Ringelai. Trotz aller Euphorie gibt es dann doch ein Manko: Andreas Frisch ist „nur“ Pächter. Hätte der 58-Jährige gewusst, dass das Objekt im Zuge einer Zwangsversteigerung zum Verkauf stand, hätte er den Deal wohl auf diese Art und Weise fix gemacht. Doch Inhaberverhältnisse hin oder her: Seit 1. Mai ist der Perlesreuter Wirt im einstigen Landhotel Koller in Ringelai. Der Gastronom, der auch das Tennisstüberl Büchlberg betreibt, hat sich damit einen Traum erfüllt. Denn: Aus seiner Sicht verfügt das Wirtshaus über „unglaubliches Potenzial“.
„Wirtshaus“ ist dabei Andreas Frisch zufolge genau die richtige Begrifflichkeit. Aus dem „Landhotel Koller“ ist daher das „Wirtshaus zur Ohe“ geworden. „Wir wollen kein Schickimicki – deshalb Wirtshaus“, macht der neue Chef deutlich – und erklärt sogleich, was er darunter versteht: In den ortsprägenden Räumlichkeiten sollen Vereine ihre Feste feiern können, Stammtische sich heimisch fühlen, der Biergarten zum Verweilen einladen. Kurz: Jedermann darf es sich dort gutgehen lassen. Auch Wanderer, die beispielsweise über die Buchberger Leite entlang der Wolfsteiner Ohe in den Schmalzdobl marschiert sind. Deshalb: „zur Ohe“.
Frisch bietet „bayerisch-gemütliche Küche“ an
Die Ideen des gelernten Metzgers, der als Wirt seine Erfüllung gefunden hat, scheinen aufzugehen. „Das Zwischenfazit fällt gut aus“, blickt er auf die ersten zweieinhalb Monate als einer der wohl derzeit wichtigsten Männer im Ort zurück. Ein Leichenschmaus (landläufig: „Totensuppe“ genannt) wurde bereits bei ihm abgehalten. Der Sportverein kehrte schon bei ihm ein. Und – natürlich abhängig vom Wetter – auch Urlauber sind täglich vor Ort. Diverse Motto-Tage sollen künftig „als Verstärker“ dienen, erklärt Frisch. So kommt etwa der einmal im Monat stattfindende Frühstücks-Brunch bereits gut an.
„Da gibt’s Standard-Sachen wie Wurst, Käse und Marmelade genauso wie Sekt und Weißwürste“, berichtet der neue Betreiber. Alleine an dieser Aufzählung wird deutlich, welche Küche er insgesamt anbieten will: nämlich „bayerisch-gemütlich“, wie er es nennt. „Alle Mäuler“, so wünscht es sich der 58-Jährige, „sollen das bekommen, was sie wollen“: vom deliziösen Rinderbraten über ein resches Schweiners bis hin zu warmen Würstln für zwischendurch.
„Ich war sofort verliebt!“
Wieder erinnert der Perlesreuter in diesem Zusammenhang an den neuen Namen. „Ein Wirtshaus ist für alle da – das will ich so umsetzen.“ Und genau das hat er sich vorgestellt, als er sich das erste Mal intensiver mit dem „Koller“ beschäftigt hat. Seine Frau Daniela stammt aus Ringelai, weshalb das einstige Landhotel dem Ehepaar natürlich bekannt war. Welch Schmuckstück sich jedoch da in der Perlesreuter Straße befindet, wurde ihm erst klar, als er das Objekt genauer in Augenschein nahm. „Wir waren ohnehin auf der Suche. Und als ich in Facebook gesehen habe, dass ein Wirt gesucht wird, haben wir uns das Haus einfach mal angeschaut. Und was soll ich sagen? Ich war sofort verliebt!“
Etwaige Zweifel, dass es mit der Gemeinde als Vermieter eventuell kompliziert werden könnte, zerschlugen sich sofort. „Da ist immer jemand erreichbar, wenn man Hilfe braucht. Der Bauhof hat sofort die Lieferanten-Zufahrt gebaut. Und gemeinsam haben wir die Einrichtung etwas aufgewertet.“ Der Rest befand sich ohnehin in fast makellosem Zustand. Man hätte gemerkt, dass viel Herzblut in den Gasträumen steckt. „Die Kollers haben gelebt für dieses Wirtshaus. Deshalb tut es mir leid, dass sie ihr Lebenswerk verloren haben. Sie haben mich aber schon besucht und freuen sich mit mir.“
Außergewöhnlich: Kein Personalmangel!
Auch Andreas Frisch und seine Frau, die zwischen dem Tennisstüberl und dem Wirtshaus zur Ohe pendeln, brennen für ihre neue Aufgabe. Das ist offensichtlich. Ihre Euphorie, ihre Energie und ihre Einsatzbereitschaft übertragen sich, wie es scheint, auch auf das Personal. Denn – im Gegensatz zu anderen Gastronomen – hat der 58-Jährige kein Mitarbeiterproblem. „Die sind top“, fasst er kurz zusammen. „Da haben wir Glück gehabt. Meine Frau und ich fahren im August in den Urlaub. Das Wirtshaus bleibt dennoch offen, weil das Personal entschieden hat, es auf eigene Faust zu machen.“
Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Das gibt auch Andreas Frisch zu. „Derzeit leben wir vom Eröffnungsglücksgefühl“, sagt er und strahlt. Der Gastronom ist darum bemüht, diese Welle nicht abebben zu lassen. „Ich habe viele Ideen“, gibt er sich hintergründig, ohne zu viel verraten zu wollen.
Was hingegen feststeht: Auf seinen Vermieter, die Gemeinde Ringelai, könne er sich verlassen. Bürgermeisterin Carolin Pecho sichert volle Rückendeckung zu: „Wir sind sehr froh, mit Andreas Frisch und seiner Familie einen Wirt für das große Areal an der Wolfsteiner Ohe gefunden zu haben! Der Start ist sehr vielversprechend. Wir sehen uns als Partner für den neuen Wirt – zum Glück nicht als Kontrolleur. Unsere Vorstellungen haben wir im Vorfeld ausgetauscht und sie waren sehr ähnlich.“
Schul-Mensa als solider Grundstock
In absehbarer Zeit soll auch die Mensa der angrenzenden Grundschule im „Wirtshaus zur Ohe“ untergebracht werden. Bis zu 15 Kinder täglich wird Andreas Frisch dann bekochen. Ein solider Grundstock an Umsatz, den er nicht gehabt hätte, wäre es nicht zur Zusammenarbeit mit der Kommune gekommen. Dass der 58-Jährige „nur“ Pächter ist, scheint demnach doch von Vorteil und kein Manko zu sein…
Helmut Weigerstorfer
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