Lindberg. Das Internet, seine Social-Media-Plattformen und die dazugehörigen Phänomene. Zur Kategorie „Schmankerl ausm Netz„ gehört wohl auch Mandy Niedermaier. Unter dem Pseudonym „mandyyy_niii“ hat die Lindbergerin (Landkreis Regen) bei Instagram bis dato 15.100 Follower angesammelt. Zum Vergleich: Der Landkreis Regen hat rund 5.200 Anhänger. Und während die kommunale Behörde über den Kanal für die Bevölkerung rund um den Arber wichtige Informationen veröffentlicht, setzt die 32-Jährige – verkürzt dargestellt – auf pinken Lifestyle. Verrückte Welt im Word Wide Web – oder wie es die Influencerin selbst ausdrückt: „Es hat sich ein Parallel-Universum entwickelt.“
„Bin ein Mensch, der voller Selbstzweifel ist“
Und ja, die gelernte Arzthelferin, die mittlerweile im Marketingbereich arbeitet, verdient mit ihren Postings auch Geld. Damit ist die wohl zentralste Frage bereits einmal beantwortet. 2023 gab es in diesem Zusammenhang einen, wie sie es nennt, „Aha-Effekt“ – vor einem Jahr hat die Waidlerin ein Gewerbe angemeldet. Meist läuft es so ab, dass sie von unterschiedlichen Firmen, die irgendwie zu ihrem Lifestyle passen, kontaktiert und gefragt wird, ob sie deren Produkte testen und darüber auf ihrem Insta-Account berichten möchte. „Das Kleidungsstück darf ich mir dann zum Beispiel kostenlos behalten“, erklärt Mandy Niedermaier. „Und im Idealfall bekomme ich auch noch eine Provision.“ Insgesamt stellt sie nüchtern fest: „Eine Weltkarriere wird das nicht.“
Muss es auch nicht. Denn ihre Social-Media-Tätigkeit versteht die Lindbergerin als Hobby, als Spaß. Sie möchte das Ganze gar nicht hauptberuflich machen, weil sie befürchtet, dann die Leidenschaft dafür zu verlieren. Wenn sie muss – und nicht darf. Obwohl sie sich in ihrer Freizeit mit Vorliebe in einer irrealen Blase bewegt, hat „mandyyy_niii“ trotz dem Hype um ihre Person den neutralen Blick auf die sog. Sozialen Medien nicht verloren. Sie gibt sich sehr ehrlich und selbstreflektiert, was im Gespräch mit dem Onlinemagazin da Hog’n deutlich wird.
„Obwohl man es nicht glaubt …“, sagt sie und denkt dabei an eine gewisse Oberflächlichkeit, die ihre bunt-schrill-lustigen Posts vermitteln, „… aber ich bin ein Mensch, der viel überlegt und voller Selbstzweifel ist“. Ihr zufolge veröffentlicht sie in erster Linie Inhalte, die nicht gestellt sind, sondern unmittelbar in ihrem Leben passieren. Sie spricht von Authentizität. Sie sei im World Wide Web so, wie sie auch in der Realität ist. „Ich bin eine bayerische Barbie, habe alles im pinken Style.“ Und auch ihre Ausflugs- und Wanderlust sei echt. Und dennoch: „Nach jedem Post gibt es Bedenken, ob das richtig war bzw. ist.“
„Durch die Perfektion, die ich vermittele, steigt die Verantwortung“
Denn Mandy Niedermaier ist sich ihrer Verantwortung bewusst. Der Großteil ihrer Follower sind Mädchen in der Pubertät. Junge Frauen, die auf der schwierigen Suche nach sich selbst sind. Die heile Welt, die „mandyyy_niii“ auf Instagram suggeriert, stellt dabei oft einen Kontrapunkt zum Minderwertigkeitskomplex, den weibliche Teenager häufig durchleben, dar. „Durch die Perfektion, die ich vermittele, steigt natürlich die Verantwortung, die ich habe“, weiß die Instagramerin. „Aber jeder darf und soll so sein, wie er ist. Genau deshalb bearbeite ich meine Fotos nicht. Und ich veröffentliche auch Bilder, wenn ich vom Baumstamm falle. Auch ich bin nicht perfekt. Und das ist gut so.“
Ein schmaler Grat, den die Lindbergerin virtuell beschreitet. Und das in vielerlei Hinsicht. Die Verantwortung ihren überwiegend jungen Followern gegenüber ist das eine. Das andere ist eine gewisse Wahrung ihrer Privatsphäre. „Es gilt, Grenzen einzuhalten und seriös zu bleiben. Ich will mich lustig und sympathisch zeigen, mehr nicht. Und damit, dass ich viel offen lege, muss ich einfach klarkommen.“ Mandy Niedermaier ist dabei kein Elefant im Porzellanladen. Konstruktive Kritik ist für sie wichtig. Im Netz, aber vor allem innerhalb der Familie. „Alleine geht sowas nicht. Mein Mann steht hinter mir. Und mein Papa hat sich extra wegen mir bei Instagram angemeldet. Sie befassen sich mit dem, was ich mache – und geben entsprechendes Feedback.“
Sie will nicht polarisieren, sondern unterhalten
Harte Anfeindungen habe es bisher nicht gegeben. „Gott sei Dank“, wie die 32-Jährige feststellt. Sie versucht, den Kontakt zu ihren Anhängern herzustellen, antwortet eigenen Angaben nach auf jede Nachricht. Zudem halte sie sich von kontroversen Themen fern – also vor allem von politischen Angelegenheiten. Die Welt sei hart genug, sie wolle für Ablenkung sorgen. Wolle nicht polarisieren, sondern unterhalten. „Und wenn ich mit meiner Reichweite helfen kann, mache ich das gerne“, sagt die Waidlerin und berichtet davon, dass sie unter anderem Pullman City nach dem verherrenden Großbrand Anfang des Jahres in der Westernstadt unterstützt hat – kostenlos.
Fest steht: Ausgehend von ihrer Leidenschaft für Fotografie, deren Ergebnisse sie der Öffentlichkeit präsentieren wollte, hat Mandy bei Instagram etwas ausgelöst, das man durchaus als „verrückt“ bezeichnen kann. Das irreal ist – und deshalb irgendwie auch beängstigend. Wenn man so will, kann sie mehr als 15.000 Menschen in eine gewisse Richtung lenken. Eine Macht, die man missbrauchen kann. Eine Macht, die abhängig macht. „Ja, es wäre schade, wenn ich auf diese Art und Weise plötzlich nicht mehr geliebt werden würde. Das ist eine kleine Sucht. Sollte die Geschichte aber mal enden, werde ich damit leben können.“
Bis dahin versucht die Lindbergerin ihrer Fanschaft mit jedem Post „ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern“. Der Landkreis Regen macht das mit seinen Social-Media-Einträgen in erster Linie nicht – und hat deshalb wohl bei weitem nicht so viele Follower wie „mandyyy_niii“. Sie selbst findet das „schade“, weil sie weiß, dass die Behörde essentielle Informationen unter die Leute bringt. Aber diese kommen in der verrückten Welt des World Wide Web eben nicht so gut an wie ihr pinker Lifestyle. Das Internet und seine Phänomene…
Helmut Weigerstorfer