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Wer zahlungsunfähig ist und seine Schulden nicht mehr bezahlen kann, mag auf die Idee kommen, ins Ausland auszuwandern, um einen Neuanfang zu starten und den Problemen aus dem Weg zu gehen. Einfach einen Schlussstrich ziehen und im Ausland neu durchstarten, das mag verlockend erscheinen. So einfach ist das aber nicht.

Voraussetzung zum Auswandern bei Insolvenz ist, dass das Insolvenzverfahren bereits eröffnet wurde. Symbolbild: pixabay/ Ratfink1973
Auch im Ausland wird Geld zum Leben benötigt, das erst einmal erarbeitet werden muss. Dennoch ist es möglich, bei einer Privatinsolvenz ins Ausland auszuwandern. Ein Insolvenzverfahren kann im Ausland eröffnet werden. Auch bei einem bereits eröffneten Insolvenzverfahren ist Auswandern möglich, wenn die Auflagen eingehalten werden.
Bei Privatinsolvenz im Ausland leben
Wurde eine Privatinsolvenz beantragt und das Insolvenzverfahren eröffnet, beginnt die Wohlverhaltensphase. Sie dauert in Deutschland drei Jahre. Nach dem Ende der Wohlverhaltensphase erfolgt die Restschuldbefreiung durch das zuständige Insolvenzgericht. Damit tatsächlich eine Restschuldbefreiung erfolgen kann, muss der Schuldner in der Wohlverhaltensphase bestimmte Auflagen erfüllen. Anderenfalls kann die Restschuldbefreiung versagt werden.
Der Schuldner muss den Treuhänder, der als Insolvenzverwalter auftritt, darüber informieren, wenn er die Arbeitsstelle und den Wohnort wechselt. Bei einem Wechsel des Arbeitgebers muss der Schuldner seinen neuen Arbeitgeber über die Privatinsolvenz informieren und ihm die Kontaktdaten des Treuhänders zur Verfügung stellen, damit das Gehalt in der entsprechenden Höhe gepfändet werden kann. Es ist daher möglich, während der Wohlverhaltensphase auszuwandern. Auch beim Arbeitgeber im Ausland kann das Gehalt gepfändet werden.
Voraussetzung zum Auswandern bei Insolvenz ist, dass das Insolvenzverfahren bereits eröffnet wurde. Hat der Schuldner Kontakt zu einer Schuldenberatungsstelle aufgenommen und ist er dabei, eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern anzustreben, kann er nicht auswandern. Wurde die Insolvenz beantragt, muss der Schuldner erst warten, bis das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Während dieser Zeit benötigt er eine Meldeadresse in Deutschland.
Pflichten für den Schuldner beim Auswandern im Ausland
Wer sich für das Auswandern bei Insolvenz entscheidet und während der Wohlverhaltensphase auswandert, muss gegenüber dem Treuhänder einige Verpflichtungen erfüllen:
- Information über Wohnortwechsel und Arbeitgeberwechsel
- Arbeitgeber über das Insolvenzverfahren informieren
- nach Aufforderung zu Terminen erscheinen
Tipp: Wer während eines laufenden Insolvenzverfahrens ins Ausland auswandern möchte, sollte eine rechtliche Vertretung in Deutschland haben. Das ist mit zusätzlichen Kosten verbunden, doch die rechtliche Vertretung ist Ansprechpartner für den Insolvenzverwalter und empfängt Beschlüsse des Insolvenzgerichts.
EU-Insolvenz als Alternative
In Deutschland dauert eine Privatinsolvenz drei Jahre. Erst nach dieser Zeit erfolgt die Restschuldbefreiung, sodass der Schuldner dann schuldenfrei ist. Nachdem die Restschuldbefreiung erfolgt ist, behält der Schuldner noch einen negativen Schufa-Eintrag. Das ist mit Einschränkungen verbunden, beispielsweise beim Abschluss eines Mietvertrags oder eines Handyvertrags. Eine Alternative kann daher eine Insolvenz in einem EU-Land sein. Die Privatinsolvenz ist dort kürzer. Da dort andere Gesetze gelten, erhält der Schuldner nach der Restschuldbefreiung auch keinen negativen Schufa-Eintrag.
Das Auswandern bei Insolvenz und eine EU-Insolvenz ist nur möglich, wenn der Schuldner in Deutschland noch keine Privatinsolvenz beantragt hat.
Am kürzesten ist eine EU-Insolvenz in Irland. Dort dauert die Privatinsolvenz nur zwölf Monate. Auch in Frankreich dauert die Wohlverhaltensphase nur ein Jahr. In Spanien kann sie ein bis anderthalb Jahre dauern, abhängig von der Höhe der Insolvenzmasse.
Ablauf einer EU-Insolvenz
Die Verfahren für die Privatinsolvenz in EU-Ländern unterscheiden sich, abhängig vom jeweiligen Land. Wer sich zum Auswandern bei Insolvenz entscheidet, sollte daher gründlich überlegen, in welches Land er auswandern möchte, und sich über die dort geltenden Regelungen informieren.
In Deutschland haben sich einige Rechtsanwälte darauf spezialisiert, Schuldnern das Auswandern bei Insolvenz zu ermöglichen. Sie arbeiten mit Rechtsanwälten im Ausland zusammen und kennen sich mit den Regelungen im jeweiligen Land aus. In Deutschland gelten Pfändungsfreigrenzen, die dem Schuldner ein Existenzminimum zum Leben sichern. Im Ausland weichen die Pfändungsfreigrenzen von denen in Deutschland stark ab. Es ist also möglich, dass dem Schuldner bei der Pfändung im Ausland nicht mehr genug Geld zum Leben bleibt.
Auch bei einer EU-Insolvenz erfolgt eine Restschuldbefreiung im Ausland. Wer bei Insolvenz ins Ausland auswandern und nach erfolgter Restschuldbefreiung wieder nach Deutschland zurückkehren möchte, muss darauf achten, dass die Restschuldbefreiung in Deutschland anerkannt wird.
Tipp: Wer eine EU-Insolvenz anstrebt, muss sich über die dort geltenden Bedingungen informieren. Das kann ein Mindestaufenthalt im jeweiligen Land vor der Insolvenz oder ein regelmäßiges Einkommen sein.
EU-Insolvenz für Unternehmen
Für Unternehmen mit Sitz in Deutschland ist eine Auslandsinsolvenz in einem EU-Land kompliziert, aber nicht unmöglich. Das ist beispielsweise eine Lösung für Reiseunternehmen, die als Veranstalter insolvent geworden sind. Unternehmen, die insolvent sind, müssen sich an einen Rechtsanwalt wenden, der auf Insolvenzrecht für Unternehmen spezialisiert ist. Er prüft, ob eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern möglich ist. Kann keine außergerichtliche Einigung erzielt werden, beantragt der Anwalt die Insolvenz beim zuständigen Insolvenzgericht.
Anders als für Privatpersonen gilt für Selbstständige und Unternehmen die Regelinsolvenz. Sie unterscheidet sich von der Privatinsolvenz. Der Antrag auf Regelinsolvenz kann auch von den Gläubigern gestellt werden, wenn ihre Forderungen entsprechend hoch sind. Es ist für Unternehmen möglich, den Unternehmenssitz ins Ausland zu verlegen, wenn das Insolvenzverfahren bereits eröffnet wurde. Das ist mit Aufwand und Kosten verbunden und daher nicht sinnvoll.
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