Asberg/ Innernzell. Die Tage werden allmählich kürzer und die Temperaturen sinken. Die Mutterkühe, Ochsen, Färsen und Kälber von Familie Köck grasen friedlich auf der Weide. Mit ihrem Winterfell sind sie bestens gegen die Kälte gewappnet und genießen die herbstlichen Sonnenstrahlen. Von ihrem Hof aus kann Familie Köck bis ins Tal schauen, sie hat den Großteil der Herde auf riesigen Weideflächen im Blick. Eine Bilderbuchidylle.

Bei Familie Köck ziehen alle am gleichen Strang: Die Hofnachfolger (v.l.) Christian und Daniela mit Sohn Tobias sowie den Eltern Josef und Roswitha Köck auf der Ochsenweide. Fotos: AELF
„Anfang der 90er Jahre hatten wir ungefähr zwölf Milchkühe und standen vor der Entscheidung, einen neuen Stall zu bauen und die Milchviehhaltung auszuweiten“, erzählt Josef Köck. Doch die Familie hat sich aufgrund des finanziellen Risikos für die Mutterkuhhaltung entschieden. Zuerst im Nebenerwerb mit nur 15 Kühen aus dem Bestand. „Am Anfang sind wir wegen der Mutterkuhhaltung belächelt worden. Das war der Einstieg in den Ausstieg“, erinnert sich Roswitha Köck. Im Laufe der Jahre ist die Herde bis heute auf 35 bis 40 Mutterkühe angewachsen. Dazu kommen noch etwa weitere 70 Kälber und Masttiere. Statt Fleckvieh herrscht jetzt die Rasse „Limousin“ vor – eine robuste und genügsame Fleischrinder-Rasse mit hervorragender Fleischqualität.
Sommersaison von April bis November
„Der Umstieg auf Bio hat sich für uns aus der Betriebssituation ergeben“, berichtet Josef Köck. „Wir haben immer schon extensiv gewirtschaftet und viele unserer eigenen Flächen befinden sich in unmittelbarer Hofnähe. Zusammen mit weiteren Pachtflächen konnten wir die Weidehaltung verwirklichen.“ Denn diese ist im Ökoverband „Naturland“, dem sich die Köcks angeschlossen hat, in der Regel verpflichtend vorgeschrieben.
Rund 30 Hektar Weideflächen haben sie eingezäunt, ein großer Teil davon zusammenhängend an einem Stück. Das entspricht ungefähr 42 Fußballfeldern. Die Wasserversorgung ist mit Quellen, Brunnen oder Wasser aus der Ohe sichergestellt. Mittlerweile verbringen alle Tiere in verschiedenen Gruppen die Sommersaison von April bis November auf der Weide und können ihren natürlichen Bewegungsdrang ausleben, nach Lust und Laune fressen oder sich einfach die Sonne aufs Fell scheinen lassen. Nur kurz vor dem Abkalben hat sich ein kurzer Stallaufenthalt bewährt, um Kuh oder Kalb im Notfall helfen zu können. „Im Freien kann es gefährlich werden, wenn zum Beispiel eine Nabelschnurentzündung oder ein Durchfall behandelt werden muss, da manche Kühe einen ausgeprägten Mutterinstinkt besitzen und aggressiv reagieren“, erklärt Josef Köck.
Anfang November heißt es für die Herde meist Abschied nehmen von der Weide, dann geht es nachhause ins Winterquartier. Da ist eine gewisse Anspannung vorprogrammiert. „Egal in welcher Situation – je ruhiger ich mit den Tieren umgehe, desto leichter geht’s“, weiß der Landwirt aus Erfahrung. Im Laufstall am Hof können sich die Tiere dann – teils mit Auslauf – ebenfalls frei bewegen. Der überwiegende Teil des Stalles ist mit Stroh eingestreut, es steht ein erhöhtes Platzangebot zur Verfügung. Damit sind die Vorgaben des Ökoverbandes erfüllt. Die Kälber können über einen Kälberschlupf zu ihren Müttern gelangen. Gefüttert wird nur mit Heu und Grassilage, welche auf den eigenen Wiesen geerntet werden.
