Bayerisch Eisenstein. Drin bleiben in der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald oder aussteigen aus dem Tourismusverbund, der heuer sein zehnjähriges Bestehen feiern durfte? Das war die Frage, über die die Bewohnerinnen und Bewohner der Gemeinde Bayerisch Eisenstein am Sonntag, 22. September 2024, per Bürgerentscheid abstimmen durften. Das Ergebnis spricht jedoch keine eindeutige Sprache.
„Sind Sie für den Verbleib der Gemeinde Bayerisch Eisenstein im Verbund der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald GmbH?“ – so lautet die Fragestellung, die die Bürgerschaft des bayerisch-tschechischen Grenzorts zu beantworten hatte. Mindestens 20 Prozent (165) der 827 Wahlberechtigten mussten ihr Votum abgeben, damit der Entscheid überhaupt als gültig bezeichnet werden kann. Eine Voraussetzung, die bereits einige Tage vor der Ergebnisverkündung als erfüllt galt, denn: mehr als 200 Briefwähler und -wählerinnen gaben ihr Votum im Voraus ab.
Mehr als die Hälfte blieb der Wahlurne fern
Die Gegner des Austritts, allen voran die beiden Initiatoren des Bürgerbegehrens zum Verbleib in der FNBW, Patrick Pfeifer vom Waldhotel Seebachschleife und Josef Lausser vom Hotel Brunnenhof, führen u.a. folgende Argumente ins Feld: finanzielle Mehrbelastung für die Gemeinde, Wegfall der gemeinschaftlichen Vermarktung, kein breites Marketing-Angebot für Vermieter und Gastgeber mehr sowie ein finanziell nicht realisierbares Alternativkonzept. Die Befürworter des Austritts bemängeln vorwiegend die touristische Sichtbarkeit Bayerisch Eisensteins im Tourismusverbund und den Einfluss auf das touristische Personal vor Ort, das der FNBW vertraglich unterstellt ist.
Bürgermeister Michael Herzog hatte sich vorab bereits auf Personalsuche für die heimische Tourist-Info gemacht: In der Tageszeitung war ein Inserat zu sehen, auf dem geschrieben stand, dass die Gemeinde zum 1. Januar 2025 „eine Leitung für Marketing und Tourismus in Vollzeit“ sowie „zwei Mitarbeiter für die Tourist-Info in Teilzeit“ suche. „Wir wissen derzeit nicht, wie sich die Bürger entscheiden, darum fahren wir zweigleisig und haben – im Falle eines Austritts aus der FNBW – bereits entsprechende Stellen ausgeschrieben, da auch etwaige Kündigungsfristen von Bewerbern bis Jahresende einzuhalten sind“, begründete der Rathaus-Chef diesen Schritt auf Hog’n-Nachfrage.
Doch nun steht das Ergebnis der „Schicksalswahl“ fest: Nach Auszählung der in den Wahllokalen in Bayerisch Eisenstein und Regenhütte abgegebenen Stimmen bleibt die Gemeinde auch künftig Mitglied der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald. 53,6 Prozent der Wahlberechtigten stimmten mit „Ja“ und somit für den Verbleibt, 46,4 Prozent mit „Nein“. Insgesamt wurden 375 gültige (bei drei ungültigen) Stimmen abgegeben. Mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten hat demnach keinen Gebrauch gemacht von ihrer Stimme.
Stimmen und Reaktionen zum Bürgerentscheid-Ergebnis
Michael Herzog, Bürgermeister Bayerisch Eisenstein: „Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis, das allerdings auch ein Zeichen dafür ist, dass wir doch an gewissen Kritikpunkten arbeiten müssen. Denn sonst wäre es eindeutiger ausgefallen. Vielleicht sollen wir hier auch nochmals die Vermieter mit ins Boot holen für eine Diskussion.
Wir hatten ja nach dem Gemeinderatsbeschluss zwischenzeitlich bei der FNBW gekündigt. Der Beschluss wurde aufgrund der bestehenden Kündigungsfristen fristgerecht ausgeführt. Der nächste Schritt wird nun sein, dass wir wieder die Mitgliedschaft in der FNBW beantragen, da der Beschluss letztendlich ja durch den Bürgerentscheid negiert worden ist.
Robert Kürzinger, Geschäftsführer der FNBW: „Ich bin sehr erleichtert aufgrund des Ergebnisses – für das Personal vor Ort, für den Bürgermeister und die Initiatoren, die den Bürgerentscheid überhaupt erst möglich gemacht haben. Es ist demokratisch abgestimmt worden – und in der Summe haben wir Stimmen bekommen.
Es gibt immer Sachen, die man verbessern kann. Ich möchte die Hand denjenigen reichen, die sich gegen den Verbleib entschieden haben. Wenn wir gemeinsam positiv und konstruktiv an den Themen arbeitet, kann man für alle eine gute Situation schaffen. Die Probleme, die von Seiten der Eisensteiner angesprochen worden sind, kann man natürlich gemeinschaftlich mit den anderen Bürgermeistern behandeln. Ich nehme es als Auftrag mit, gewisse Kritikpunkte mit den anderen Bürgermeistern im Aufsichtsrat zu besprechen.
Patrick Pfeifer, Bürgerbegehren-Initiator und Hotelier: „Ich bin erleichtert – und hätte mich schwer gewundert, wenn’s nicht so ausgegangen wäre. Wer etwas mit Tourismus zu tun hat, konnte nur mit Ja stimmen. Nun herrscht Klarheit darüber, dass wir weiterhin mit der FNBW an unserer Seite planen können. Der Gemeinderat hat nun die Entscheidung der Mehrheit zu respektieren, er muss mit der FNBW weiterhin konstruktiv zusammenarbeiten.“
Katja Zelzer-Burbach, Gemeinderätin und Ausstiegsbefürworterin: „Die Mehrheit der Bevölkerung hat entschieden, dass ein Verbleib für Eisenstein in der FNBW besser ist. Ich hoffe und erwarte, dass alle, die sich für den Verbleib ausgesprochen haben, in Zukunft die Arbeit im Ort und in der Zusammenarbeit der FNBW tatkräftig unterstützen.
Es wurde eine Entpolitisierung des Tourismus gewünscht, mit der Entscheidung zum Verbleib in der FNBW haben die Wähler dies deutlich gemacht. Meine Aufgabe als Gemeinderätin wird den touristischen Bereich in der Gemeinde in Zukunft nicht mehr umfassen. A bissal traurig macht mich dieses Ergebnis auch, denn es zeigt mir, dass der ehrenamtlichen Arbeit und der Entscheidungen der Gemeinderäte anscheinend nicht vertraut wird.
Ludwig Zelzer, Gemeinderat und Ausstiegsbefürworter: „Es ist sehr schade, dass uns bei dieser Entscheidung kein Vertrauen geschenkt wurde. Ich hoffe für die Zukunft, dass die Verantwortlichen der FNBW sich die vergangenen Wochen trotzdem zu Herzen nehmen und zukünftig schneller und forcierter auf die Wünsche und Belange ihrer Mitgliedskommunen eingehen und reagieren.
Stephan Hörhammer
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