Schönberg. Die Thomas-Krenn.AG hat den Anfang gemacht, nun folgt Sesotec. Das Onlinemagazin da Hog’n lässt im Rahmen der Serie „Woid-Wirtschaft„ im Bayerischen Wald ansässige Firmen zu Wort kommen, in diesem Falle in Person von CEO Joachim Schulz. Es geht dabei um die zentrale Frage: Sind auch die regionalen Unternehmen von der derzeitigen Konjunkturschwäche betroffen? Teil zwei dreht sich um das weltweit über 600 Mitarbeiter zählende Unternehmen aus der Marktgemeinde Schönberg.
Herr Schulz: Bitte beschreiben Sie zunächst ihren Betrieb.
Sesotec-Kunden aus der Lebensmittel-, Kunststoff- und Recyclingindustrie stehen vor der Herausforderung, Nachhaltigkeit und Profitabilität vereinen zu müssen. Mit intelligenten Technologien und Services zur Fremdkörperdetektion, Materialsortierung und –analyse tragen wir dazu bei, ressourcenschonend und hocheffizient zu produzieren. Seit 1976 entwickelt und baut Sesotec in enger Kooperation mit Kunden in aller Welt Hightech-Systeme für unterschiedlichste Anforderungen, damit Produkte in höchster Qualität mit maximaler Wertschöpfung hergestellt und Verschwendung von Ressourcen vermieden werden können. So lohnt sich nachhaltige und hochwertige Produktion für Mensch, Umwelt und Industrie.
Sesotec ist neben seinem Hauptsitz in Deutschland mit insgesamt 13 Auslandsgesellschaften sowie mit über 60 Partnern in allen wichtigen Märkten der Welt vertreten. Weitere Eckdaten des Unternehmens:
- Umsatz 2023: 93 Millionen Euro
- Mitarbeiterzahl weltweit: 640
- Mitarbeiterzahl in Schönberg: 422
- Anzahl Auszubildende: 37
„Produktionskapazitäten verdoppeln“
Wie hat sich ihr Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren entwickelt?
Sesotec konnte in den vergangenen Jahren permanent positives Wachstum generieren und bleibt weiterhin gut gerüstet für eine profitable Weiterentwicklung. Dies zeigt sich nicht nur in der Umsatz- und Ergebnisentwicklung, sondern auch am weiteren Ausbau unserer Belegschaft und den Erweiterungsinvestitionen in den neuen Fertigungsstandort in Schönberg. Dadurch verdoppeln wir die Produktionskapazitäten und sind gut gerüstet für die Zukunft.
Diese positive Entwicklung konnte durch unter anderem diese Maßnahmen bewirkt werden:
- Internationalisierung mit Erschließung neuer Wachstumsmärkte
- weiterer Ausbau der bestehenden Strukturen mit Kompetenzzentrum, Showrooms, Technikum zur Demonstration der Leistungsfähigkeit der Produktpalette
- neue Marktsegmente/Anwendungen: mit bestehenden Technologien wird zusätzlicher Kundennutzen in neuen Marktsegmenten geschaffen
- Erhöhung der Innovationsrate mit vielen weiterentwickelten Produkten und zusätzlichem Kundennutzen
- Ganz besonders haben wir seit mehreren Jahren in die Entwicklung von künstlicher Intelligenz-Lösungen investiert und bieten viele neue Software-Produkte für unsere Kunden
- Für die Ausbildung unserer vielen engagierten Mitarbeiter haben wir eine eigene Sesotec Academy gegründet und führen viele Fortbildungsmaßnahmen durch, u.a. auch für viele unserer weltweiten Partner und Kunden.
„Unsere Geschäftsfelder sind an sich weniger volatil“
Die deutsche Wirtschaft befindet sich – nach wie vor – in einer konjunkturellen Schwächephase. Es herrscht Stagnation. Können Sie diese Tendenz aus Sicht ihres Unternehmens bestätigen? Und: Was ist nötig für den ersehnten Umschwung?
Sesotec steht in einem globalen Wettbewerb, daher betrachten wir die Situation sowohl regionsbezogen als auch gesamtunternehmerisch. Darüber hinaus erstreckt sich unser Geschäftsfeld über verschiedene Industrien – Lebensmittelherstellung, Kunststofferzeugung und Verarbeitung sowie Recycling -, die ihrer Natur zufolge an sich weniger volatil sind. Natürlich sehen wir in Bezug auf den deutschen Markt, dass wir in keiner Boom-Phase sind und sich bestimmte Industrien wie z.B. die Automobilindustrie gerade in einer schwierigen Transformationsphase befinden – und somit wenig investiert.
