Böhmerwald. Als der Dokumentarfilm über das Leben und Werk von Karel Klostermann, den deutsch-böhmischen Schriftsteller und Dichter, der seine Erzählungen und Romane sowohl in deutscher als auch tschechischer Sprache verfasste, vor wenigen Wochen in Freyung und Zwiesel Premiere feierte, war die Begeisterung beim Publikum groß. Regisseur Günther Rauch und sein Kameramann Sepp Sinzinger haben mit der Filmproduktion „Aus der Welt der Waldeinsamkeiten“ offenbar einen Nerv getroffen.
Viel Lob hat der deutschsprachige Beitrag über den Mann, der 1848 im österreichischen Haag am Hausruck geboren wurde, geerntet. Und auch Günther Rauch, der seit fast 25 Jahren eigenständig Filme dreht, ist selbst sehr angetan vom Ergebnis. Insbesondere von den regionalen Darstellern, die für die immer wieder eingeflochtenen Romanszenen gewonnen werden konnten: „Sie haben überragend gespielt – man merkt keinen Unterschied zu professionellen Schauspielern.“
„Ein Riesenspaß, dass wir den Film machen durften“
Der 78-Jährige, der in seinem einstigen Beruf als Marketingexperte für einen britischen Sportartikelhersteller in der ganzen Welt unterwegs war, ist vor ein paar Jahren auf den Namen Klostermann gestoßen. Als Mitglied im Karl-Klostermann-Verein, in dem er dessen Mitbegründer Willi Steger („Glas-Papst„) und dessen Vorsitzenden Ossi Heindl kennenlernte, hat er sich eingehend mit der Vita des Böhmerwald-Dichters beschäftigt. „In diesem Kreis ist die Idee zum Klostermann-Film entstanden“, berichtet Rauch. „Viele junge Leute haben ja heute überhaupt keine Ahnung mehr davon, wer er gewesen ist.“
Mit großem Interesse begann der Filmemacher die Klostermann-Bücher zu lesen, um nachvollziehen zu können, wie die Menschen gegen Ende des 19. Jahrhunderts im Böhmerwald und im Bayerischen Wald gelebt haben. Die Dreharbeiten begannen dann im Herbst vergangenen Jahres. „Wir haben versucht, den Film möglichst einfach zu gestalten, damit er leicht verständlich, nicht trocken und nicht langweilig ist“, schildert der in Aldersbach beheimatete Regisseur. „Es war ein Riesenspaß, dass wir den Film machen durften“, freut er sich gemeinsam mit seinem Kameramann Sepp Sinzinger, mit dem er bereits mehr als 300 Filme gemacht hat, über den 64-minütigen Streifen.
Der Trailer zum Klostermann-Film „Aus der Welt der Waldeinsamkeiten“:
Wie die meisten Rauch’schen Produktionen wurde auch diese mit eher geringem Budget realisiert. Als Auftraggeber für den Film, der nun schon einige Male in verschiedenen Lichtspielhäusern im Bayerischen Wald zu sehen war und künftig auch an Schulen gezeigt werden soll, um den Heranwachsenden das Werk und Leben des Dichters näher zu bringen, steht der Karl-Klostermann-Verein im Abspann. Gefördert wurde er durch den Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds, der zentralen Förderinstitution im Bereich des deutsch-tschechischen Austauschs.
Günther Rauch und seine Gefährten
Der Film soll nun auch ins Tschechische übersetzt und genauso im Nachbarland präsentiert werden. Die Uraufführung im kommenden Jahr findet im großen Kulturhaus in Pilsen statt – in der Stadt, in der Klostermann viele Jahre lang gelebt und als Lehrer sowie Stadtrat gewirkt hat. Weitere Aufführungen sind beispielsweise in Štěkeň bei Strakonice, wo er gestorben ist, sowie in Kašperské Hory (Bergreichenstein) geplant.
Auf die Frage hin, ob „Aus der Welt der Waldeinsamkeiten“ zur Besserung des deutsch-tschechischen Verhältnisses beiträgt, muss Günther Rauch nicht lange überlegen: „Unbedingt“ lautet die klare Antwort. „Ich bin nun seit einigen Jahren in Böhmen unterwegs mit der Filmerei, wir werden überall sehr freundlich aufgenommen.“ Um die Sprachbarriere zu überwinden, ist häufig der in Freyung lebende Böhmerwald-Kenner Heinrich Vierlinger, der des Tschechischen mächtig ist, vor Ort beratend mit dabei.
Als nicht minder wichtiger Begleiter Rauchs fungierte Ossi Heindl, der als Co-Produzent von Anfang bis Ende des Films mitwirkte, ihn als „Stimme aus dem Off“ moderierte und selbst bei verschiedenen Szenen-Übergängen in Erscheinung trat. Als ausgewiesener Klostermann-Experte und inzwischen langjähriger Vereinsvorsitzender des Klostermann-Vereins durfte er am Set freilich nicht fehlen. Der Frauenauer war bereits in den 70er und 80er Jahren des Öfteren – damals noch mit Visum – im Böhmerwald zu Besuch.
„Der Film trägt zu beidem gut bei“
Als Deutschlehrer am Gymnasium Zwiesel kam er erstmals über einen Kollegen, einem entfernten Verwandten Karel Klostermanns, zu dessen Schriften – und war vom ersten Moment an fasziniert. Schnell entstand bei Heindl die Idee, das Schaffen des böhmischen Künstlers dem deutschen Publikum näher zu bringen – mit dem Ergebnis, dass er einen seiner bekanntesten Romane, eben jenen mit dem Titel „Aus der Welt der Waldeinsamkeiten„, in deutscher Sprache herausgegeben hat. „Das war der Grundstein für die Klostermann-Begeisterung“, erinnert sich der heute 74-Jährige.
„Der Film gefällt mir sehr gut, ich habe ihn schon häufiger gesehen“, berichtet Ossi Heindl weiter und fügt hinzu: „Ich entdecke immer wieder neue Details, die mir zuvor nicht aufgefallen sind.“ Großen Anklang finden bei ihm die Landschaftsaufnahmen sowie die spielfilmartigen Szenen – „da geht ein großes Lob an Günther Rauch und Sepp Sinzinger, wenn man bedenkt, unter welch minimalistischen Voraussetzungen die beiden hier ans Werk gegangen sind“.
Auch Ossi Heindl ist davon überzeugt, dass die Dokumentation zur weiteren Stärkung des deutsch-tschechischen Verhältnisses ihren Teil beisteuern kann – und verweist dabei auf die beiden großen Ziele des Klostermann-Vereins: „Zum einen, den Namen des Böhmerwald-Dichters auch im deutschsprachigen Raum bekannter zu machen; zum anderen, die Freundschaft und die Begegnungen zwischen Deutschen und Tschechen zu fördern. Der Film trägt zu beidem gut bei.“
Stephan Hörhammer
Übrigens: Wer sich für die Filme von Günther Rauch und Sepp Sinzinger interessiert, kann auf der Website dokart-film.de stöbern. Der zweite Teil des Naturfilms „Mythos Böhmerwald“ feiert am Samstag, 14. Dezember 2024, in der Freyunger „Freybühne“ Premiere.