Passau. Nach zehn Jahren wurde vor Kurzem einer von nur noch wenigen Clubs in Passau geschlossen. Nicht nur ein Schock für die treuen Besucherinnen und Besucher der dort abgehaltenen Veranstaltungen, sondern – insbesondere nach dem Wegfall der Kult-Disco „Camera„- ein weiterer herber Verlust für die Nightlife-Szene in der Region zwischen Donau, Ilz und Inn. Ode und Last-Goodbye einer Cute-Gängerin an „ihren“ Club.
Kalt ist diese Samstagnacht. Kalt und neblig, so wie viele Herbstnächte in Passau. Die Stadt füllt sich langsam, junge Menschen, Studierende, Nachtschwärmer ziehen fröhlich lachend und warm eingepackt durch die Straßen, auf ihrem Weg in Bars und Clubs. Alles scheint normal, alles scheint wie jede andere Samstagnacht. Und doch ist es für viele eine besondere, eine emotionale, eine traurige – es ist die letzte für den „Cute Room„, einem von nur wenigen Clubs in der Dreiflüssestadt, die die Menschen regelmäßig zu elektronischer Musik tanzen lassen. Oder besser gesagt: ließen.
„Und dann: Adios Amigo“
Seit einer knappen Dekade war dieser Ort Heimat für ausgelassene Techno-Fans und Tanzfreudige geworden. Nun verschwand jener Schauplatz, der sich für viele über die Jahre hinweg zum zweiten Zuhause entwickelte, beinahe ohne Vorankündigung. Jene Samstagnacht am 26. Oktober 2024 war die letzte einer intensiven, langjährigen Zeit.
Matthias „Matze“ Wittke, Veranstalter der Cute-Room-Abende, musste vor einigen Wochen die Schließung des Clubs bekanntgeben. Ihn erreichte die Hiobsbotschaft beinahe genauso überraschend wie für alle anderen, die via Social Media darüber informiert wurden. „Das kam jetzt alles ein bisschen arg schnell, wir haben nämlich erst am 11. Oktober erfahren, dass am 26. Schluss ist. Das war überhaupt nicht geplant. Man kam auf mich zu und meinte: ‚Wir müssen aufhören, du hast noch drei Wochenenden – und dann: Adios Amigo.'“
Techno bis zum Abwinken – dafür stand der Passauer Club „Cute Room“:
Zu den Gründen der Schließung könne er nichts sagen – nur so viel, dass ihm die Hände gebunden sind. Und: „Es wird dort auch in Zukunft nie wieder eine Diskothek geben, das ist sicher.“ Der Cute Room war nicht nur ein Wohlfühlort für viele vorwiegend junge Menschen, die sich am Wochenende gerne zu schnellem, hartem Techno bewegen wollten, sondern bot vor allem aufsteigenden, noch unerfahrenen Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit, sich selbst und ihren Stil zu finden.
„Ein großer Verlust für Passau“
Bastian Vilusic ist nur einer von vielen DJs, die durch die Location an Bekanntheit gewonnen haben. „Ich habe den Cute Room seit Beginn meiner Studienzeit in Passau 2017 regelmäßig als Gast besucht, seit etwa zwei Jahren auch dort aufgelegt. Mir hat sehr gefallen, dass der Club Leuten wie mir die Chance gegeben hat, ihre Begeisterung für die Musik mit ihren Mitmenschen zu teilen, obwohl sie noch keine Erfahrung vorzuweisen hatten.“ Vilusic ist eines der Mitglieder des Kollektivs „Tour de Trance„.
„Dass nach dem Scholli jetzt die nächste Institution des ohnehin sehr begrenzten Passauer Techno-Establishments schließen muss, halte ich für äußerst bedauernswert“, findet Bastian. „Nach meinem Empfinden besteht in der Stadt viel Nachfrage und Bedarf an kulturellem Angebot. Den unzähligen kreativen Menschen, die mehr Charakter und Lebensgefühl in die Stadt bringen wollen, wird meiner Ansicht nach genau das aber zunehmend schwerer gemacht.“
Die Lücke, die der Club in Passau hinterlässt, ist größer als es im ersten Moment den Anschein hat. Doch: Ein wöchentliches Angebot, eine wöchentliche Chance, sich zu verwirklichen, sich der Musik hinzugeben, sich die Kunst der elektronischen Musik näherzubringen, geht verloren. „Es ist ein großer Verlust für Passau. Es hat mich sehr getroffen, war ja auch sehr spontan – es war sehr emotional. Ich werde heute weinen“, offenbarte der DJ vor dem letzten Abend.
„Der Cute Room war mein Baby“
Und auch viele der Besucherinnen und Besucher, die man beim Rauchen oder kurz frische Luft Schnappen vor dem Club antrifft, waren dieser Meinung, waren emotional, wütend oder einfach nur traurig. Matze wirkte ebenso melancholisch: „Der Cute Room war mein Baby, sowas gab’s noch nie in Passau, dass ein Club jeden Samstag aufhat und nur Techno spielt, also elektronische Musik.“
Der Ort wird in Zukunft anderweitig genutzt. Wofür? Darüber kann nur spekuliert werden. Klar ist: Für junge Menschen, für das Unterstützen neuer Künstlerinnen und Künstler, für das Angebot an Kunst und Kultur, schlicht für die Stadt Passau ist die Schließung des Cute Rooms ein kaum zu verkraftender Verlust.
Trotzdem gibt es einen kleinen Lichtblick: Die durch Matthias Wittke veranstalteten Bootspartys, die jedes Jahr im Sommer auf der Donau stattfinden, bleiben der Dreiflüssestadt erhalten. Ob die Schließung dieser Kultstätte damit zu kompensieren sein wird, bleibt jedoch fraglich…
Anna Ernstberger