Niederbayern/Lindberg. Wer in Sachen Bienenzucht Rat sucht, kann sich bei der Fachberatung für Bienenzucht gut aufgehoben fühlen. Diese fungiert als Schnittstelle zwischen der landwirtschaftlichen Forschung und den Imkern bzw. Menschen, die sich für die Bienenhaltung interessieren. Dabei sollen wissenschaftliche Erkenntnisse und Praxiswissen gezielt zur Förderung der Imkerei eingesetzt und weitergegeben werden.

Der Lehrbienenstand am Standort Ludwigsthal, unterhalb des Schlosses, wurde von Mitgliedern des Bienenzuchtvereins Zwiesel angelegt und bietet viele Informationen in Sachen Bienen und Imkerei. Fotos: Fachberatung Bienenzucht
Konkret liegen die Aufgaben in der Einzelberatung, der Aus- und Fortbildung, Öffentlichkeitsarbeit, im Verfassen von Stellungnahmen für Behörden sowie in der Unterstützung von Projekten und imkerlichen Einrichtungen wie den staatlich anerkannten Belegstellen.
Gut vertraut mit vielen Punkten rund ums Thema Bienenzucht ist Stefan Fleischmann. Der 32-jährige gebürtige Dingolfinger, der selbst eine Nebenerwerbsimkerei mit aktuell 65 Bienenvölkern führt, ist seit Dezember 2023 als Fachberater am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Deggendorf-Straubing tätig. Der gelernte Tierwirt (Fachrichtung Imkerei) hat dem Onlinemagazin da Hog’n im Folgenden einige Fragen rund ums Thema Bienenzucht im Bayerischen Wald beantwortet:
„Region bietet großes Potenzial für die Imkerei“
Herr Fleischmann: Das Schloss Ludwigsthal mit dem neuen Lehrbienenstand dient ab diesem Jahr als Fortbildungszentrum für Imker in der Region Bayerischer Wald. Wie kam es dazu? Warum hat man sich für diesen Standort entschieden?
Das Umweltbildungszentrum Schloss Ludwigsthal wurde ausgewählt, weil die Fachberatung für Bienenzucht den Auftrag hat, ganz Niederbayern mit ihrem Bildungsprogramm zu bedienen. Der Bayerische Wald hatte bisher keinen eigenen Standort der Fachberatung für imkerliche Fortbildungen, obwohl die Region großes Potenzial für die Imkerei bietet. Neben den nutzbaren Räumlichkeiten des Schlosses für theoretische Einheiten können praktische Fertigkeiten an den Bienenvölkern im nahegelegenen Lehrbienenstand vermittelt werden. All diese Punkte sprechen für den Standort Ludwigsthal.

2014 startete das Zentrum für Umweltbildung im Schloss Ludwigsthal in der Gemeinde Lindberg seine umweltpädagogische Arbeit.
Was kann das Fortbildungszentrum den Imkern im Bayerischen Wald künftig bieten? Wie können sie davon profitieren?
Das Fortbildungszentrum bietet ein umfassendes Bildungsprogramm, das von Grundlagenkursen bis hin zu spezialisierten Themen reicht. Imker im Bayerischen Wald profitieren von praxisnahen Schulungen, modernen Lehrmethoden und dem Zugang zu einem Netzwerk von Fachleuten. Themen wie Bienengesundheit, Betriebsweisen und Völkerbewirtschaftung im Jahresverlauf werden gezielt behandelt, um die Imkerei in der Region weiterzuentwickeln. Künftig werden diese Themen weiter ergänzt.
Welche Kurse werden konkret angeboten?
Kursinhalte sowie Anmeldemöglichkeiten können folgendem Link entnommen werden: www.imker-zwiesel.de/kurse
„Eine sanftmütige und leistungsstarke Honigbiene“
Wie steht es derzeit generell um das Thema Bienenzucht im Bayerischen Wald?
Für die Zucht leistungsfähiger Königinnen gibt es sogenannte Bienenbelegstellen mit staatlicher Anerkennung. Neben den niederbayerischen Belegstellen „Königswald“ und „Schellenberg“ konzentriert sich die Arbeit um die Zucht der Carnica (Kärntner Biene) im Bayerischen Wald, vor allem auf die Belegstellen „Rachel-Diensthütte“ und „Bramandlberg“.

