Prackenbach. Der rote Käfer mit altem Viechtacher Nummernschild steht vor dem Tor, der Kamin raucht: Werkstatt besetzt. Drinnen ist es wohlig warm, das Feuer im kleinen Ofen knistert. Den Großteil des Raumes nimmt eine hellgrüne Autokarosserie ein: T2 Westfalia Camper, das aktuelle Projekt. Vorne bei der Werkbank, umgeben von allerhand Schraubenschlüsseln, -drehern und Dosen sitzt Christian Axmann, Oldtimerszene-Spitzname „Gaso“, vor der Wärmequelle und spekuliert, was er als nächstes in Angriff nimmt. Der 57-jährige Prackenbacher hat seine Freizeit luftgekühlter Motorentechnik von Volkswagen verschrieben – und erzählt von der Entdeckung seiner Leidenschaft, seiner Sammlung, von Käfertreffen und Urlaubsreisen.
Mit dunkler Latzhose und der typischen Kappe auf dem Kopf, die oberhalb der Ohren endet, grinst er verschmitzt unter seinem Dreitagebart hervor. „Aufgeräumt hab ich fei ned extra, soll ja authentisch sein“, sagt er und stimmt trotzdem zu, ein Foto von der viel genutzten und deshalb etwas unordentlichen Werkbank zu machen. An der Wand hängen Poster, Bilder, Schilder, Aufkleber von Modellen, Fabrikaten und Werbeanzeigen – alles „retro“, wie man neu-modern sagen würde. Seine Werkstatt ist sein zweites Zuhause, sein Hobby ist sein Leben.
Der „Gaso“ und seine „Glysantin-Allergie“
Seit ungefähr 20 Jahren hat er in der Werkstatt in Prackenbach, unterhalb der B 85-Brücke gelegen, Nutzungsrecht und verbringt nahezu jede freie Stunde an diesem Ort – außer er ist auf Käfertreffen unterwegs oder mal beim „Muse-Spiel’n“ mit seiner Quetschn. Einige seiner momentan acht luftgekühlten Fahrzeuge – von Käfern über Busse bis hin zum nostalgischen Karmann Ghia – hat er hier restauriert. Gerade arbeitet er am Motor des grünen VW T2 Westfalia Camper, eingeflogen aus Kalifornien. Sein jüngster Schatz in der Privat-Sammlung. Mit Baujahr 1958 ist einer seiner Käfer das älteste Stück. Auch der rote „Vocho“, wie sie in Mexiko genannt werden, vor dem Tor, Baujahr 1973, hat eine Besonderheit: Das Viechtacher Nummernschild ist noch ein „altes“ und stammt original aus der Zeit der 70er Jahre, erzählt Christian Axmann. Jeder seiner Oldtimer wird regelmäßig bewegt – ein „modernes“ Auto braucht er nicht.
„Jetzt dann kommt der Winterkäfer wieder mal dran“, sagt er und fügt sogleich hinzu: „Bei so vielen Fahrzeugen hast immer irgend eine Arbeit.“ Der „Winterkäfer“ ist blau, tiefergelegt und hat wuchtige Räder. Der Motorblock hinten liegt frei. Damit kennt man den „Axe“, wie er im Dorf genannt wird, schon von weitem. Und schon lange. Ein „echtes Hagengruber Kanapeekind“, blickt er lachend auf seine Abstammung zurück. Die Schule besuchte er in Moosbach, Krailing, dann Viechtach – „wie das eben damals so war.“ Nach dem Quali folgte eine Lehre bei der Bahn als Betriebsschlosser, an der Mechanik hatte er zu jener Zeit noch kein Interesse.
Mit 17 kam der erste Käfer in seinen Besitz – „zwecks Geldmangel“. Und auch, weil es ein Auto sein sollte, das nicht jeder hat. Aber billig musste es sein. Ein Kumpel hatte ihn auf den Käfer aufmerksam gemacht. „Porsche zu teuer, Fiat zu klein – dann eben VW.“ Damit begann die luftgekühlte Reise und der „Gaso“ entwickelte eine Art „Glysantin-Allergie“, wie er schmunzelnd zurückblickt – sprich: Er hat seit jeher keine wassergekühlten Autos gesammelt. „Ich hab’s Schrauben eigentlich ned g’lernt, hab mir alles selber beigebracht und mit Hilfe von Freunden.“ Nach zwei Jahren war der erste Käfer „zamg’rostet“, dessen Nachfolger (1988) ist noch heute das Lieblingsauto: Der „Minti“ – weil nun mintgrün – war damals noch rot. Die Jahre ’91 bis ’93 investierte er in die Restauration, 100 PS. Weiter ging’s mit einem Karmann Ghia Cabrio – „da war ich schon süchtig“.