„Wir suchen weitere Verstärkungen“
Allerdings ist es Teil unserer Strategie, ein kontinuierlich profitables Wachstum über unsere Business Units zu erreichen. Und wir haben schon vor dieser Krise damit begonnen, uns auf viele Standbeine zu stellen und nicht abhängig zu werden von einer, wenn auch wichtigen Industrie. Und genau deshalb haben wir im vergangenen und diesem Jahr wieder ein starkes Wachstum gegen den allgemeinen Trend erreichen können. Hierfür sind wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihren engagierten Einsatz sehr dankbar, denn leicht sind solche Zeiten auch für erfolgreiche Unternehmen nicht.
Die notwendigen politischen Maßnahmen zur Entlastung der Unternehmen durch Entbürokratisierung, einer verantwortungsvollen Energiepolitik und vielen sonstigen Maßnahmen sind schon vielmalig diskutiert worden und müssen nicht nochmals wiederholt werden.
Wie hat sich diese „wirtschaftliche Delle“ auf Ihren Betrieb konkret ausgewirkt?
Ein erfolgreiches wachstumsstarkes Unternehmen, das Marktanteile in Krisen gewinnt, trennt sich niemals von engagierten und hoch kompetenten Mitarbeitern. Ganz im Gegenteil, wir suchen weitere Verstärkung für unsere Zukunftsperspektiven.
„Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden hoch halten“
Stichwort: Personal. Der Fachkräftemangel sowie die generell schwierige Suche nach neuen Mitarbeitern ist (und bleibt wohl) ein Dauerthema. Welche Strategie(n) hat Ihr Unternehmen entwickelt, um auch künftig genügend Personal zu generieren?
Mit knapp 500 Beschäftigten an unserem Stammsitz in Schönberg ist Sesotec einer der größten Arbeitgeber im Landkreis Freyung-Grafenau. Wir bieten unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sichere Arbeitsplätze. Der Kern unserer Strategie ist, die Zufriedenheit unserer hervorragenden Mitarbeitenden im Unternehmen so hoch zu halten, dass sie sich langfristig für Sesotec entscheiden – bis hin zum Renteneintritt.
Die niedrige Fluktuationsrate und die hohe durchschnittliche Betriebszugehörigkeit zeigen, dass wir hier bereits auf einem guten Weg sind. Neben der Mitarbeiterbindung setzen wir auch auf die gezielte Rekrutierung neuer Kolleginnen und Kollegen, denen wir durch unsere vielfältigen und wertschöpfenden Benefits attraktive Perspektiven bieten. Dabei sind unsere zufriedenen Mitarbeitenden der beste Beweis und Multiplikator.
„Hohe Übernahmechancen“ und Weiterbildungen
Zum gesunden Wachstum gehört ebenfalls die kontinuierliche Optimierung unserer Organisation: Lean-Management-Ansätze sind im gesamten Unternehmen fest verankert. Das bedeutet nicht, Arbeitsplätze zu reduzieren, sondern vielmehr das Know-how und Potenzial unserer Mitarbeitenden gezielt einzusetzen und ineffiziente Arbeitsschritte zu vermeiden. Diese Wertschätzung und der Fokus auf sinnvolle Tätigkeiten stärken die Motivation und den Teamgeist.
Um diese Themen direkt aus der Belegschaft heraus weiter voranzutreiben, haben wir die Initiative „HR on a New Level“ ins Leben gerufen. Hier können unsere Mitarbeitenden aktiv an der Weiterentwicklung des Unternehmens in allen HR-Belangen mitwirken.
Wie kann man generell dem Fachkräftemangel auf Dauer entgegenwirken? Mit gezielter Anwerbung ausländischer Fachkräfte?
Wir bilden aus! Unseren Auszubildenden in zwölf Lehrberufen bieten wir hohe Übernahmechancen und unterstützen individuelle Pläne zur beruflichen Weiterentwicklung. Um international Talente zu rekrutieren und zu integrieren, nutzt Sesotec zudem die Netzwerke und Ressourcen seiner internationalen Tochtergesellschaften, um lokale Teams gezielt regional zu erweitern, wie etwa in Indien oder Thailand.
Ein neuer Mitarbeiter aus Indien
So unterstützen wir beispielsweise auch Mitarbeiter aus diesen Ländern beim Zuwanderprozess und haben vor kurzem wieder einen Mitarbeiter aus Indien hier begrüßen dürfen. Die enge Zusammenarbeit mit vielen Universitäten sichert uns viele wertvolle Kontakte und viele potentielle Mitarbeiter in der Zukunft.
