Prackenbach/Viechtach. „Ingwer wächst auch im Bayerischen Wald“, sagt er, lacht und zeigt auf einen Topf mit einer groß- und länglichblättrigen Pflanze. Neben Sauerampfer und Wildkräutern am Waldrand wachsen im Garten von Markus Fischer außerdem Meerrettich, ein Nashi-Birnbaum, eine seltene rote Holunderstaude wie auch Tomaten, Gurken, Kohlrabi und, und, und. Der 46-jährige Profikoch hat sich in seinem „paradiesischen Domizil“, wie er selbst sein Eigenheim in Hagengrub (Gde. Prackenbach) bezeichnet, einen Ort geschaffen, an dem er seine Lebenseinstellung verwirklichen kann – und sich so manche Anregung für eigene kulinarische Projekte holt.
„Das Einfache muss man zu schätzen wissen, die Natur als Ideengeber betrachten und Mitmenschen und Kollegen stets hilfsbereit und wertschätzend begegnen.“ So beschreibt der mittelgroße, kurzhaarige Mann mit den freundlichen, von Lachfältchen umrahmten Augen die wichtigsten Grundsätze in seinem (Arbeits-)Leben. „Kochen ist kein Beruf, sondern ein Gefühl!“ Seit vielen Jahren ist er Chefkoch im „Adventure Camp Schnitzmühle“ in Viechtach, kreiert und kombiniert unterschiedlichste Geschmäcker miteinander und entwickelt eigene Projekte für die Gastronomie.
Kulinarische Experimente bereits in der Kindheit
Den Grundstein für seine Kochleidenschaft wie auch seine Bemühungen, Bodenständigkeit als erstrebenswert zu kommunizieren, sieht Markus Fischer in seiner Kindheit. Im „Bergdorf“ Bramersberg in der Gemeinde Kollnburg wuchs er auf einem Bauernhof mit verschiedenen Tieren auf. „Wohlbehütet“, fügt er schmunzelnd hinzu, „da haben sich Fuchs und Hase gute Nacht gesagt“. Den ganzen Tag im Wald unterwegs, entdeckte er bereits in jungen Jahren eine besondere Gabe: einen außergewöhnlichen Geschmacks- und Geruchssinn sowie ein Gespür für besondere Kombinationen.
„Für mich war zum Beispiel schon immer klar, dass in eine Schwammerl-Brühe nicht nur der von vielen als bester Speisepilz bezeichnete Steinpilz gehört. Die Mischung aus verschiedenen Schwammerln macht’s.“ Auch „Waldklee-Pesto“ und Ähnliches habe er als Junge kreiert. Außerdem entwickelte sich seine Leidenschaft, mit Lebensmitteln zu experimentieren. „1.000 Stück Heidelbeeren reichen für einen Hoiwa-Wagga (eine Art Heidelbeer-Pfannkuchen – Anm. d. Red.) für drei Personen. Für das Pflücken braucht man eine knappe halbe Stunde“, erinnert er sich an seine Ergebnisse von damals.
Auch heute noch sind ihm der Wald und die Natur sehr wichtig. In der Arbeit wie im Privaten bedient er sich an der „unendlichen Speisekammer – da ist jeden Tag Erntedank“. Dabei komme es nicht auf die Masse an, „aus vier Preiselbeeren an einem Strauch hab ich schon exklusive Desserts gezaubert, aus zu kleinen Birnen wurden verfeinerte, eingeweckte Weihnachtsbirnen als Geschenk für besondere Leute, die mich in meinem Arbeitsleben bewegt haben“. Das Resultat: Jede einzelne Komponente sei gewürdigt worden. Auch Anregungen für eigene Projekte holt er sich nach wie vor in Wald und Wiesen – und teils auch in seinen Träumen.