„Jetzt hat er’s auch kapiert“
„Fast alles“ bedeuten ihm seine Autos, sagt der einst langjährige Junggeselle und lacht. Auch ein paar Frauen seien deswegen gegangen, wie er berichtet- Das Grinsen erreicht trotzdem seine freundlichen und frechen Augen und er ergänzt: „Aber schreib des lieber ned!“ Vor 16 Jahren wechselte er beruflich die Branche: Nach Tätigkeiten in der Edelstahlverarbeitung und im Werkzeugbau übernahm er Mechanikerarbeiten in einem örtlichen Landtechnik-Betrieb.
Zwei bis drei Jahre rechne er für ein Projekt – „aber ohne Stress.“ Eines, auf das er besonders stolz ist: der hellblaue Karmann Ghia seines Bruders, den beide gemeinsam vor einigen Jahren detailgetreu liebevoll restaurierten. Ein „wahres Schmuckstück“ sei er geworden. Und dabei habe der Bruder ihn 25 Jahre lang ausgelacht wegen „dem oidn Klump“. Doch: „Jetzt hat er’s auch kapiert“, sagt Christian Axmann augenzwinkernd. Die Leidenschaft teilen mittlerweile mehrere seiner Verwandten, so dass heuer zum dritten Mal eine Familienausfahrt organisiert wurde: zwei Käfer, zwei Karmann Ghia und zwei Audi Coupé waren gemeinsam unterwegs. Nicht nur in der Familie, auch in Prackenbach stehen scheinbar überdurchschnittlich viele Oldtimer in den Garagen – einigen Quellen zufolge ist die Leidenschaft vom Axe „einfach ansteckend“.
Der überlegt. „Wann war nochmal das erste Käfertreffen?“ 1989, beschließt er nach ein paar Minuten. Damals fing er beim „Europa-Treffen“ in München Feuer. Zu Spitzenzeiten waren es elf Veranstaltungen pro Jahr – also fast jedes Wochenende im Sommer. Auf einem solchen Treffen entstand auch sein Spitzname „Gaso“, weil sein zuverlässigster Begleiter, eine Gaslampe namens „Gaso-Max“, stets und überall dabei gewesen ist. Der Name blieb ihm bis heute erhalten. Mittlerweile seien es jedoch viel weniger Treffen – „das liebe Alter…“
Doch nicht nur auf Käfer-Events war er mit seinen Schmuckstücken unterwegs: von Oldtimer-Rallyes bis Urlaubsfahrten nach Kroatien, Belgien, die Nordsee, Südfrankreich, Rumänien, Bulgarien, Korsika, Griechenland, Lettland und vieles mehr. „Ich hab‘ schon brutal viel erlebt auf den Reisen“, resümiert er zufrieden. Oft natürlich mit seinem ausgebauten hellgrünen T2 Camper – etwas „Luxus“ darf schon sein.
„Nix mehr wird’s“
Seit 1992 ist Christian Axmann aktives Mitglied des Vereins „Käferfreunde Bayerwald“, der jährlich ein großes Treffen in Wörth an der Donau bei Regensburg ausrichtet. Den Nachwuchs mit Rat und Tat zu unterstützen, das ist ihm sehr wichtig. Denn auch bei der jüngeren Generation kommen die Retro-Fahrzeuge gut an. Des Öfteren leiht er sogar das ein oder andere Exemplar als Hochzeitsauto aus.
Dennoch ist seine Sammlung nun komplett, meint „Gaso“ zumindest – und grinst dabei. „Nix mehr wird’s, weil ich nix mehr kauf!“ Kein Platz mehr – und jünger werde er eben auch nicht mehr. Bleibt abzuwarten, ob es ihm so ganz ohne neues Projekt nicht doch zu langweilig wird…
Lisa Brem