Berlin/Waldkirchen. Auf Kommunal- und Landesebene zählen die Freien Wähler bereits zu den stärksten Parteien. In der Bundespolitik fristet der von Hubert Aiwanger geprägte Zusammenschluss eher ein Mauerblümchen-Dasein. Ändert sich das am 23. Februar? Zieht beispielsweise FW-Direktkandidat Florian Mies, der im Wahlkreis Deggendorf (226) antritt, in den Bundestag ein? Der 26-jährige Waldkirchener stellt sich und seine politischen Ansichten und Ideen im Rahmen eines Hog’n-Interviews vor.
„Wo ist unsere Politik? Ich höre sie nicht…“
Bitte stellen Sie sich zunächst unseren Lesern kurz vor.
Mein Name ist Florian Mies, ich bin 26 Jahre alt, ledig und komme aus Waldkirchen. Ich bin seit 2021 bei den Freien Wählern, engagiere mich seitdem im Kreis- und Ortsverband und bin seit 2024 Bezirksvorsitzender der Jungen Freien Wähler Niederbayern. Klassische Hobbys habe ich nicht. Nur viele Interessen, darunter Sport und Fitness, Programmieren, Lesen, Investieren an den Finanzmärkten… Mich fasziniert eigentlich alles, was schwer ist – und ich habe Spaß daran, mich in Dingen wie diesen auszuprobieren und darin besser zu werden.
Warum wollen Sie in den Bundestag einziehen?
Weil ich sehe, dass Deutschland und unsere Welt an einem dramatischen Punkt in der Geschichte angekommen ist, bei dem es jetzt gilt zu handeln. weil es andernfalls zu spät sein könnte. Eine Weltordnung kommt an ihr Ende, uns steht ein beispielloser technologischer Wandel bevor und Demokratien auf der ganzen Welt stehen unter Druck. Und wo ist Deutschland? Wo ist unsere Politik? Ich höre sie nicht. Ich höre seit Jahren nur, dass Probleme wegdiskutiert und kleingemacht werden. Und wenn der Druck aus der Bevölkerung und den Medien wirklich mal zu groß wird, wird sich meist für den einfachsten und unproblematischsten Weg entschieden – und man tut so, als wäre nie etwas gewesen.
Beispiele gibt es zu Genüge. Beginnend mit der Euro-Rettung, die leidige Migrationsproblematik, Corona, Heizungsgesetz, „Bauernproteste“. Es kommt einem vor, als ginge es für unsere führenden Politiker nur noch darum, an der Macht zu bleiben. Nicht mehr um die besten Ideen für unser Land und nicht mehr um die Sorgen und Ängste unserer Bürgerinnen und Bürger.
Bürgergeldreform Lösung der Asylproblematik?
Welche politischen Ideen wollen Sie dort in erster Linie umsetzen?
Zuallererst braucht es eine Lösung bei der Migration. Über eine weitere Bürgergeldreform können wir da viel erreichen. Außerdem muss der Welt klar gemacht werden, dass Deutschland nicht mehr bereit ist, willkürlich alles und jeden aufzunehmen, sondern nur noch in dem Rahmen, den wir und Europa festlegen. Danach braucht es ein zügiges Ausloten, inwiefern entlang den Fluchtrouten Abkommen mit Staaten geschlossen werden können, um die gesamte Migration nach Europa zu begrenzen. Anschließend ein klares Signal an unsere europäischen Partner, dass die bestehenden Verträge umzusetzen sind und die Außengrenzen geschützt werden müssen.
Selbstverständlich auch mit voller Unterstützung und Beteiligung Deutschlands. Schengen ist das Versprechen von offenen Grenzen in Europa, aber nur bei einem gleichzeitigen Schutz der Außengrenzen. Und wenn am Ende des Tages der Schutz an den Außengrenzen nicht gewährleistet werden kann, dann braucht es eben den Alleingang und es muss an den eigenen Grenzen zurückgewiesen werden. Für Straftäter und solche, die einen anderen Staat wollen, braucht es konsequente Abschiebung. Für die, die zu unserer Gesellschaft und unserem Staat beitragen wollen: Ausbildung, Arbeit, Chancen, Möglichkeiten und Integration.
Danach wünsche ich mir volle Konzentration auf das Thema Wirtschaft und Zukunftsfähigkeit Deutschland. Ein großer Baustein ist unsere Forderung, den Grundfreibetrag auf 2.000 Euro im Monat anzuheben: Arbeiten wird sich dann wieder mehr lohnen, der binnenwirtschaftliche Konsum wird gestärkt und die Geschäftserwartungen steigen.
