Spiegelau. Elke und Jochen Stieglmeier sind „sehr müde geworden“. Körperlich, weil 24/7-Wochen in den vergangenen Jahren Alltag waren. „Gastronomie und Hotellerie – wir waren ja doppelt im Dauereinsatz“, erklärt der 58-Jährige dazu. Und geistig, weil die Corona-Lockdowns sehr belastend waren und sich generell die Gesellschaft gewandelt hat. „Ab einem gewissen Alter kann man gewisse Dinge nicht mehr so akzeptieren wie zuvor. Allen voran der Umgang der Menschen unterneinander, die zunehmende Respektlosigkeit, nervt.“ Das alles hat dazu geführt, dass mit dem Oktober im Landhotel Tannenhof eine 59-jährige Ära endet: Die Familie Stieglmeier zieht sich aus dem aktiven Geschäft zurück.

Das Landhotel Tannenhof in Spiegelau zählt zu den touristischen Aushängeschildern der Nationalpark-Region.
„Da ist ein weinendes und ein lachendes Auge dabei“, gibt Jochen Stieglmeier zu. Immerhin lassen er und seine Frau ihr Lebenswerk zurück. 1965 wurde das Hotel von den Eltern von Elke Stieglmeier (eine geborene Weiß) gegründet und aufgebaut. „Legendäre Waldfeste, wilde Rentiere und grandiose Feste in der Nordlandbar waren in der Gründerzeit des Betriebes, zu den Anfängen des kommerziellen Spiegelauer Tourismus, eher die Regel, nicht die Ausnahme“, schreibt das Ehepaar in einer E-Mail mit dem Betreff „Auf Wiedersehen“, die auch die Hog’n-Redaktion erreicht hat.
„Hotelschiff durch etliche Krisen gesteuert“
Auch die Gründung des Nationalparks Bayerischer Wald, so heißt es im Schreiben weiter, sei unter anderem im Tannenhof vorangetrieben worden. War zu Beginn noch Alfred Weiß Herr im Hause, übernahmen vor gut 20 Jahren dessen Tochter und ihr Mann, Jochen Stieglmeier, das Ruder. Mit dem Hotelmeister auf der Kommandobrücke wurde das „Hotelschiff durch etliche nationale und internationale Krisen gesteuert. Mit großem Erfolg, auch wenn bestimmt nicht alle Entscheidungen zu 100 Prozent glücklich gewesen sind.“
Die schwerste Zeit erlebten die Spiegelauer Unternehmer während der Covid-Pandemie. Von jetzt auf gleich die Pforten schließen zu müssen, war für die Stieglmeiers „nervlich belastend“.
Corona-Folgen
Trotz aller Unwägbarkeiten haben sie es aber eigenen Angaben zufolge geschafft, dass jeder Arbeitsplatz erhalten werden konnte. Entberrungsreiche, aber auch irgendwie schöne Zeiten. Deshalb das weinende und das lachende Auge. Nach Jahren der Fremd- ist nun Selbstbestimmung angesagt, ganz bewusst. Das haben die Hotelliers aus freien Stücken entschieden bzw. entscheiden dürfen.
„Wir möchten uns jetzt mal um uns selbst kümmern“, machen Elke und Jochen Stieglmeier in genannter Mail deutlich. Deshalb hat sich der 58-Jährige auch als Chef der Nationalpark-Partner nach zwölf Jahren zurückgezogen. Und auch vom Tannenhof wollen sich die Spiegelauer mehr und mehr verabschieden. Nun erst einmal von den operativen Tätigkeiten. Später wollen sie komplett verkaufen. Ein sauberes Ende soll es geben, auch um die Nachfolger nicht auszubremsen. So soll auch ein möglicher Generationenkonflikt im übertragenen Sinne vermieden werden. „Das ist unser ausdrücklicher Wunsch.“
Der neue starke Mann im Tannenhof: Zvonko Jurinjak
Der neue starke Mann im Tannenhof heißt Zvonko Jurinjak. Den neuen Geschäftsführer, ein Hotelfachwirt, bezeichnen die Stieglmeiers als „ausgewiesenen Fachmann und Kollegen“. Er selbst beschreibt sich u.a. als „leidenschaftlicher Hotelier und Gastgeber mit hohen Qualitätsansprüchen.“ Genau davon sind auch die scheidenden Chefs überzeugt. Und genau deshalb haben sich sich für Zvonko Jurinjak nach einem klassischen Bewerbungsverfahren entschieden.
Ab 1. November sind Elke und Jochen Stieglmeier also „außer Betrieb“. Sie blicken auf eine „schöne Aufgabe“ zurück. Und sie freuen sich nun auf eine noch schönere Zukunft. Künftig werden sie in und um Spiegelau nicht mehr arbeiten, sondern sich erholen. Denn sie sind müde geworden…
„Einer unserer Vorzeigebetriebe in der Ferienregion“
+++ Worte zum Abschied +++
Robert Kürzinger (Geschäftsführer Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald): „Natürlich ist es sehr schade mit Elke und Jochen Stieglmeier zwei Urgesteine der Hotellerie zu verlieren. Der Tannenhof ist einer unserer Vorzeigebetriebe in der Ferienregion, mit einer sehr langen Tradition, der von den beiden Hotelprofis viele Jahre lang vorbildlich geführt wurde. 45 Jahre in der Hotellerie zu arbeiten ist eine sehr lange Zeit und beide haben es sich mehr als verdient, nun anderen Prioritäten nachzugehen.

