Freyung-Grafenau. Waldkirchens Bürgermeister Heinz Pollak, der mit seinem Selfie-Stick bewaffnet auf den Bayerwald-Dom geklettert ist, um seinen nächsten Social-Media-Eintrag zu erstellen; ein Scheich, der es sich in einem Daunen-Bett „Made in Haidmühle“ gemütlich gemacht hat; Innernzells Dauer-Rathauschef Josef Kern und seine Party zum 70. Geburtstag in der örtlichen Disco – all diese Szenen aus dem Landkreis Freyung-Grafenau sind im jüngst erschienenen FRG-Wimmelbuch (Edition Lichtland) zu sehen. Erstellt wurde dieses Werk vom P-Seminar des Johannes-Gutenberg-Gymnasiums (JGG) Waldkirchen unter der Leitung von Angelika Schaub-Weishäupl.

Bürgermeister Heinz Pollak auf dem Bayerwald-Dom – eine der Szenen im FRG-Wimmelbuch mit Hintergrund.
Und der Selbstversuch spricht eine eindeutige Sprache: Dieses Buch ist für alle Generationen interessant. Die Kleinsten können sich an der Entdeckungstour erfreuen – dabei gehört wohl der Traktor samt Güllefass, der das „Bauerndorf“ Sonndorf (Gmd. Hinterschmiding) darstellt, zu den Highlights. Aber auch die Eltern- und Großeltern-Generation kann das Wimmelbuch durchaus in seinen Bann ziehen, wobei viele Szenen etwas Zeit benötigen, um zu wirken. Wie etwa das Freyunger „Y“, das zum Himmel steigt – und im anderen Eck von Rathauschef Dr. Olaf Heinrich präsentiert wird.
„Wir möchten unseren Landkreis witzig darstellen“
Ja, man kann den 13 beteiligten Schülern und ihrer Lehrerin eine gewisse kontroverse Tiefsinnigkeit – vielleicht sogar Hinterfotzigkeit – unterstellen. Darauf angesprochen lacht Pädagogin Angelika Schaub-Weishäupl erst einmal herzlich. „Nein, nein. Wir wollen niemandem etwas Böses. Heinz Pollak beispielsweise hat sich über seine Darstellung sehr amüsiert“, macht die 39-Jährige deutlich. „Niemandem soll – auch unterschwellig – auf die Füße getreten werden. Wir möchten unseren Landkreis einfach nur witzig darstellen.“ Und das ist eindrucksvoll gelungen, wobei wir wieder beim generationenübergreifenden Selbstversuch wären.
Zurück geht die Idee für das FRG-Unikat auf eben jene Lehrerin am JGG Waldkirchen. Im Haushalt der dreifachen Mutter gehören seit Jahren Wimmelbücher zum Alltag. „Städte wie Nürnberg oder München haben ihr eigenes, Freyung-Grafenau nicht. Das wollte ich schon länger ändern.“ Es dauerte aber, bis der Zeitpunkt gekommen war, die Gedanken zu Papier zu bringen. Im vergangenen Schuljahr passte dann alles zusammen. Die wichtigsten Voraussetzungen: Die passenden Schüler – und mit der Edition Lichtland einen starken und wichtigen Partner, der sofort von der Idee begeistert war.
Eindrücke aus dem Wimmelbuch
„Die Unterstützung des Projekts ist uns leicht gefallen“, macht Hannelore Hopfer vom in Schönberg ansässigen Verlag deutlich. „Ein Wimmelbuch ist immer schon ein großer Wunsch von uns gewesen. Als Angelika Schaub-Weishäupl mit uns Kontakt aufgenommen hat, war die Antwort also ganz spontan und begeistert: Ja.“ Die Edition Lichtland unterstützte nicht nur mit Erfahrung auf dem Gebiet der Bucherstellung, sondern auch ganz direkt in grafischer Hinsicht durch Expertin Edith Döringer. Die meiste Arbeit erledigten jedoch die Schülerinnen und Schüler: Lena Aumüller, Alisa Eberl, Laura-Marie Kasper, Emma Plank, Anna Pongratz, Jonathan Ramesberger, Leni Rauch, Elisa Reidl, Michael Schmid, Laura Traxinger, Anna Wagner, Eva Weber, Teresa Zauner – und eben Angelika Schaub-Weishäupl.
Auf dem Schulstoff wurde fast schon ein Lebensinhalt
Das Seminar-Projekt wurde übrigens im Fach Deutsch behandelt – und nicht, wie man vielleicht vermuten möchte, im Fach Kunst. Doch die Grenzen sind fließend, in vielerlei Hinsicht. „Eigentlich hätten wir im Schuljahr nur zwei Schulstunden pro Woche zur Verfügung gehabt“, berichtet die JGG-Lehrkraft. Zu wenig Zeit für diese Mammutaufgabe. Glücklicherweise entwickelte sich aber eine gewisse Eigendynamik: Aus dem Schulstoff wurde ein Hobby, fast schon ein Lebensinhalt. „Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, wie oft wir uns getroffen haben – aber es war sehr oft“, blickt die die Deutschlehrerin zurück. „Doch es war nicht nur schlichte Arbeit. Wir haben auch nebenher gefrühstückt.“

Landrat Sebastian Gruber zum FRG-Wimmelbuch: „Ein sehr besonderes Werk. Das Produkt ist Regionalität pur. Es zeigt auf sehr schöne Art und Weise, was der Landkreis Freyung-Grafenau zu bieten hat. Ich freue mich, dass es nun ein FRG-Wimmelbuch gibt.“
Nach und nach entspannen sich gewisse Spezialgebiete. Die einen zeichneten nur Menschen, die anderen Gebäude. Wieder andere malten nur aus. Und ein weiterer Teil kümmerte sich um die Digitalisierung der Aquarelle und die richtige Zusammensetzung. „Echte Teamarbeit“, wie die Seminarleiterin betont. Und Individualität sondergleichen. Denn kein Tier gleicht dem anderen, kein Baum dem daneben. Unterschiedliche Größen, Farbtöne, Ansichten. Die 13 Schüler haben sich selbst verwirklicht „und enorm viel Herzblut reingesteckt“. Wenig verwunderlich also, dass es ausschließlich gute Noten für die Projektarbeit gab.
Weitere Auflagen: „Warum nicht?“
Und auch nicht gerade überraschend, dass sich das FRG-Wimmelbuch gut verkauft. 1.000 Stück wurden im Rahmen der Erstauflage gedruckt. Rund 600 sind bereits vergriffen. Mit dem Erlös wird zunächst die Produktion finanziert – der Rest geht an den Verein zur Förderung krebskranker und körperbehinderter Kinder (VKKK) Ostbayern. Und trotz einer intensiven Zeit, in der es in den Köpfen der Beteiligten buchstäblich wimmelte, ist eine neue Auflage nicht ausgeschlossen. „Warum nicht? Ideen sind genug da“, macht Angelika Schaub-Weishäupl deutlich. Ob dann Social-Media-Star Heinz Pollak vom Dach des Landratsamtes aus die Welt an seinem Leben teilnehmen lässt? Oder ob Grafenaus Oberhaupt Alexander Mayer den „Stodbärn“ erlegt? Man darf gespannt sein…
Helmut Weigerstorfer
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