Berlin/Salzweg. Auf kommunaler Ebene hat Frederic-Alexej „Sascha“ Müller bereits politische Erfahrung sammeln können. Der 56-jährige Salzweger ist Ratsmitglied seiner Heimatgemeinde und Kreisrat im Landkreis Passau. Und nun will der Erzieher nach Berlin! Warum der Direktkandidat der Grünen im Wahlkreis Passau (228) aus seiner Sicht im Bundestag bestens aufgehoben ist, erklärt er im Hog’n-Interview…
„Möchte, dass Menschen eine echte Wahl haben“
Bitte stellen Sie sich zunächst unseren Lesern kurz vor.
Ich heiße Frederic-Alexej Müller. Für viele bin ich einfach nur der Sascha. Geboren wurde ich vor 56 Jahren in München, aufgewachsen bin ich aber im kleinen Dorf Atzesberg. Als Sohn des örtlichen Tierarztes und der „roten Heidi“ – meine Mutter ist SPD’lerin – bin ich im Woid viel rumgekommen. Ich verfolge seit meiner Jugend die Politik in Bund, Land und Kommunen. Dieses Interesse hat mich in meiner Jugend zur SPD gebracht. Später wechselte ich zu den Grünen, für die ich mich in der Vorstandsarbeit, aber auch als Gemeinderat in Salzweg und Kreisrat im Landkreis Passau engagiere.
Seit fast 25 Jahren lebe ich mit meiner Frau und unseren zwei erwachsenen Kindern in unserem Holzhaus in Salzweg. Und ich freue mich, dass ich elektrisch mit Strom vom Dach Auto fahren kann, meine Heizung ohne Öl und Gas auskommt – und ich inzwischen auch in vielen Gasthäusern gutes, veganes Essen bekomme.
Zusammen mit dem Frischen Wind Salzweg/Straßkirchen e.V. stärke ich sehr gerne die Wirtshauskultur und das bayrische Brauchtum, indem ich seit längerem monatlich einen Schafkopftreff für Kinder, Jugendliche und Angehörige anbiete. Außerdem spiele ich gerne Schach und Volleyball, sofern es meine Zeit erlaubt. Von Beruf bin ich Erzieher und arbeite seit 30 Jahren im sozialen Bereich.
Warum wollen Sie in den Bundestag einziehen?
Ich habe mich sehr bewusst für die Direktkandidatur zum Bundestag entschieden. Weil ich möchte, dass die Menschen im Wahlkreis Passau eine echte Wahl haben, wer sie direkt im Bundestag vertreten soll. In Zeiten der drohenden Zerstörung der Lebensgrundlagen künftiger Generationen durch die fortschreitende Klimakrise und den dramatischen Verlust unserer Artenvielfalt, werde ich mich konsequent für die Rechte künftiger Generationen einsetzen.
„…dann stellen sich mir die Haare auf“
Außerdem bin ich überzeugt, dass meine besonderen Fähigkeiten im alltäglichen Krisenmanagement und meine systemische Herangehensweise auf die vielfältigen Probleme unserer Zeit dringend gebraucht werden. Ich bin willens und in der Lage, an vernetzten und langfristigen Lösungen für die vielfältigen Herausforderungen, die sich uns wirtschaftlich, gesellschaftlich und geopolitisch stellen, mit Engagement und Beharrlichkeit zu arbeiten – wenn es sein muss bis tief in die Nacht hinein.
Welche politischen Ideen wollen Sie dort in erster Linie umsetzen?
Wenn ich die rückwärtsgewandten, ideenlosen Antworten anderer Parteien auf die aktuell riesigen Herausforderungen anschaue, dann stellen sich mir sämtliche Haare auf. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass angesichts von Trump und den Krisen in der Welt eine nachhaltige, grüne Wirtschaftspolitik mit Weitblick in Deutschland und Europa so dringend gebraucht wird wie nie zuvor.
Ich stehe dafür, dass wir künftig ruhige, gut durchdachte und vernetzte Lösungen suchen und umsetzen, anstatt lauthals vermeintlich einfache Lösungen in die Welt hinaus zu schreien, die uns langfristig nur extrem schaden. Wir müssen offenen Auges die Probleme konsequent anpacken – und endlich das Jammern aufhören!
„Ausbau der Erneuerbaren Energien verschlafen““
Welche Themen aus ihrem Wahlkreis wollen Sie „im fernen Berlin“ in den Fokus rücken?
Bezahlbare Energie für die Menschen, das Handwerk und die Industrie lässt sich am besten durch den Ausbau und die konsequente Nutzung der erneuerbaren Energien erreichen. Denn Klimaschutz und wirtschaftlicher Erfolg sind kein Gegensatz. Ein Beispiel: im Landkreis Passau werden insgesamt pro Jahr ca. 1,4 Milliarden Euro für hauptsächlich fossile Energieträger wie Öl, Gas und Kraftstoffe ausgeben. Davon fließt der Löwenanteil von ca. 85 Prozent weg aus Deutschland, weg aus der Region. Das kommt einem enormen Verlust an Wirtschaftskraft gleich.
Hochgerechnet alleine auf die 71 Landkreise und 25 kreisfreien Städte in Bayern sind dies jährlich Unsummen an Geldern, die uns verloren gehen. Der Grund: Bayern hat beim Ausbau der Erneuerbaren und beim Netzausbau geschlafen. Ich will mich in Berlin für einen schnelleren Netzausbau, für einen Durchbruch beim bidirektionalen Laden von E-Autos, für unbürokratische Lösungen für Lademöglichkeiten in der Arbeit, aber auch für eine konsequente Unterstützung der Kommunen bei der Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung einsetzen.