„Jetzige Krankenhausreform nicht tragbar“
Weiterhin braucht es einen Plan, um Deutschland in die Zukunft zu führen. Ich halte das Verbrenner-Aus für einen Fehler und würde die Abschaffung unterstützen. Dennoch wird die Automobilindustrie nicht mehr der Treiber für unser Land sein, der er einmal war. Wir brauchen einen konsequenten Einstieg in Zukunftstechnologien, als Beispiel Künstliche Intelligenz und Robotik. Dazu braucht es eine grundlegende Reform in unterschiedlichsten Bereichen, um unseren bestehenden Unternehmen und angehenden Gründerinnen dafür den Weg zu ebnen. Sei es bei der Bürokratie, Abbau themenbezogener Regulierungen, Energiepolitik oder sogar weiteren Steuerentlastungen. Das Know-How hätten wir.
Weiterhin steht eine erneute Krankenhausreform an. Die jetzige ist nicht tragbar, vor allem nicht für den ländlichen Raum. Wenn wir es dann noch schaffen, unsere Verteidigungsfähigkeit zu stärken und das anstehende Chaos auf der Weltbühne zu meistern, hin zu mehr Eigenständigkeit Europas und einem Wandel zu einer multipolaren Weltordnung, wäre für unser Land viel erreicht und wir könnten uns wieder der gerechten Verteilung unseres Wohlstands widmen.
Welche Themen aus ihrem Wahlkreis wollen Sie „im fernen Berlin“ in den Fokus rücken?
Am wichtigsten für die Region ist die Krankenhausreform und allgemein das Thema Konnexitätsprinzip. Der Bund muss seine Kommunen mit den nötigen Mitteln ausstatten, um die Aufgaben zu bewältigen, die er ihnen selbst auferlegt hat. Viele Kommunen, Landkreise und auch Bezirke sind in einer sehr angespannten finanziellen Lage. Wenn wir hier nicht rechtzeitig handeln, wird dies zu einem echten Problem. Wir sehen zum Teil jetzt schon, wie verwahrlost unsere Städte und Gemeinden sind.
„Deutschland hat Problem beim Thema Meinungsfreiheit“
Bei den Krankenhäusern ist es schlimm genug, wenn mittlerweile nur noch ein Krankenhaus pro Landkreis zur Verfügung steht. Sobald aber sogar das letzte Krankenhaus auf der Kippe steht, haben wir ein nicht hinnehmbares Problem und alle Alarmglocken sollten läuten. Der Bund ist gefragt, seinen Anteil bei der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land beizutragen. Die Gesundheitsversorgung ist eines unserer höchsten Güter und muss auch so behandelt werden. Einsparungen bei den ländlichen Regionen sind nicht hinnehmbar und müssen korrigiert werden.
Inwiefern ist es überhaupt möglich, Themen des ländlichen Raums, der in Sachen Aufmerksamkeit und Bedeutung den Großstädten und Metropolregionen hinterherhinkt, auf Bundesebene zu platzieren?
Grundsätzlich würde ich sagen, dass es natürlich möglich ist. Man muss es halt zu einer Priorität machen. Es geht ja dabei nicht nur um den Bayerischen Wald oder um Deggendorf, Freyung-Grafenau oder Passau. Viele ländliche Gebiete in ganz Deutschland, sogar in Österreich, stehen vor denselben Herausforderungen, vor denen auch wir stehen.
Die Politikverdrossenheit, insbesondere was die Bundespolitik betrifft, nimmt immer mehr zu. Wie wollen Sie diesem Trend entgegenwirken?
Deutschland hat mittlerweile ein echtes Problem beim Thema Meinungsfreiheit und die meisten Politiker mit ihrer Glaubwürdigkeit. Es gibt Leute, die gewisse Dinge nicht vergessen. Ich zähle mich dazu. Da braucht man sich wirklich nicht zu wundern. Ein bisschen mehr Aufrichtigkeit, Anstand, Verantwortung – das wäre mal ein Anfang.
„Sicher, unser Land hat die besten Zeiten noch vor sich“
Es reicht den Leuten mit Unaufrichtigkeit und substanzloser Phrasendrescherei. Es braucht eine Politik, die die Herausforderungen unserer Zeit erkennt, sich die Sorgen der Bevölkerung anhört, daraus einen Plan entwickelt und dann den Weg weist. Und wenn es mal Lösungen braucht, die unpopulär sind, muss das auch klar benannt werden.