Die Zahl der Bienenvölker liegt in Bayern derzeit bei rund 270.000, wie das bayerische Landwirtschaftsministerium informiert.
Da die Paarung von Honigbienen-Königinnen im Flug stattfindet, sorgt ein Schutzradius von zehn Kilometern, welcher regelmäßig von Seiten der Belegstellenbetreiber und der Fachberatung kontrolliert wird, als Garant dafür, dass es zu keiner Einkreuzung von Drohnen kommt, welche nicht der Zuchtrichtung der Belegstelle entsprechen. Diese jahrelange Zuchtarbeit sorgt auch heute noch dafür, dass wir nicht nur im Bayerischen Wald, sondern in ganz Niederbayern eine sanftmütige und leistungsstarke Honigbiene halten können, mit der das Imkern Spaß macht.
Welche Entwicklungen sind im Bereich Bienenzucht im Laufe der vergangenen fünf/zehn/zwanzig Jahre im Bayerischen Wald feststellbar?
In den vergangenen Jahren hat sich die Imkerei im Bayerischen Wald stark modernisiert. Vom Einsatz flexibler Magazinbeuten bis hin zu digitalen Gadgets wie Stockwaagen zur Überwachung der Völker. Als fortlaufender Erfolg der vergangenen Jahre muss auch die Zuchtarbeit der zuvor genannten Belegstellen genannt werden, wovon die Imkerei in der Region maßgeblich profitiert. Da die Bienenhaltung auch von einem ständigen fachlichen Austausch lebt, der nicht nur zur Fachberatung, sondern auch unter den Imkern besteht, hat sich das Vereinsleben der örtlichen Imkervereine ebenfalls weiterentwickelt, modernisiert und digitalisiert.
Was macht einen guten Bienenzüchter überhaupt aus?
Ein guter Imker verfügt über fundiertes Wissen zur Bienenbiologie, zu Krankheiten und Zuchtmethoden und handelt mit Sorgfalt und Geduld, um den Bedürfnissen seiner Völker nachzukommen. Er setzt auf Nachhaltigkeit, fördert die Biodiversität und berücksichtigt den Einfluss seiner Imkerei auf die Umwelt. Ständige Weiterbildung und Offenheit für moderne Methoden zeichnen ihn ebenso aus wie die Bestrebung zur Zucht von sanftmütigen und leistungsstarken Bienen. Er teilt sein Wissen mit anderen, engagiert sich in Imkervereinen und trägt zur Gemeinschaft bei. Auch in schwierigen Zeiten zeigt er Verantwortung und entwickelt Lösungen, um seine Völker gesund zu erhalten. Für ihn stehen nicht nur die Honigproduktion, sondern die langfristige Gesundheit der Bienen und ihr Beitrag zur Umwelt im Mittelpunkt.
Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Zucht
Ist die Bienenzucht nur ein „Hobby für ältere Männer“, wie das Klischee besagt, oder gibt es auch junge Menschen, die sich dafür interessieren?
Nicht erst seit dem vergangenen Volksbegehren Rettet die Bienen besteht eine anhaltende Nachfrage, selbst mit der Imkerei zu beginnen. Die Mitgliederstruktur der Imkervereine hat sich deutlich verjüngt und der Anteil an Imkerinnen ist deutschlandweit auf über 24 Prozent gestiegen – Tendenz steigend. Diese Entwicklung kommt auch nicht zuletzt davon, dass die Biene mit der heutzutage geimkert wird, eine weitaus geringere Schwarmneigung besitzt und somit eine Vereinbarkeit mit Familie, Beruf und Hobby problemlos zulässt. Durch das Förderprogramm Imkern an Schulen führen zudem bereits viele Lehrkräfte mit einem Wahlfach „Biene“ die Jüngsten an die Imkerei heran.
Stichwort Klimawandel: Welche Auswirkungen hat dieser auf das Thema Bienenzucht im Bayerischen Wald?
Der Klimawandel beeinflusst die Imkerei im Bayerischen Wald durch veränderte und zugleich kürzere Blühphasen, einer höheren Wahrscheinlichkeit von Melezitose-Honig (sog. Zementhonig) und längeren Trockenperioden, die für Wasserknappheit sorgen. Mildere Winter und heiße Sommer fördern Schädlinge wie die Varroa-Milbe. Diese wiederum fördert als Vektor die Verbreitung von bienenschädlichen Viren.
Extreme Wettereignisse wie Spätfröste oder Dürre führen in Kombination mit veränderten Blühzeiten zu Nahrungsengpässen und beeinträchtigen die Honigerträge. Hohe Temperaturen verursachen zudem Hitzestress, was die Brutpflege der Völker erschwert. Einhergehend mit dem Klimawandel verändert sich auch die Vegetation. Traditionelle Bienenweiden werden seltener, während neue Pflanzen mit anderen Blühzeiten einwandern.
Welche sonstigen Faktoren beeinträchtigen die Bienenzucht auf negative Weise? Und welche begünstigen sie?

42.000 Imkerinnen und Imker sind in den bayerischen Imkerlandesverbänden organisiert. Foto: Hog’n-Archiv
Monokulturen und der Rückgang von Blühflächen verschlechtern die Nahrungssituation der Bienen, während Urbanisierung und Flächenversiegelung ihren Lebensraum zunehmend einschränken. Mit zunehmender Urbanisierung steigt auch die Lichtverschmutzung, welche den natürlichen Rhythmus der Bienen und ihre Orientierung beeinträchtigt. Beeinflusst durch das Kaufverhalten der Verbraucher sorgt der Druck durch Billig-Importe von Honig dafür, das heimische Imker ihre Produkte nicht mehr wirtschaftlich vermarkten können. Daraus resultiert der Abbau der Völkerbestände, was schlimmstenfalls zu einer Unterversorgung der Bestäubung führen könnte.
Profitieren würde die Bienenhaltung durch die Anlage von Blühflächen und Bienenweiden, von einer Entsiegelung nicht genutzter Flächen, der Reduzierung der Lichtverschmutzung und durch ein bewussteres Kaufverhalten der Verbraucher.
„Kaufen Sie regionalen Honig“
Abschließend: Wie bewerten Sie persönlich die Zukunft der Bienenzucht im Bayerischen Wald?
Trotz der Herausforderungen, die der Imkerei gegenüberstehen, gibt es auch Chancen. Die Imkerinnen und Imker in Bayern ziehen hier alle an einem Strang, um diese Probleme mit wissenschaftlicher und fachlicher Unterstützung des Instituts für Bienenkunde und Imkerei in Veitshöchheim zu lösen. Ein nicht beeinflussbarer Faktor ist das gesellschaftliche Interesse am Wohl der Bienen, welches maßgeblich dazu beiträgt, ob die Imkerei in Bayern positiv in die Zukunft blicken kann. Aus diesem Grund lautet mein Appell: Kaufen Sie regionalen Honig, unterstützen Sie die Imkerinnen und Imker vor Ort oder werden Sie selbst mit Ihren eigenen Bienen aktiv – denn Honig lässt sich importieren, die Bestäubungsleistung nicht!
Vielen Dank für die Informationen. Ihnen weiterhin alles Gute!
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer