Waldkirchen. Es ist nicht ihr erster „Rocco“ – und wird es gewiss auch nicht bleiben. Denn der VW Scirocco war und ist schon immer ihr Traumauto gewesen, wie Belinda Bauer (genannt: „Bella“) begeistert mitteilt. Ihr aktueller ist ein GT2 (Baujahr 1992) mit G60-Motorumbau – und satten 220 PS unter der Haube…

„Der Scirocco war schon immer mein Traumauto, daher wusste ich, dass auf jeden Fall früher oder später wieder einer ins Haus kommt“, sagt Belinda „Bella“ Bauer über ihren GT2 Baujahr 1992. Fotos: privat
Gefunden hat die 34-Jährige ihr Schmuckstück vor rund fünf Jahren bei ebay-Kleinanzeigen, wo es als „Bastlerauto“ deklariert war. Gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten und ein paar Freunden hat ihn die Waldkirchenerin dann in mühevoller Kleinarbeit restauriert. Das Besondere an dem Fahrzeug beschreibt die Bürokauffrau wie folgt: „Auto an – Kopf aus! Er bringt mir Seelenfrieden und ich kann für eine gewisse Zeit den Alltagsstress vergessen.“ Teil 1 unserer neuen Hog’n-Serie „Altes Blech“.
„Da blüht mir das Herz auf“
Bella: Seit wann interessierst du dich für Fahrzeuge älteren Baujahrs? Und: Gab es in deinem Fall einen konkreten Auslöser für das „Alte-Blech-Virus“?
Dem Virus bin ich im Alter von zehn, elf Jahren verfallen, als ich auf meinem ersten internationalen VW-Audi Treffen – veranstaltet vom VW Dream Team – in Prag bei Hutthurm mit dabei war. Ich war einfach sofort Feuer und Flamme für die Auto-Szene.
Was macht deiner Meinung nach die Faszination für „altes Blech“ aus? Was beinhaltet die Leidenschaft, die dahintersteckt?
Die Faszination für alte Autos kann man meiner Meinung nach nicht „erlernen“ – man hat sie oder man hat sie nicht! ich denke, dass viele diese Leidenschaft auch nicht so recht nachvollziehen können – aber für mich bedeutet es so viel mehr als nur Auto fahren.
Wie viel Zeit wendest du für dein Hobby auf? Erzähl gerne mal…
Jetzt im Winter leider nicht so viel Zeit, da sich der Scirocco im Winterschlaf befindet. Im Sommer wird gefahren, es gibt viele Treffen in der Region und auch im angrenzenden Österreich. Natürlich fallen ab und an auch mal Reparaturen an. Aber die meiste Zeit wird gefahren.
Der Austausch mit anderen erfolgt automatisch, sobald man auf einem Treffen ist. Man trifft dort alle Altersgruppen, die alle unterschiedliche Verbindungen zum alten Blech haben. Vor allem viele ältere Autofreunde kommen auf mich zu und sagen Dinge wie: „Ja, ein Scirocco, das war damals mein erstes Auto – schön, sowas wieder auf der Straße zu sehen.“ Da blüht mir das Herz auf und ich freue mich riesig, dass ich durch mein Auto bei anderen Mitstreitern schöne Erinnerungen wecken kann.
„Wir sind eine große Familie“
Kann man in deinem Fall schon von einer Art „Sucht“ für Oldtimer-Fahrzeuge sprechen?
Eindeutiges Ja! Der Benzingeruch, der Klang, die Freiheit beim Fahren – das ist besser als jede Droge der Welt. Alle Sorgen werden einfach klein, wenn ich mich in mein Auto setze. Da hat jeder so seine eigene Therapie: Die einen machen Yoga, die anderen meditieren – und ich steig in meinen Rocco!
Welchen Stellenwert hat für dich der Austausch über die Fahrzeuge in der Gemeinschaft, sprich: mit anderen Altblech-Liebhabern?

