Langdorf. Vergangene Woche hat die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert – trotz des Austritts der Gemeinde Bayerisch Eisenstein aus dem Tourismusverbund (da Hog’n berichtete) will man bei der FNBW positiv nach vorne schauen. „In einer globalen Welt müssen wir unsere Energie bündeln – nur gemeinsam sind wir stark“, betonte Aufsichtsratsvorsitzender Alfons Schinabeck erst vor Kurzem wieder im Interview mit dem Onlinemagazin da Hog’n. Er und alle anderen FNBW-Verantwortlichen setzen ihre Hoffnungen darauf, dass das für den Verbleib Bayerisch Eisensteins in der Ferienregion von Seiten zweier Hoteliers initiierte Bürgerbegehren erfolgreich sein wird.
Patrick Pfeifer vom Waldhotel Seebachschleife und Josef Lausser vom Hotel Brunnenhof fürchten, da nach dem Austritt zum 1. Januar 2025 kein final ausgearbeitetes Alternativkonzept mit den entsprechenden Kosten vorliege, dass diese in Zukunft nicht abzuschätzen seien. „Zumal sich die Gemeinderäte im Voraus kein umfangreiches Bild bei den Betroffenen gemacht haben“, wie die beiden Initiatoren bekräftigen.
Erforderliches Unterschriften-Minimum erreicht
Am letzten Juni-Wochenende fanden in der Gemeinde Informationsveranstaltungen statt, „bei denen sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger über das Bürgerbegehren informierten und ihre Unterstützung bekundeten“, heißt es in einer Pressemittelung seitens der Hoteliers. Viele Anwesende hätten dabei die Gelegenheit genutzt, um ihre Besorgnis auszudrücken und mehr über die Vorteile einer Mitgliedschaft in der Tourismusorganisation zu erfahren. „Die Unterstützung zeigt, dass viele Menschen in Bayerisch Eisenstein die Bedeutung einer starken touristischen Vernetzung erkennen und das Vorgehen einiger Gemeinderäte nicht verstehen können.“
Mehr als 200 der insgesamt rund 840 wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger haben den Initiatoren zufolge den Antrag auf ein Bürgerbegehren binnen der ersten Woche unterzeichnet. Die erforderliche Mindestanzahl an Unterschriften, die bereits offiziell bei der Gemeindeverwaltung eingereicht wurden, ist somit erreicht. „Die Initiatoren hoffen nun auf eine baldige Entscheidung des Gemeinderats, die den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger entspricht und den Verbleib in der Tourismusorganisation sichert.“
Indes haben diejenigen Eisensteiner Gemeinderäte, die mit einer deutlichen 7:2-Mehrheit für den FNBW-Ausstritt stimmten, ihre Entscheidung öffentlich begründet. Sie bemängeln in erster Linie die fehlende Weisungsbefugnis der Gemeinde an die Mitarbeiter der Tourist-Information, die der FNBW unterstellt sind. Dieses und viele weitere Probleme seien seit Jahren immer wieder bei den Sitzungen besprochen und diskutiert worden, wodurch sich eine große Unzufriedenheit bei den Räten breit gemacht habe. Der Antrag sei daher keine spontane Entscheidung, sondern „ein langjähriger Prozess“ gewesen, wie der Tageszeitung zu entnehmen ist.
Austrittsgegner haben für „Panikstimmung“ gesorgt
Der Austrittsbeschluss habe den sieben Gemeinderäten zufolge für Geschäftsleiter Robert Kürzinger und Bürgermeister Michael Herzog nicht überraschend kommen können. Bei einer nicht-öffentlichen Sondersitzung im Februar seien die Probleme bereits protokolliert und aufgelistet worden. „Von der FNBW kamen hierzu nur unbefriedigende Antworten, die keine Lösungen aufzeigten – ein Entgegenkommen zu Verbesserungen für den Grenzort war leider abermals nicht zu erkennen.“
Der touristische Weg Bayerisch Eisensteins sei zudem nicht so erfolgreich verlaufen wie anfangs erhofft. „Die Eisensteiner Stärken und Alleinstellungsmerkmale wurden nicht berücksichtigt, weil der Schwerpunkt der Vermarktung im Kerngebiet des Nationalparks liegt“, kritisieren die Gemeinderatsmitglieder, de sich hier eine stärkere Identifikation mit dem Großen Arber und dem Arberland wünschen. Man solle nun die demokratische Entscheidung akzeptieren, sich auf die Zukunft des Grenzorts konzentrieren und die neue Gestaltungsfreiheit nutzen, die sich ab kommendem Jahr biete, so die Forderung der Austrittsbefürworter.
