Der Gemeinderat von Bayerisch Eisenstein hat den Austritt aus dem Tourismusverbund „Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald“ mehrheitlich beschlossen (da Hog’n berichtete). Die Gründe der Austrittsbefürworter für diesen Schritt erscheinen zunächst einmal schlüssig: Die Mitgliedschaft habe dem Grenzort zu wenig gebracht. Die FNBW habe zu wenig für die Gemeinde geleistet – im Verhältnis zu den wohl nicht unerheblichen Kosten. Das Personal, das in der Tourst-Info Bayerisch Eisenstein sitzt (und auch nach wie vor von der Gemeinde finanziert wird) sei zu sehr mit FNBW-spezifischen Aufgaben beschäftigt – und könne sich zu wenig um Eisensteiner Belange kümmern. Kurzum: Bayerisch Eisenstein ist in dem Konstrukt FNBW zu wenig präsent.

Offiziell ist Bayerisch Eisenstein aus der FNBW ausgetreten: Der Gemeinderatsbeschluss wurde bereits fristgerecht umgesetzt und der Vertrag mit dem Tourismusverbund zum Jahresende gekündigt. Ob ein mögliches Bürgerbegehren in einen Bürgerentscheid mündet und in der Grenzgemeinde doch noch zur Kehrtwende – sprich: Verbleib in der FNBW – führt, entscheidet sich am Montag, 15. Juli 2024. Foto: Hog’n-Archiv
Nun regt sich aber Widerstand: Ein Bürgerbegehren wurde initiiert, um den Verbleib der Gemeinde in der FNBW zu erreichen. Der Vorwurf der Initiatoren: Zu wenig Transparenz von Seiten der Entscheider, sprich: der Gemeinderäte. Die von dieser Entscheidung unmittelbar Betroffenen (in erster Linie Vermieter) seien im Vorfeld zu wenig gehört, geschweige denn informiert worden. Und es fehle – für den in sehr hohem Maße vom Tourismus abhängigen Grenzort – im Falle des Austrittes ein Alternativkonzept. Auch diese Argumente erscheinen schlüssig.
…weil man eben gerade nichts Anderes hat
Doch bei aller Argumentation sucht man auf Seiten der Austrittsgegner einen Punkt vergebens: „Der Verbleib Eisensteins soll erreicht werden, weil die Ferienregion für den Ort gute Arbeit leistet.“ Vereinfacht gesagt wirkt es so, als solle der Grenzort nur allein deshalb beim Tourismusverbund bleiben, weil man eben gerade nichts Anderes hat. Die nötigen Unterschriften für das Einreichen des Bürgerbegehrens wurden jedenfalls mittlerweile gesammelt. Am Montag, 15. Juli, entscheidet der Gemeinderat darüber, ob das Begehren zulässig ist und es zum Bürgerentscheid kommt.
Zwischendrin: Ein etwas trotzig wirkender Eisensteiner Bürgermeister, der zwar den demokratisch herbeigeführten Beschluss seines Ratsgremiums ausführt, aber diesen eigentlich “überhaupt nicht nachvollziehen kann”. Das ist freilich sein gutes Recht, letztlich ist es jedoch seine Aufgabe, aus dieser Entscheidung und den daraus resultierenden Folgen das Beste für den Ort zu machen. Momentan wirkt seine Reaktion Richtung Gemeinderat eher wie: „Jetzt macht ihr mal – ihr habt ja so entschieden!“
Und der eigentliche Protagonist, die FNBW, die vor Kurzem im großen Rahmen ihr zehnjähriges Bestehen feierte? Einst ambitioniert gestartet mit zwölf Gründungsmitgliedern, dann schnell erweitert um die Gemeinde Eppenschlag auf 13. 2022 dann der Ausstieg der Gemeinde Langdorf, wo das „FNBW-Projekt nie richtig Feuer gefangen hat“ (O-Ton Bürgermeister Michael Englram). Und nun verlässt – sofern ein möglicher Bürgerentscheid nichts Gegenteiliges bewirkt – also Bayerisch Eisenstein zum Jahreswechsel den Tourismusverbund.
„Wehe, wenn ihr auch austretet!“
Konnte man mit ein wenig Wohlwollen die Austrittsargumentation Langdorfs in der zu wenig vorhandenen Identifikation des Ortes mit dem Nationalpark noch verstehen (und seitens der FNBW-Verantwortlichen somit leichter wegstecken), ist der Austritt Eisensteins eine andere Hausnummer. Mit dem vorhandenen touristischen Angebot rund um den Großen Arber und aufgrund der Lage im Grenzgebiet des Nationalparks Bayerischer Wald sollte der Grenzort ein unerlässlicher Partner der FNBW sein – vom finanziellen Beitrag ganz zu schweigen.