Persönlich versuche ich die Politikverdrossenheit zu bekämpfen, in dem ich nahbar bleibe. Ich verstehe das Mandat eines Abgeordneten als Dienstleister. Ein wichtiger Baustein dafür sind meine Social-Media-Kanäle. Es ist ein gutes Mittel, um mich zu erreichen, um mit den Menschen zu interagieren und trotzdem meine Botschaft zu verteilen.
Zuletzt versuche ich mit Charakter zu überzeugen. Ich denke unser Land verdient ehrliche, pflichtbewusste und demütige Politiker, die sich den Dienst am Volk auf die Fahne schreiben und das Beste für ihre Mitmenschen wollen. Ich bin mir sicher, unser Land hat die besten Zeiten noch vor sich.
Wie bewerten Sie generell das „Ampel-Aus“ und die in der Folge notwendig gewordenen vorgezogenen Wahlen?
Eine tragische Komödie mit weitreichenden Folgen. Die vorgezogenen Wahlen sind schon seit langer Zeit notwendig. Leider ist es nur gerade ein recht unpassender Zeitpunkt für Deutschland – um es milde zu sagen -, da wir uns in einer ausgewachsenen Krise befinden, die sich weiter verschärfen wird und eigentlich schnelles Handeln erfordert. Außerdem habe ich die Befürchtung, dass der politische Diskurs nicht so richtig in Fahrt kommen wird – aufgrund der Kürze des Wahlkampfs und der kalten Jahreszeit. Aber das wird sich zeigen.
Umbau hinzu einem totalitären Staat?
Die politisch (extremen) Ränder freuen sich über wachsenden Zuspruch in der Wählergunst. Wie erklären Sie sich diese Entwicklung? Ist aufgrund dieser Entwicklung ein freies, offenes und demokratisches Deutschland ihrer Meinung nach in Gefahr?
Weil sie schon ungefähr wissen, wo der Schuh drückt, aber eben die falschen Schlüsse ziehen. Ist die Migration ein Problem in unserem Land? Auf alle Fälle! Sollten wir deswegen einfach alle Migranten aus unserem Land rauswerfen? Sicherlich nicht! Drückt uns die EU hin und wieder Bürokratie auf, die keiner von uns so richtig versteht? Würde ich auch so sehen. Sollten wir deswegen aus der EU austreten? Auf gar keinen Fall.
In der AfD haben sich Kräfte durchgesetzt, die nicht ganz auf dem Boden des demokratischen Spektrums stehen. Was die AfD am Ende wirklich mit Deutschland vorhat, wissen wohl nur die Strippenzieher in der Partei. Es macht mir jedenfalls Sorge, dass selbst die Rechten Europas nicht mehr mit der AfD kooperieren wollen, weil sie ihnen zu extrem ist. In Polen wurde unter der PiS-Regierung ein Umbau hin zu einem totalitären Staat versucht.
„Aktuelle Entwicklungen zeigen erschreckende Tendenzen“
Ich kann mir vorstellen, dass unter einer reinen AfD-Regierung ähnliches passiert. Die Rechten haben großen Aufwind und es hat sich in den vergangenen Jahren vieles in den Parteilandschaften der westlichen Demokratien verändert. Auch bei Trump und Musk ist nicht ausgemacht, inwiefern sie der Demokratie in den USA schaden werden. Die aktuellen Entwicklungen zeigen allerdings erschreckende Tendenzen.
Wenn die Stimmung in der Bevölkerung stimmt, können solche Dinge schnell gehen. Fakt ist, es gibt einige wichtige Akteure in der AfD, die rechtsextremes oder nationalsozialistisches Gedankengut pflegen. Das ist mindestens sehr beunruhigend und kann am Ende richtig gefährlich werden. Beim BSW weiß nur Sarah Wagenknecht, was sie mit ihrer Partei wirklich erreichen möchte. Die Regierungsbeteiligungen in Brandenburg und Thüringen haben mich aber überrascht. Die Konzentration auf eine Person und die eingeschränkte Aufnahme von Mitgliedern halte ich allerdings für problematisch.
Welcher Person/ welcher Partei geben Sie am 23. Februar ihre Stimme? Und warum?
Natürlich mir und den Freien Wählern. Jede Stimme zählt.
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft: Welche drei Dinge wünschen Sie sich für die Bundesrepublik Deutschland?
Freiheit, Glück als auch Zufriedenheit und Harmonie.
Vielen Dank für das Interview – und alles Gute weiterhin.
Die Fragen stellte: Helmut Weigerstorfer