Ein Satz mit X – das mit den Vorsätzen war wohl wieder nix. Der Ansatz – fabelhaft! Die Umsetzung – mangelhaft! Dabei hatten wir uns doch – wie jedes Jahr – Großes vorgenommen: Wieder öfter in das kleine Fitnessstudio im Nachbarort gehen, damit sich der Monatsbeitrag auch lohnt, nicht mehr so viel Fast Food in uns reinstopfen – und mehr von den Büchern lesen, die seit Jahren im Regal dahinsiechen…

Abgeseilt? Gute Vorsätze für das neue Jahr 2025 haben sich gewiss wieder viele Menschen gemacht – und viele haben gewiss auch schon wieder so manchen – wenn nicht sogar alle – wieder aufgegeben… Symbolbild: pixabay/ Mohamed-Hassan
Doch jetzt, nicht mal einen Monat später, ist die Mehrheit der „Vorsätzler“ schon wieder zu alten Mustern zurückgekehrt und meist um keine Ausrede – sich selbst gegenüber – verlegen: Der Arbeitstag war heute dermaßen stressig, da darf man sich doch auch mal mit der Lieblingsserie und einer schönen Salami-Pizza belohnen… Da geht es doch nicht so genau! Und bei den winterlichen Straßenverhältnissen zum Sport fahren – viel zu gefährlich! Eine Studie der australischen „Edith Cowan University“ aus dem Jahr 2023 fand heraus, dass zwei von drei Personen ihre Ziele nicht dauerhaft verfolgen und spätestens am 31. Januar wieder zur alten Lebensform zurückgekehrt sind…
Mehr Zeit, mehr Geld, mehr Selfcare
In der Vergangenheit ging es bei den Vorsätzen meist um unsere körperliche Gesundheit. Wir wollten uns gesünder ernähren, uns mehr bewegen und mit alten Lastern wie dem Rauchen aufhören. Sieht man sich die Zielsetzungen für das Jahr 2025 an, ist dieses Gesundheitsbewusstsein zwar geblieben, es rücken allerdings zunehmend auch andere Gedanken in unseren neu-jährlichen Fokus.
Wie die aktuelle Statista-Umfrage zeigt, spielen vor allem Zeit und Geld eine immer größere Rolle. 55 Prozent der Befragten wollen im neuen Jahr mehr Geld sparen, jeder Fünfte will dabei die Ausgaben für Lebenshaltungskosten reduzieren. 43 Prozent wünschen sich mehr Zeit mit Freunden und Familie – und auch unsere mentale Gesundheit scheint wichtiger zu werden. Die Umfrage der DAK-Gesundheitskasse zeigt: Jeder zweite jüngere Mensch will weniger Zeit am Smartphone verbringen – und ganze 68 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie im neuen Jahr Stress abbauen oder ganz vermeiden wollen. Aber sind nicht auch die Vorsätze selbst eine Form von Stress? Der noch dazu selbstgemacht ist?
Vorsätze = Selbstoptimierung
Im Grunde lastet doch neben dem ganzen Alltagswahnsinn, der meist eh schon stressig genug ist, durch diese Neujahrsvorsätze ein zusätzlicher Druck auf unseren Schultern. Sie hängen jeden Tag wie ein Damoklesschwert über uns und sind nur noch weitere Punkte auf einer sowieso nicht enden wollenden To-Do-Liste. Und obwohl wir uns eigentlich damit etwas Gutes tun wollen, fühlt es sich trotzdem irgendwie wie eine lästige Pflicht an. Es stellt sich daher die Frage: Warum tun wir das? Warum überhaupt diese Vorsätze?

Zeit für den Wandel: ja, gerne! Aber: Wenn der Wandel in Stress ausartet, ist er nicht besonders aussichtsreich… Symbolfoto: alexa
Vermutlich ist es der Wunsch nach Selbstoptimierung. Der Wunsch, sozialen Normen zu entsprechen, die einem sagen, dass du dies oder jenes tun musst oder eben nicht. Aber warum? Um ein besserer Mensch zu werden? Angesehen zu sein und anerkannt zu werden? Oder bis ins hohe Alter gesund zu bleiben? Das sind vermutlich die Gründe, die uns immer wieder antreiben, es zumindest zu versuchen. Die Frage ist: Müssen wir uns ständig verbessern? Oder können wir einfach bleiben, wer und wie wir sind?
Hier gilt es wohl zu differenzieren: Für einen stark übergewichtigen Menschen, der gesundheitliche Probleme bekommen könnte, macht der Vorsatz, sich dauerhaft gesünder zu ernähren und Sport zu treiben, durchaus Sinn. Eine Frau mit einem gesunden BMI (body mass index), die einem überzogenen Frauenbild auf TikTok oder Instagram nacheifert, sollte bei den Vorsätzen nicht so streng mit sich sein und ruhig die Pizza essen, wenn sie gerade Lust darauf hat. In Maßen wird das ihrer Gesundheit nur mit geringer Wahrscheinlichkeit schaden. Dieser Ansatz gilt wohl für die meisten Vorsätze: Sie können und sollen unser Leben bereichern, aber eben nicht auf Teufel komm raus. Sonst machen wir uns selbst unnötigen Stress – was dazu führt, dass es mit der anfänglichen Motivation eben ganz schnell wieder vorbei ist…
Die 21/90-Regel
Wer versuchen möchte, langfristig neue Gewohnheiten zu entwickeln, die die persönliche Lebensqualität verbessern können, sollte nicht zu verbissen an die Sache rangehen – und nicht zu streng mit sich sein. Man sollte sich nicht sofort für den kleinsten Rückfall selbst verurteilen und das Projekt „neuer Vorsatz“ als gescheitert betrachten. Wir sollten in kleinen Schritten vorangehen und uns nicht gleich zu viel auf einmal vornehmen, denn: Gute Vorsätze brauchen eben Zeit. Warum? Weil das Gehirn eben seine Zeit braucht, um alte Gewohnheiten, die sich vermutlich über Jahre hinweg verfestigt haben, abzulegen und neue Verhaltensmuster zu etablieren.

Tick tack, tick tack: Je länger die neue Verhaltensweise praktiziert wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch integriert wird. Symbolbild: pixabay/ Nattanan-Kanchanaprat
Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang von der 21/90-Regel. Wobei „Regel“ hier einmal mehr sehr verbindlich klingt – sehen wir es lieber als einen Vorschlag. Also: 21 Tage braucht der Mensch, um ein neues Verhalten zu einer Gewohnheit zu machen. Danach wird diese Gewohnheit 90 Tage lang gefestigt – und wir fangen an, sie als selbstverständlich zu betrachten und sie in unseren Alltag zu integrieren.
Sollte an Tag 18 oder 65 mal ein Ausrutscher passieren – so what! Keine Panik! Es gilt: Motiviert bleiben und einfach weiter machen. Immer vorausgesetzt, unser neuer Vorsatz liegt uns auch wirklich am Herzen. Wenn wir es nur für andere tun, oder weil wir glauben, dass es die Gesellschaft von uns erwartet, sind Vorsätze wohl von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Dessen sollten wir uns immer und überall bewusst sein!
Jenny Seestern