Zudem sei etwa nicht richtig – wie von Seiten der Austrittsgegner und der FNBW selbst betont -, dass es die Nationalpark-Card mit dem GUTI-Ticket im Zuge des Ausscheidens nicht mehr geben werde. Die Stadt Grafenau etwa sei nicht Mitglied der FNBW, stelle ihren Gästen jedoch dieses Angebot zur Verfügung. Ebenso wenig sei das Prädikat „Luftkurort“ mit der Ferienregion verknüpft und könne unabhängig vom Tourismusverbund erworben werden.
Die Austrittsgegner hätten für „Panikstimmung“ gesorgt, um betroffene Vermieter zu verunsichern, heißt es weiter von Seiten der Austrittsbefürworter, die in diesem Zuge auf die Gemeinde Langdorf verweisen, die im Januar 2022 aus der FNBW ausgetreten ist. „Dort funktioniert das touristische Tagesgeschäft trotzdem.“
Bürgermeister Englram: „Zahlen zeigen in eine gute Richtung“
Dass dem so ist, kann Langdorfs Bürgermeister Michael Englram bestätigen: „Nach meiner Einschätzung hat sich der Tourismus in den vergangenen Jahren in Langdorf durchaus positiv entwickelt“, teilt er auf Hog’n-Nachfrage mit. Die Arbeit des Tourismus- und Kulturbüros sei wieder sichtbarer (Organisation Kirwa Night, Kramperl-Show, Heimatabende, Kirchweihfest, Christkindlmarkt, usw.) geworden. Die Zahlen zeigen dem Rathaus-Chef zufolge „in eine gute Richtung“:
Übernachtungszahlen:
-
2017: 38.985
- 2018: 39.819
- 2019: 45.717
- 2020: 38.421
- 2021: 38.242
- 2022: 52.393
- 2023: 50.710
Gästeankünfte:
- 2017: 8.058
- 2018: 8.338
- 2019: 10.570
- 2020: 8.133
- 2021: 7.974
- 2022: 12.611
- 2023: 12.447
„Hier ist mir aber wichtig zu sagen, dass ich diese nicht zwangsläufig der Gemeinde zuschreibe, da von den Vermietern und Gastgebern gute Arbeit geleistet wurde“, betont Englram – und ergänzt: „Für uns ist weiterhin erkennbar, dass sich das Personal des Tourismus-Büros wieder besser in den Organisationsablauf im Rathaus eingliedern lässt.“ Des Weiteren wollten wir von ihm wissen:
Bürgermeister und Tourist-Info-Leiterin geben die Richtung vor
Hatten Sie damals für oder gegen den Ausstieg gestimmt? Und: Würden Sie heute erneut so abstimmen?
Ich habe damals für den Austritt gestimmt und würde heute genauso abstimmen.
Wer kümmert sich konkret um die touristischen Belange Langdorfs seit dem FNBW-Austritt? Wer gibt die touristische Schlagrichtung vor?
Im Langdorfer Tourismus-Büro sind zwei Mitarbeiterinnen in Teilzeit beschäftigt. Die verantwortliche Tourist-Info-Leiterin gibt in Abstimmung mit mir als Bürgermeister die Schlagrichtung vor.
Der Ausstieg Langdorfs wurde ja beschlossen, obwohl – so wurde dies damals in der Pressemitteilung geschildert – die Gäste- und Übernachtungszahlen in der Gemeinde unter FNBW-Ägide kontinuierlich gesteigert werden konnten. Der Hauptgrund für den Ausstieg damals habe aufgrund der Randlage Langdorfs mit der fehlenden Identifikation mit dem Nationalpark Bayerischer Wald zu tun gehabt. Ist das nicht etwas paradox: Man selbst scheint von der FNBW zu profitieren, wünscht sich aber mehr „Identifikationswert“?
