Ringelai. Irgendwie ist Lena Geier dann doch ein gewöhnlicher Teenager. Sie freut sich ungemein auf die Sommerferien: Endlich keine Schule mit all ihren Verpflichtungen mehr! Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten, die die 14-Jährige mit Millionen von Buben und Mädchen in diesen Tagen teilt. Denn die Ringelaierin wird es in den kommenden Wochen nicht genießen, sich einfach auf die faule Haut legen zu können. Vielmehr wird sie so richtig Gas geben. Und das nicht auf dem Tennisplatz oder auf dem Rücken eines Pferdes. Sondern als Golferin. In dieser Randsportart gehört Lena Geier bereits jetzt zu den besten Spielerinnen Deutschlands, vielleicht sogar Europas.
„Golf soll kein Zwang sein“
Nächster Halt: Würzburg. Um am Vorentscheid für die Deutschen Meisterschaften teilnehmen zu können, muss die Nachwuchssportlerin ganz früh raus. Eigentlich ein Graus für Jugendliche in ihrem Alter. Doch Lena Geier ist gerne mit dem Sonnenaufgang aufgestanden. Der Ehrgeiz treibt sie an. Es ist keine Belastung für sie, quer durch Deutschland und Europa zu reisen, um ihrem Hobby mit Profiperspektive nachzugehen, sondern eine Freude. „Lena ist regelrecht euphorisch, viel herum zu kommen, Leute kennen zu lernen und sich mit ihnen zu messen“, berichtet Vater und Chauffeur Christian. „Fest steht aber auch: Wenn sie mal keine Lust mehr dazu hat, ist das eben so. Golf soll kein Zwang für sie sein.“
Die traditionelle Ballsportart, als deren Erfinder die Schotten gelten, ist Lebensinhalt von Lena Geier – und das seit frühester Kindheit. „Ich bin durch meinem Vater zum Golfspielen gekommen“, berichtet die junge Ringelaierin. Bereits mit zwei Jahren hatte sie mit den Schlägern ihres Papas herumgespielt. Ihre Eltern unterstützten das Interesse ihre Tochter. Ein Kinderschläger wurde angeschafft, eine Anmeldung beim Golfclub am Nationalpark Bayerischer Wald in St. Oswald folgte. „Die Trainer waren von Lenas Konzentration begeistert. Sie ließ sich durch nichts ablenken. Und das ist das, was neben dem Talent bei einem Golfsportler wichtig ist“, weiß Christian Geier.
Früh übt sich… Lena Geier zeigte bereits in sehr jungen Jahren, dass sie Talent hat…
Doch es war nicht so, dass die Waidlerin nur mit Schläger und Golfbag anzutreffen war. Sie probierte sich auch in einer Tanzgruppe und als alpine Rennläuferin unter der Flagge des WSV Mitterfirmiansreut. Das, was übrig blieb, war Golfspielen – ganz bewusst. Und ja, dabei handelt es sich um einen Sport. „Das wird total unterschätzt. Während eines Turnieres muss man fünf, sechs Stunden auf den Plätzen rumrennen. Und das bei vollster Konzentration. Das ist geistig herausfordernd, aber man bewegt auch den ganzen Körper“, räumt Lena Geier mit dem Klischee auf, ihre Sportart sei ja gar nicht so anstrengend. „Blöde Sprüche wegen meines Hobbys hat es eigentlich nicht gegeben – eher interessierte Fragen.“
Was, wenn Lena keine Lust mehr hat?
Die Freyunger Gymnasiastin ist außergewöhnlich. Nicht nur als erfolgreiche Golfspielerin, sondern insbesondere wegen des damit verbundenen Aufwands. Auch wenn Familie Geier versucht, die Fehltage in Grenzen zu halten, kann die 14-Jährige häufig nicht am Unterricht teilnehmen. „Aber das ist mit der Schule so abgesprochen. Ihre Noten stimmen. Wäre das nicht der Fall, müssten wir etwas ändern“, betont Papa Christian Geier. Bei der Ringelaierin ist es nicht – wie etwa bei Fußballerspielerin – damit abgetan, zum nächstgelegenen Sportplatz zu kommen und im Nachbarort zu trainieren. Seitdem sie dem Nationalkader angehört, ist sie richtig viel unterwegs. Trainingsort (fünf- bis sechsmal pro Woche) ist Bad Griesbach im Rottal, Turniere finden europaweit statt.
„Golf ist kein Mannschaftssport. Deshalb ist man eigentlich fast ausschließlich auf sich selbst gestellt“, erklärt Christian Geier. „Teilnahmegebühren, Reisen und Unterkünfte müssen wir alles selber bezahlen.“ Aus finanzieller Hinsicht eine risikoreiche Investition. Was, wenn Lena irgendwann wirklich keine Lust mehr hat? Was, wenn sie den Sprung in den Profibereich nicht schafft? „Darum geht es nicht“, macht der Vater deutlich. „Wir möchten, das Lena Spaß hat. Antrieb ist nicht, dass sie Profi wird.“ Der Weg zur hauptberuflichen Sportlerin ist ohnehin noch weit. Bis die 14-Jährige Geld mit ihrem Hobby verdient, fließt noch viel Wasser die Ilz Richtung Passau hinunter.
Nach dem Abi geht’s auf ein College in den USA
„Aber es ist durchaus realistisch“, sagt Christian Geier. „Sie ist auf einem guten Weg dahin.“ Resultate in der jüngsten Vergangenheit belegen seine Worte: Auch wenn Golfspielen eine sehr sensible Sportart ist – das nicht beeinflussbare Wetter, vor allem Wind und Regen, spielt eine große Rolle – , konnte die Gymnasiastin zuletzt konstant ihre Leistungen abrufen. Ihr derzeitiges Handicap liegt bei Minus 2,5. Sie ist amtierende Deutsche und Bayerische Meisterin in ihrer Alterklasse – und auch slowakische Landesbeste. Um einen internationalen Vergleich zu haben, hat sie an den offenen nationalen Meisterschaften in jenem osteuropäischen Land teilgenommen – und gewonnen!
Die Basis also geschaffen worden, Lena Geier hat bereits die ersten Sprossen der langen Karriereleiter erklommen. Angesprochen auf ihre Zukunft, verfolgt sie einen festen Plan: „Nach dem Abitur gehe ich auf ein College in die USA. Dort wird man bestens gefördert.“ Christian Geier unterstützt dieses Vorhaben. Ihm sind aber auch die damit verbundenen Herausforderungen bewusst. „Um richtig oben anzukommen, braucht Lena Unterstützung – in Form von Sponsoren, aber auch eines Managers, der ihr die richtigen Türen zeigt.“ Dass sie diese treffsicher durchschreiten kann, hat Lena Geier bereits mehrmals bewiesen. Ihre Zielsicherheit ist bekannt – auf und neben dem Golfplatz.
Helmut Weigerstorfer