Stress- und Angstersparnis für die Tiere
Auf den Flächen dürfen im Ökolandbau keine künstlichen Mineraldünger oder Pflanzenschutzmittel ausgebracht werden. Der Betrieb düngt daher nur mit Stallmist und Gülle, die im Winter im Stall anfällt. „Disteln und Brennnesseln auf den Weideflächen mähe ich mehrmals im Jahr, damit sie sich nicht ungehindert ausbreiten können. Mit dem Ampfer habe ich wenig Probleme, da im Boden nicht übermäßig Stickstoff vorhanden ist“, berichtet Josef Köck. Dies ist unter anderem auf die flächengebundene Tierhaltung zurückzuführen, die ebenfalls im Öko-Landbau vorgeschrieben ist. Das heißt, es dürfen nicht mehr Tiere gehalten werden, als ökologisch für die zur Verfügung stehende Fläche vertretbar ist. Mit einem Tierbesatz von ungefähr einer Großvieheinheit pro Hektar (eine Mutterkuh entspricht einer Großvieheinheit) liegt der Betrieb deutlich unter dem Grenzwert.

Die Mutterkühe genießen ihre Zweisamkeit mit den neugeborenen Kälbern in einer separaten Gruppe. Fremden gegenüber bleiben sie misstrauisch und ergreifen die Flucht.
All diese Auflagen im Biobereich erfordern einen höheren Preis bei der Vermarktung, um den Mehraufwand abdecken zu können. Familie Köck kann den Großteil ihrer Tiere über eine bekannte Allgäuer Biomarke absetzen, die in Passau schlachtet. Das bedeutet einen kurzen Transportweg für die Tiere. Im Schnitt kann dadurch ein Euro Mehrpreis pro Kilogramm Schlachtgewicht erzielt werden. Pro Jahr schlachtet ein Metzger aus der näheren Umgebung auch zwei oder drei Ochsen oder Färsen direkt am Betrieb mit Weideschuss. Das erspart den Tieren Angst und Stress. Nach dem Abhängen und Zerlegen verkauft Familie Köck das Fleisch ab Hof in Fünf- oder Zehn-Kilogramm-Paketen.
Anfang 2024 haben Josef und Roswitha Köck ihren Betrieb an Sohn Christian und Schwiegertochter Daniela übergeben. Christian Köck arbeitet als gelernter Lkw-Mechaniker bei einer Baufirma in der Nähe. Über das Bildungsprogramm Landwirt (BiLa) hat er sich zudem den Gehilfenbrief als „Landwirt“ erworben. Schwiegertochter Daniela stammt nicht aus der Landwirtschaft, ist also Quereinsteigerin. „Ich habe die Landwirtschaft kennen- und lieben gelernt“, erzählt die junge Mutter, die bis zur Geburt von Sohn Tobias im Jahr 2023 als Verwaltungskraft gearbeitet hat. Vor einigen Jahren hat sie sogar den „Bulldog- Führerschein“ gemacht. Besonders freut es sie, dass Ehemann Christian ihr vieles zutraut. So kann sie bei Arbeitsspitzen wie Heuen oder Silieren unterstützen, denn da hilft die gesamte Familie zusammen.
Umstellung auf „Bio“ als mögliche Chance
2023 haben im Dienstgebiet des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regen (Landkreis Regen und Freyung- Grafenau) 230 landwirtschaftliche Betriebe mit insgesamt 5.496 Hektar die Maßnahme „Ökologischer Landbau“ im Rahmen des Bayerischen Kulturlandschaftsprogramms (Kulap) beantragt. Das ist ein Zuwachs von 26 Betrieben im Vergleich zum Vorjahr. Dabei gibt es die Möglichkeit, sich für die EU-Ökoverordnung, also den gesetzlichen Standard, zu entscheiden. Viele Betriebe gehen jedoch einen Schritt weiter und schließen sich einem ökologischen Anbauverband wie zum Beispiel Naturland, Bioland, Demeter oder Biokreis an. Deren Richtlinien sind zum Teil strenger als die EU-Vorgaben. Sie bieten jedoch viele Vorteile wie beispielsweise eine gemeinsame Vermarktung oder einen Austausch mit Berufskolleginnen und -kollegen.
Sachgebietsleiter Landwirtschaft Josef Niedermeier vom AELF Regen sieht die Umstellung auf „Bio“ als mögliche Chance für Betriebe mit Jungviehaufzucht, Rindermast oder Mutterkuhhaltung, aber auch für Milchviehhalter. Denn manchmal braucht es nur einen kleinen Schritt und keinen Quantensprung, da viele Betriebe jetzt schon im Einklang mit der Natur arbeiten und nahezu ökologisch wirtschaften. Preisschwankungen sind zudem nicht so ausgeprägt wie bei anderen Produktionsrichtungen.
da Hog’n