Eigene Kracherl-Kreationen bis nach München geliefert
Denn von der ersten seiner besonderen Limonaden-Geschmacksrichtungen – „und der bisher besten“ – habe er zunächst geträumt: Orangen-Limonade mit Safran. Im Kutter habe er diese dann zubereitet und in Mini-Gläser abgefüllt. Wegen des hohen Safranpreises sei dies aber für größere Mengen nicht praktizierbar gewesen. Gesund und heimisch, „Superfood aus dem Super-Woid“, das sollen seine Kreationen sein: Heidelbeere, Ingwer und vieles mehr.
Demnächst sei ein Bergamotte-Kracherl für Sportler und Aktive geplant. Angeboten werden die heimischen Brausewasser natürlich in der Gastronomie des Adventure Camps, mittlerweile aber auch in kleineren regionalen Shops oder bei verschiedenen Veranstaltungen wie auch im Viechtacher Kino. „Sogar einen Münchner Biergarten haben wir schon beliefert“, erzählt Fischer sichtlich stolz darauf, dass damit der Woid in die Welt getragen werde.
Weltweit als Eisbotschafter für Mövenpick unterwegs
Ebenso wie durch seine Tätigkeit als „Eisbotschafter“ für die Marke Mövenpick. Auf ihn aufmerksam geworden sei das Unternehmen durch die Art, wie Fischer im Lokal eine der Eissorten („Elise-Eis“) „zelebrierte“ – und dem daraus resultierenden enormen Erfolg und Absatz: Das Dessert servierte er den Gästen zusammen mit einer MP3-Version des Musikstückes „Für Elise“ von Beethoven, um damit die kulinarischen Eindrücke musikalisch zu untermalen. Auf Messen deutschland- und weltweit ist er seither für Mövenpick unterwegs, hält Vorträge über die Integration von Eis in die Gastronomie und kreiert selbst neue und außergewöhnliche Sorten – oftmals Heimisches und Internationales zusammengeführt wie Himbeer-Thai Curry oder „Tres Leches“-Eis aus den drei Milchsorten von Ziege, Kuh und Schaf.
Mit dem Projekt „Alte Kuh“, wie er selbst es bezeichnet, versuchte er vor einigen Jahren, einen möglichst hohen Kilopreis an einen Landwirt zu zahlen, der das Fleisch einer „alten Kuh“ zum Billigpreis anbot, weil dieser überzeugt war, dass Kunden nicht mehr dafür ausgäben. Um ein Vielfaches steigerte Fischer den Umsatz, indem er wirklich alles hochwertig verarbeitete und delikat angerichtet servierte. „Ich habe dann das gezahlt, was abzüglich der Ausgaben dabei rausgekommen ist – der Bauer hat es kaum glauben können.“ Mit der Aktion habe er die Schlachtpraxis kritisieren und wachrütteln wollen, dass nicht nur das Fleisch von Kälbern und jungen Kühen etwas wert sei.
Am wichtigsten bei sämtlichen Projekten: Normalität. In sozialen Medien sei er mittlerweile aktiv, aber eben genau anders als die breite Masse. Er wolle zeigen, dass Menschen wichtig sind, die nicht automatisch im Vordergrund stehen und postet regelmäßig Beiträge zum Beispiel über Küchenhilfen oder Azubis. Als „ehrlich, freundlich, hochwertig“ beschreibt er seine Kochkunst wie auch den achtungsvollen Umgang mit Kollegen und Mitmenschen.
„Aus etwas Einfachem etwas Besonderes machen“
„Die Kunst, aus etwas Einfachem etwas Besonderes zu machen“, sagt Markus Fischer über seine Leidenschaft, überträgt er auch auf die Familie: qualitative Familienzeit – einfach, aber schön. Seinen Kindern Wünsche erfüllen und schnell mal aus übrig gebliebenen Brettern einen großen Traktor zum Spielen bauen, gemeinsam auf Schwammerlsuche im Wald gehen oder im Garten geerntetes Gemüse zusammen kochen – „das ist das Paradies auf Erden für mich!“
Lisa Brem