Die Übernachtungszahlen lagen im Jahr 2014 bei 58.640, sanken aber daraufhin ein gutes Stück, da ein bestehendes Hotel in Langdorf zu einer Flüchtlingsunterkunft umgewandelt wurde. In den Jahren 2016 bis 2018 bewegten sich die Übernachtungszahlen zwischen circa 38.500 und 39.900. Die Steigerung im Jahr 2019 war meines Erachtens der Neueröffnung bzw. Bettenerweiterung eines Hotels zuzuschreiben, welches vorher nicht im Angebot war.
Ich stelle grundsätzlich nicht in Zweifel, dass ein Verbund wie die FNBW auch viele positive Aspekte mit sich bringt – in Langdorf hat das Projekt aber meiner Ansicht nach nie richtig Feuer gefangen. In Bezug auf den Nationalpark möchte ich es so formulieren: Für Gäste in Langdorf ist meines Erachtens nicht nur der Nationalpark Anziehungspunkt, sondern auch viele touristische Einrichtungen in der näheren Umgebung: Glasindustrie, Arbergebiet, usw.
„Erwartungen sind aus meiner Sicht eingetroffen“
Damals hieß es von Ihrer Seite, man wolle sich „aufgrund der räumlichen Nähe zu Bodenmais und der Arberregion dorthin orientieren und sehe das Potenzial gegeben, von diesen Tourismus-Destinationen auch infrastrukturell zu profitieren“. Sind diese Erwartungen eingetroffen?
Ja, diese Erwartungen sind aus meiner Sicht eingetroffen. Die Gemeinde Langdorf arbeitet im Rahmen der ILE Zellertal mit den Gemeinden Arnbruck, Drachselsried und Bodenmais zusammen. Im Rahmen dieser interkommunalen Zusammenarbeit wurde z.B. die gesamte Wanderwegeinfrastruktur gemeinsam mit Bodenmais neu ausgeschildert und ausgerichtet. Gemeinsam mit den Partnern der ILE Zellertal richtet man z.B. auch im kommenden Jahr den Deutschen Winterwandertag aus. Ganz allgemein verläuft die Zusammenarbeit auch mit den Tourismuskollegen in Bodenmais sehr unkompliziert. Wenn es sich anbietet, dann macht man was zusammen. Wenn nicht, dann eben nicht.
Konkret gefragt: Können Sie den aktuellen Ausstiegswunsch der Mehrheit der Mitglieder im Gemeinderat von Bayerisch Eisenstein nachvollziehen?
Ehrlicherweise kenne ich die Gegebenheiten in Bayerischen Eisenstein aktuell zu wenig, um mir ein Urteil bilden zu können. Ich bitte daher um Verständnis, dass ich auf diese Frage leider nicht konkret antworten kann und werde, weil ich mich zudem als Langdorfer Bürgermeister nicht in Dinge einer anderen Gemeinde einmischen möchte.
„Qualität der Gastgeber bringt Gäste in ihre Häuser“
Wohin geht die touristische Reise Langdorfs in den nächsten fünf, zehn Jahren?
Große Betriebe in der Gemeinde Langdorf investieren aktuell in großem Umfang in ihre Häuser, wie etwa das Musikhotel Tonihof oder das Wohlfühlhotel zur Post, sodass ich in den kommenden Jahren von guten und auch steigenden Tourismus-Zahlen für die Gemeinde Langdorf ausgehe. Die Qualität der Gastgeber bringt letztendlich Gäste in ihre Häuser. Wir als Gemeinde werden uns weiterhin darauf konzentrieren, die touristische Grundinfrastruktur vor Ort – Loipen, Wanderwege, Veranstaltungsorganisation, usw. – bestmöglich zu pflegen und zu unterhalten. Weiterhin wollen wir durch Investitionen in den Bereich Freizeit – Beispiel: Neubau Aussichtsturm Schöneck – darüber hinaus Akzente setzen.
Stephan Hörhammer