Wer nun aber meint, die FNBW bemühe sich aufopfernd und nachhaltig darum, sein Gründungsmitglied doch noch halten zu können, sieht sich getäuscht: Lediglich eine (vermeintlich) umfangreiche Liste wurde seitens der Ferienregion an die Medien verschickt. Inhalt: „Folgen und Konsequenzen bei einem Austritt aus der FNBW“, im konkreten Fall der Gemeinde Bayerisch Eisenstein.
War die Intention vermutlich eine andere, liefert diese Liste jedoch nur wenig Gründe, die einen unbedingten Verbleib der Gemeinde im Tourismusverbund rechtfertigen würde. Sie wirkt eher wie ein verzweifelter Fingerzeig (Drohgebärde?) – zum einen in Richtung der Austrittsbefürworter im Eisensteiner Gemeinderat, zum anderen in Richtung der noch verbliebenen elf FNBW-Gemeinden. Motto: „Wehe, wenn ihr auch austretet!“ Das entscheidende Argument für den Verbleib im Tourismusverbund bleibt das Pamphlet jedoch schuldig.
Ein wenig Selbstreflexion wäre angebracht
Die Aussagen der FNBW-Verantwortlichen überschlagen sich nun geradezu hinsichtlich großen Unverständnisses über den Austritt. Eigenes Hinterfragen? Fehlanzeige! „Wir machen eh alles richtig – für die Unzufriedenheit der anderen können wir nichts”, scheint die Überzeugung zu lauten. Die gemeinsam geschaffene Struktur „funktioniert hervorragend“, das „Preis/Leistungsverhältnis“ sei unschlagbar. Die Schuld ist also einzig und allein bei der Gemeinderatsmehrheit in Bayerisch Eisenstein zu suchen? Hm…
Als durchaus gewagt kann man die Aussage von FNBW-Geschäftsführer Robert Kürzinger interpretieren, der da schlussfolgerte, die Entscheidung für den Austritt habe nichts mit der FNBW zu tun, sondern sei „vielmehr eine generelle Entscheidung gegen einen Verbund jeglicher Art“. Dies dürfte wohl bei den Entscheidungsträgern in Eisenstein zumindest für Verwunderung gesorgt haben – und nicht nur bei diesen. Natürlich darf und soll man die nachvollziehbare Enttäuschung ob so eines Entschlusses öffentlich äußern. Und natürlich war und ist auch nicht alles schlecht, was bis dato geschaffen wurde. Was die Entwicklung hinsichtlich der Mitgliederzahlen zeigt, war jedoch offensichtlich auch nicht alles so gut gelaufen, wie man sich’s vorstellt und gerne nach außen präsentiert.
Der FNBW würde es daher spätestens jetzt gut zu Gesicht stehen, ein wenig in sich zu gehen und Selbstreflexion zu betreiben – und nicht zu versuchen einen gewissen Schein auf Gedeih und Verderb zu wahren und beinahe mantrahaft nach außen zu kommunizieren, dass ohnehin alles Bestens sei. Darüber, dass das Thema Eisensteiner Austritt bei der jüngst stattgefundenen Jubiläumsfeier im „Haus zur Wildnis“ in Ludwigsthal mit keiner Silbe erwähnt, ja quasi tabuisiert wurde, darf sich jeder seine eigenen Gedanken machen.
Zu kurz und zu einfach gedacht
Dass touristische Einzelkämpfer auf lange Sicht keine Chance mehr haben werden und es nur noch in Verbünden klappt, kann wohl keiner bestreiten. Somit scheint vom Grundsatz her der eingeschlagene Weg kein verkehrter zu sein. Als alleiniges Hauptargument für eine Mitgliedschaft in der FNBW ist dies aber eben auf Dauer zu wenig.
Vielleicht sollte man sich nun dazu durchringen und im besten Falle erkennen, dass man an der ein oder anderen Stelle falsch abgebogen ist, man eventuell auf ein falsches Pferd gesetzt hat. Die Austritte Langdorfs und jetzt Bayerisch Eisensteins ausschließlich auf den fehlenden Weitblick der Entscheider im Gemeindegremium zurückzuführen, ist in jedem Falle zu kurz und zu einfach gedacht. Noch viel weniger rechtfertigen sie ein „Weiter so!“ der FNBW, was aus den Aussagen der Ferienregion-Verantwortlichen jedoch weiterhin rauszuhören ist…
Kommentar: Stephan Hörhammer
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