Unter dem Motto: „Schnell, unbürokratisch, erneuerbar“ will ich die Wertschöpfung gerade in den ländlichen Regionen massiv erhöhen. Dieses Geld soll bei uns im Land, bei uns in der Region bleibt.
„Seit jeher nah dran an Problemen der Menschen“
Inwiefern ist es überhaupt möglich, Themen des ländlichen Raums, der in Sachen Aufmerksamkeit und Bedeutung den Großstädten und Metropolregionen hinterherhinkt, auf Bundesebene zu platzieren?
Um bei dem gerade genannten Beispiel zu bleiben: die städtischen Räume brauchen die Ressourcen der umliegenden Landkreise in vielfältiger Weise, nicht nur zur Versorgung mit sauberer Energie. Deshalb muss hier in den urbanen Regionen dringend ein Umdenken einsetzen. Ich traue mir zu, daran tatkräftig mitzuwirken. Ein wichtiges Mittel dafür ist eine selbstbewusste Kommunikation auf Augenhöhe, die die Bedürfnisse der ländlichen Regionen in einen für beide Seiten positiven Rahmen setzt.
Die Politikverdrossenheit, insbesondere was die Bundespolitik betrifft, nimmt immer mehr zu. Wie wollen Sie diesem Trend entgegenwirken?
Häufig wird ja der Vorwurf laut, dass „die Politiker dort oben“ den Bezug zur Alltagsrealität verloren hätten. Durch meinen Beruf als Erzieher, in der Beratung von Familien, aber auch durch mein Aufwachsen im Dorf, bin ich seit jeher sehr nah an den alltäglichen Bedürfnissen und Problemen der Menschen dran. Eine solche Bodenhaftung ist ebenso hilfreich wie das aufmerksame Zuhören. Eine Tugend, in der sich moderne Politik wieder stärker üben muss. Ich will, dass sich die Bürgerinnen in ihren Sorgen und Problemen gesehen fühlen. Und ich will in der Region auch als Abgeordneter präsent sein.
„Ausschlussrhetorik von Herrn Söder völlig unverständlich“
Wie bewerten Sie generell das „Ampel-Aus“ und die in der Folge notwendig gewordenen vorgezogenen Wahlen?
Ich hätte mir gewünscht, dass wir gerade durch die künftig stark zunehmenden Herausforderungen – durch einen US-Präsidenten Trump – stabile Verhältnisse bis zu den regulären Neuwahlen im Herbst gehabt hätten. Dies ist nun nicht mehr möglich. Es ist deshalb nun umso wichtiger, dass alle demokratischen Parteien die Bereitschaft zur gegenseitigen Zusammenarbeit zum Wohle Deutschlands zeigen, damit nach den Neuwahlen am 23. Februar zeitnah eine stabile handlungsfähige Regierung zustande kommen kann. Die Ausschlussrhetorik von Herrn Söder ist nicht nur völlig unverständlich – sie schadet auch der Stabilität unseres Landes.
Die politisch (extremen) Ränder freuen sich über wachsenden Zuspruch in der Wählergunst. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung? Ist aufgrund dieser Entwicklung ein freies, offenes und demokratisches Deutschland ihrer Meinung nach in Gefahr?
Für diese Entwicklungen gibt es meiner Meinung nach sehr vielfältige Gründe. Einerseits haben die Menschen durch Kriege, Klimakrise und erhebliche, wirtschaftspolitische Veränderungen vielerlei Ängste und Sorgen. Diese werden von den extremen politischen Parteien für ihre Zwecke missbraucht werden. Andererseits haben sich wichtige Oppositionsparteien auf der Suche nach vermeintlich einfachen Lösungen einer extremen, populistischen Rhetorik angeschlossen.
Dies hat nicht nur dem politischen Miteinander erheblich geschadet, sondern auch das Erreichen gemeinsamer, inhaltlicher Lösungen aus dem Fokus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt. Ich bin überzeugt, dass wir künftig sehr sorgsam mit den Werten unserer freien und offenen Demokratie in Deutschland umgehen müssen. Wir müssen unsere Demokratie vor erklärten Demokratiefeinden klar schützen.
„Wünsche mir neuen Mut und Zusammenhalt“
Welcher Person/ welcher Partei geben Sie am 23. Februar ihre Stimme? Und warum?
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nur durch eine konsequent nachhaltige und vorausschauende Politik die Chancen unserer Enkel und Kinder auf eine unabhängige und lebenswerte Zukunft erhalten können. Und dafür will und werde ich mich mit aller Kraft einsetzen. Deshalb kämpfe ich für ein bärenstarkes Ergebnis im Bund für Bündnis 90/Die Grünen. Und für den direkten Einzug in den Bundestag über das Direktmandat für unsere Region in Passau.
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft: Welche drei Dinge wünschen Sie sich für die Bundesrepublik Deutschland?
Ich wünsche mir für Deutschland, dass wir erstens erkennen, dass zwischen volkswirtschaftlichem Erfolg und dem Schutz der Lebensgrundlagen künftiger Generationen durch wirksamen Klima- und Artenschutz keinerlei Widerspruch besteht. Zudem wünsche ich mir für Deutschland wieder neuen Mut und Zusammenhalt – auf Basis unserer christlich-ethischen Grundwerte wie Nächstenliebe und Solidarität. Und nicht zuletzt wünsche ich mir für Deutschland eine starke grüne Regierungsbeteiligung, am besten unter einem Bündniskanzler Robert Habeck.
Vielen Dank für das Interview – und alles Gute weiterhin.
Die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer