälle, die nun deutlich mehr zahlen, auffangen können. Aber dann hätten sie am Ende weniger Einnahmen, weil andere noch stärker profitieren würden. Im selben Dorf wie der Landwirt zahlt ein Hausbesitzer mit 250 Quadratmetern Wohnfläche und 880 Quadratmetern Grund auch jetzt nur noch 136 Euro – das sind 123 Euro weniger als vor der Reform.
Bayerischer Sonderweg
Der Spielraum der Gemeinden ist eingeschränkt. Unterschiede entstehen vor allem durch die oben genannten Änderungen, die der Freistaat Bayern beschlossen hat. Bayern geht damit übrigens einen Sonderweg: In anderen Bundesländern spielt der Wert einer Immobilie nach wie vor eine Rolle bei der Berechnung der Grundsteuer.
Sabine Simon