Zuletzt ebenfalls eine Herausforderung: Lieferengpässe/Materialmangel. Wie sehr belastet dieses Problem Ihren betrieblichen Alltag?
Lieferengpässe und Materialmangel stellen für uns glücklicherweise kein signifikantes Problem dar. Zwar kann es gelegentlich zu ungeplanten Verschiebungen bei einzelnen Lieferanten kommen, aber durch unsere langfristigen und zuverlässigen Partnerschaften – vielfach mit regionalen Lieferanten – sowie unsere hohe Fertigungstiefe können wir flexibel und schnell reagieren. Diese Strategie ermöglicht uns, mögliche Schwankungen effektiv abzufedern und unseren Betrieb reibungslos aufrechtzuerhalten. Selbst in den Corona-Jahren gab es keine signifikanten Verschiebungen und Probleme – auch so was soll es geben.
„Vorteil, im ländlichen Raum unternehmerisch tätig zu sein“
Was denken Sie: Ist es ein Vor- oder ein Nachteil, im ländlichen Raum unternehmerisch tätig zu sein?
Sesotec sieht es als Vorteil, im ländlichen Raum unternehmerisch tätig zu sein. Seit fast 50 Jahren meistert das Unternehmen die vielfältigen Herausforderungen erfolgreich, dank der Unterstützung verschiedener regionaler Partner. Besonders die Gemeinde Schönberg leistet einen entscheidenden Beitrag zur Erfolgsgeschichte.
Mit dem Neubau einer Produktions- und Logistikhalle in Schönberg realisiert Sesotec mit einem zweistelligen Millionenbetrag das nachhaltigste industrielle Bauvorhaben in der Region und ermöglicht dadurch das künftige Wachstum des Unternehmens. Der Neubau ist Ausdruck des Bekenntnisses des Unternehmens zum Heimatstandort.
Wie zufrieden sind Sie mit der Infrastruktur in unmittelbarer Umgebung Ihres Unternehmens (Straße, Schiene, Internet etc.)? Was müsste aus Ihrer Sicht verbessert werden?
Schönberg bietet eine solide Infrastruktur in den Bereichen Straßenverkehr, Internet, Mobilfunknetz und öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV).
„Unser Standort in Schönberg wird weiter wachsen“
Straßenverkehr: Die Gemeinde wird von der Bundesstraße 85 und der Bundesstraße 533 durchquert, was eine gute Anbindung an das regionale und überregionale Straßennetz gewährleistet. Diese Verkehrswege ermöglichen effiziente Transport- und Logistikprozesse.
Internet und Mobilfunknetzabdeckung: Breitbandversorgung und Mobilfunknetz in Schönberg wurden in den vergangenen Jahren stetig verbessert. Geschwindigkeiten und Abdeckung sind zufriedenstellend.
Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV): Schönberg ist in den ÖPNV eingebunden und wird von Bussen der Regionalbus Ostbayern GmbH (RBO) bedient. Verbesserungspotenzial besteht bei der Anbindung des Industriegebiets Saunstein.
Abschließend: Wie blicken Sie in die Zukunft? Wo steht Ihr Unternehmen (optimalerweise) in fünf, zehn, zwanzig Jahren?
Wir blicken sehr zuversichtlich in die Zukunft und werden unseren Wachstumskurs kontinuierlich fortsetzen. Unser Ziel ist es, unsere internationale Marktposition weiter auszubauen und weltweit als führend in Technologie, Kompetenz, Innovation und Qualität wahrgenommen zu werden. Zielgruppen rund um den Globus werden Sesotec als den bevorzugten Ansprechpartner Nummer 1 schätzen. Unser Standort in Schönberg wird weiter wachsen und durch zusätzliche internationale Standorte ergänzt werden. Unsere Mitarbeitenden werden auch in fünf, zehn und zwanzig Jahren überzeugt und stolz auf ihre Arbeit bei Sesotec sein und sich als wertvollen Teil unserer gemeinsamen Erfolgsgeschichte fühlen.
Und dabei wollen wir nicht unsere Verantwortung für die Menschen in der Region vergessen und werden auch in Zukunft viele Vorhaben, Einrichtungen und Projekte unterstützen. Versprochen!
Vielen Dank für das Gespräch – und alles Gute für die Zukunft.
Interview: Helmut Weigerstorfer