Ihren Scirocco hat Bella Bauer seit 2020 – nachdem sie zuvor bereits einige Golf 2 und „Roccos“ gefahren hat.
Das hat einen sehr großen Stellenwert, denn: Man lernt daraus! Jeder hat schon seine eigenen Erfahrungen gemacht oder das ein oder andere Problem gehabt – und kennt die Lösung. Hier hilft jeder jeden. Wir sind eine große Familie – und da spielt die Marke der Autos keine Rolle. Wir haben alle die gleiche Leidenschaft – und ich sehe so gerne das Funkeln in den Augen der anderen Autoliebhaber, wenn sie von ihrem „Schatz“ erzählen.
Wie groß ist die „Alt-Blech“-Szene im Bayerischen Wald? Und: Was macht die Szene in diesen Breitengraden so besonders?
Sie ist sehr groß, von Jung bis Alt ist alles vertreten – und die Szene wächst stetig. Ich bin selber in einem Club, bei den „Woidschraubern“. Wir treffen uns alle vierzehn Tage zum Stammtisch. Hier tauschen wir uns über alle Themen rund ums Auto aus. Letztes Jahr haben wir unsere ersten Treffen in Waldkirchen veranstaltet – und es war ein großer Erfolg! Die Planungen für unser diesjähriges Treffen laufen bereits. Gerne können sich auch Interessierte bei uns melden. Wir freuen uns immer über Zuwachs!
„Das Feeling ist einfach unbeschreiblich“
Was macht den Unterschied für dich aus zwischen einem Fahrzeug älteren Baujahrs und den Autos von heute?
In erster Linie die Geschichte, die ein altes Fahrzeug mit sich bringt. Natürlich bietet ein neues Auto mehr Comfort als ein altes, sprich: Klima-Anlage, Servolenkung etc. Aber das Feeling, in ein 33 Jahre altes Auto einzusteigen, ist einfach unbeschreiblich. Ich könnte mir noch so viele neue Autos anschauen, ich würde immer wieder zum alten Blech zurückkehren.
Welche Veränderungen hat es deiner Meinung nach in den vergangenen zehn, zwanzig Jahren gegeben in der Altblech-Szene? Was fällt dir auf?
Zuallererst: Die Szene geht etwas mehr in die „gecleante“ Richtung. Damals war der Breitbau oder die Soundanlage im Kofferraum ein Muss – heute sind die Autos eher wieder mehr im Originalzustand unterwegs. Hinzukommt: Dezentes Tuning ist wieder in, es wird wieder mehr Wert auf Authentizität gelegt.
Klar: Felgen, Fahrwerk, Abgasanlage dürfen auch heutzutage nicht fehlen, aber in meinem Rocco ist zum Beispiel der Original-Radio noch verbaut. Dieser ist aber weder an eine Soundanlage geschweige den überhaupt angeschlossen. Meine Musik ist der Motor-Sound. Außerdem war damals ja der „Markenhass“ noch etwas ausgeprägter als heute. Die Vernichtung eines Opels gehörte bei einstigen VW-Audi Treffen zum guten Ton und stellte ein Highlight dar. Heute ist dieser Markenhass nicht mehr so ausgeprägt. Wir teilen alle einfach die gleiche Leidenschaft – und da ist die Marke egal!
„Wir distanzieren uns von den Posern und Idioten“
Klimawandel und Nachhaltigkeit. Welche Rolle spielen diese Begriffe deiner Meinung nach in der Alt-Blech-Szene? Und: Wird man diesbezüglich kritisiert, wenn man alte Autos aus Überzeugung fährt?
Ich denke, es gibt genügend andere Faktoren, die den Klimawandel beeinflussen als unser Hobby! Zum Thema Nachhaltigkeit: Wir sind ja das beste Beispiel für Nachhaltigkeit, denn: Wir können unsere Autos noch reparieren – im Gegensatz zu manch anderen Fahrzeugen. Die Lebensdauer eines Akkus von einem E-Auto beträgt laut Herstellerangaben im Durchschnitt etwa acht Jahre oder 160.000 Kilometer. Wenn ich das auf meinen Scirocco umrechne, hat der mit 33 Jahren die doppelte Laufleistung – deshalb ist für mich hier alles in puncto Nachhaltigkeit gesagt. Ganz zu schweigen von der Frage, wo denn die vielen Akkus für die „grünen Autos“ herkommen…

„Wir alle haben zu Hause Familien und Menschen, die uns lieben – und jeder von uns möchte auch gerne wieder gesund nach Hause kommen.“
Also kurz gesagt: Ich denke, es gibt größere Baustellen in Sachen Klimawandel, die in Angriff genommen werden müssen. Stichwort: Wegwerf-Gesellschaft usw.
Ein verbreitetes Klischee besagt, dass die Freunde von Audi, Golf, Opel und Co. gerne mal aufs Gaspedal drücken und im Straßenverkehr eher weniger Rücksicht auf andere nehmen? Ist das nur ein Klischee? Oder steckt auch ein Funken Wahrheit dahinter?
Ja, es steckt ein Funken Wahrheit in dieser Aussage. Wenn der Verkehr es zulässt – etwa auf der Autobahn – wird freilich auch mal Gas gegeben. Das macht der „Normalbürger“ jedoch auch. Wir Altblech-Liebhaber distanzieren uns aber von den Posern und Idioten, die meinen, ein Rennen auf öffentlichen Straßen ohne Rücksicht auf unsere Mitmenschen austragen zu müssen. Wir alle haben zu Hause Familien und Menschen, die uns lieben – und jeder von uns möchte auch gerne wieder gesund nach Hause kommen.
„Es gibt genügend andere Probleme in unserer Gesellschaft“
Abschließend: Was wünschst du dir für die Zukunft hinsichtlich deines Hobbys/deiner Leidenschaft?
Ich wünsche mir mehr Verständnis für unser Hobby seitens Polizei, Behörden etc. Gesetze und Vorschriften sind wichtig, aber man muss sich nicht an Kleinigkeiten „aufhängen“. Ich denke, es gibt genügend andere Probleme in unserer Gesellschaft als eine Gruppe von Leuten, die einfach nur ihr Hobby liebt und es ausleben möchte. Klar gibt es überall „Sonderfälle“, die uns als Ganzes in ein schlechtes Licht rücken, aber: Wenn jemand mit einer Autopanne am Straßenrand steht, sind wir Autoliebhaber die ersten, die Hilfe anbieten. Und ich wünsche allen, die unsere Alt-Blech-Leidenschaft teilen, natürlich allzeit gute Fahrt!
Dem schließen wir uns gerne an! Vielen Dank, dass du dir Zeit für unsere Fragen genommen hast.
die Fragen stellte: Stephan Hörhammer