Los Angeles. Mehr als zweieinhalb Wochen ist es her, dass die erste Brandmeldung die Bewohner von Los Angeles in Alarmbereitschaft versetzte (da Hog’n berichtete). Nachdem am Morgen des 7. Januars ein Feuer in den Pacific Palisades im Norden von Los Angeles ausbrach, stand für viele Bewohner der Stadt die Welt still. Auch 16 Tage später lodern die Flammen immer noch, obwohl das „Palisades Fire“ zu etwa 75 Prozent eingedämmt werden konnte. Auch das „Eaton Fire“, das zu 95 Prozent unter Kontrolle gebracht wurde, ist noch nicht komplett gelöscht. Hog’n-US-Korrespondentin Malin Schmidt-Ott, die seit 2023 in Santa Monica lebt und ebenfalls bereits evakuiert werden musste, mit einem Update aus der „Stadt der Engel“.

Große Rauchschwaden ziehen über Teile von Los Angeles hinweg und beeinträchtigen das Leben der Bewohner.
Am Morgen des 22. Januars brach ein weiteres Feuer aus, das innerhalb weniger Stunden auf eine Fläche von rund 40 Quadratkilometern anwuchs. Nachdem vermehrt Videos von Brandstiftern in den sog. Sozialen Medien veröffentlicht wurden, vermuten viele “Angelinos”, dass vor allem die großen Feuer menschengemacht sind. Bereits einige Verdächtige wurden festgenommen, noch sind jedoch keine Brandursachen bestätigt.
Mit Atemschutzmasken durch die Stadt
Die zerstörerischen Brände kosteten bislang nicht nur Tausenden von Bürgern ihre Wohnungen und Häuser, sondern auch 27 Menschen das Leben (stand 23. Januar). Vor allem der entstandene Rauch beeinträchtigt den Alltag der Stadtbewohner. Viele tragen Atemschutzmasken, Luftfilter sind nahezu allerorts ausverkauft. Die Stadtverwaltung weist ihre Bewohner an, Fenster und Türen geschlossen zu halten, Luftfilter aufzustellen und sich nicht zu lange ungeschützt im Freien aufzuhalten.
In mehreren Stadtteilen wird außerdem davon abgeraten, Leitungswasser zu konsumieren. Durch den hohen Löschwasserbedarf sank der Wasserdruck in einigen Gebieten rapide ab, wodurch Bakterien und andere Verunreinigungen ins Wasser gelangen. Die niedergebrannten Gebäude können zudem Materialien enthalten, die sich in giftige Dämpfe verwandeln und flüchtige organische Verbindungen wie beispielsweise Benzol freisetzen. Daher wurde auch eine Warnung für alle Strandabschnitte der Stadt veröffentlicht.
Viele der betroffenen Häuser stammen aus den 70er Jahren – also aus einer Zeit, in der viel mit Asbest und anderen potenziell schädlichen Stoffen gebaut wurde. Durch die Brände geraten diese in die Atemluft und werden durch die Winde über den Stadtgebiet verteilt. Viele Menschen bemerken sogar meilenweit von den Feuern entfernt gewisse Symptome wie Atemnot, Husten, ein enges Gefühl in der Brust, starke Kopfschmerzen, Schwindel und in einigen Fällen sogar Bewusstlosigkeit. Es wird zudem vor Langzeitschäden wie Herzerkrankungen, Organschäden und auch Lungenkrebs gewarnt.
14-Jährige startet Spendenaufrufe – und bewegt Großes
Trotz der widrigen Umstände haben viele Freiwillige bereits zwei Tage nach Ausbruch der ersten Feuer damit begonnen, Sachspenden (vor allem Kleidung, Spielzeug etc.) zu sammeln und zu sortieren, Essen zu kochen und zu verteilen oder anderweitig zu helfen. Ein besonderes Projekt wurde von einer 14-jährigen Schülerin ins Leben gerufen: Avery Colvert startete einen Aufruf für betroffene Freundinnen und Mitschülerinnen aus Altadena, einem Wohngebiet, das stark vom „Eaton Fire“ betroffen ist.
Schnell erlangte das Projekt große Aufmerksamkeit, tausende Menschen boten ihre Unterstützung an, hunderte meldeten sich freiwillig, um Spenden zu sortieren und auszuhändigen. Auf der Instagram-Seite der Altadena Girls betont die junge Initiatorin, wie wichtig es gerade für junge Mädchen sei, genug Kleidung und Hygieneprodukte zu haben, nachdem sie alles andere verloren haben. Die Annahmestelle konnte so bereits vielen Menschen helfen, wieder einen Funken Normalität zu erlangen.
Steigende Mietpreise und hohe Krankenhausrechnungen
Doch auch finanzielle Hilfe wird benötigt. Viele Menschen können sich die Behandlungen für Rauchvergiftungen nicht leisten und sind auf Spenden angewiesen, um ihre Krankenhaus-Rechnungen begleichen zu können. Die Evakuierungszentren sind – wenn überhaupt – nur eine Übergangslösung. Tausende brauchen eine vorübergehende Unterkunft, bis sie sich auf Wohnungssuche begeben können.
Für viele Betroffene ist nicht klar, ob sie wieder zu ihren Grundstücken zurückkehren können bzw. sich dem Wiederaufbau widmen wollen. Da viele Menschen vor kurzem ihre Feuerversicherung verloren haben, fehlen ihnen schlichtweg die finanziellen Mittel dazu. Außerdem betrachten sie die betroffenen Gebiete nun als überaus gefährdet.
Der größere Bedarf nach Wohnungen spiegelt sich bereits in den Mietpreisen wider: Obwohl Vermieter nach den Feuern gesetzlich keine Mieterhöhungen von mehr als zehn Prozent vornehmen dürfen, sind häufig weitaus größere Preissprünge zu beobachten. Vor allem die Preise leerstehender Wohnungen werden Schritt für Schritt erhöht – in Extremfällen sogar um mehr als 200 Prozent. Gesetzlich dagegen vorzugehen ist zeitaufwendig und etwas, wofür viele Wohnungssuchende derzeit keinen Kopf haben.
Damit L.A. wieder auferstehen kann
Das neue Jahr ist äußerst turbulent gestartet für Los Angeles. Trotz der zahlreichen Großbrände, Evakuierungen, Luft- und Wasserwarnungen müssen viele ihren Alltag weiter bewältigen. Und dennoch kommen sie zusammen und unterstützen sich. Krisenzeiten wie diese schweißen zusammen, damit L.A. wieder auferstehen kann – darin sind sich die Bewohner der „Stadt der Engel“ sicher…
Malin Schmidt-Ott