Schätzt Jochen Stieglmeier als Hotellier, aber auch als Mitstreiter in der Ferienregion: FNBW-Chef Robert Kürzinger.
Es war uns eine große Ehre, dass Jochen Stieglmeier, die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald GmbH von der Geburt bis heute mit so viel Engagement und Herzblut begleitet und unterstützt habt. Durch seinen Einsatz als Vorsitzender des Fachbeirates war er bei zahllosen Sitzungen des Aufsichtsrates als beratendes Mitglied vertreten. Er wurde durch seine Expertise und ehrlichen Meinung im Kreise der Bürgermeister immer sehr geschätzt. Das hat der Ferienregion in vielerlei Hinsicht sehr gutgetan, indem er auch immer wieder die betrieblichen Themen und Belange der Vermieter in den Sitzungen eingebracht hat. Ich freu mit aber sehr, dass die beiden mit Herrn Jurinjak einen sehr sympathischen und hochqualifizierten Nachfolger gefunden haben, der eine beeindruckende Vita in der Hotellerie vorweisen kann. Ich bin fest davon überzeugt, mit ihm erfolgreich zusammen zu arbeiten.“
„Touristische Entwicklung maßgeblich mitgeprägt“
Karlheinz Roth (Bürgermeister Gemeinde Spiegelau): „Das fast 60-jähige Engagement der Familien Weiß und Stieglmeier hat die touristische Entwicklung in unserer Gemeinde und in der Region maßgeblich mitgeprägt und verdient großen Respekt und Anerkennung. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir den Tannenhof zu einem unserer Vorzeigebetriebe zählen können.

Für Spiegelaus Bürgermeister Karlheinz Roth ist der Tannenhof einer der Vorzeigebetriebe in der Nationalpark-Gemeinde.
Wir bedanken uns für die hervorragende Zusammenarbeit in all den Jahrzehnten und wünschen Elke und Jochen Stieglmeier für den wohlverdienten Ruhestand alles erdenklich Gute – und vor allem viel Gesundheit. Gleichzeitig freuen wir uns, dass die Erfolgsgeschichte des Landhotels Tannenhof mit Zvonko Jurinjak ihre Fortsetzung findet. Wir wünschen Herrn Jurinjak viel Erfolg und allzeit gutes Geschick. Wir freuen uns auf die gemeinsame Zusammenarbeit.“
Helmut Weigerstorfer