Arnbruck. Die Bäckerei Janich ist die letzte ihrer Art in der Zellertal-Gemeinde, die ihre Backwaren noch selbst herstellt – und damit nicht nur den Arnbruckern Gutes tut, sondern auch viele Hotels und Geschäfte in der Region beliefert. Andreas Janich, der „Beck“, führt das Geschäft zusammen mit seiner Mutter – der Vater verstarb 2017, zwei Jahre später übernahm der Junior den Betrieb – nun schon in dritter Generation. Denkt man an den Bäckerberuf, so kommt einem zumeist der recht ungemütliche Arbeitsbeginn mitten in der Nacht in den Sinn – was auch bei Bäckermeister Janich der Fall ist…
Gegen zwei Uhr früh steht er in der Regel auf und beginnt sein Tagwerk. „Das macht mir nichts aus, daran gewöhnt man sich“, stellt er nüchtern fest. „Ich mag meinen Beruf, denn ich produziere etwas, das man hinterher essen kann“, erklärt der sympathische Mann und lächelt. Einen Job, den er nicht missen möchte. „Krass“ wird es nur, wenn der allsommerliche Festbetrieb herrscht. „Einmal hab ich sieben Wochen lang sieben Tage durchgearbeitet – das war schon heftig“, erinnert er sich.
Autodidakt mit Support aus dem Amiland
Andi Janich beherrscht aber noch viel mehr als die hohe Kunst des Backens – er ist auch leidenschaftlicher Fotograf. Wie es zum zweiten beruflichen Standbein, das so gar nichts mit dem ursprünglich Erlernten zu tun hat, kam? „Angefangen hat das Ganze in Amerika – in Colorado Springs, um es genau zu verorten“, beginnt der 47-Jährige zu erzählen.
Dort nämlich wohnt die Tante seiner Frau Elke, der sie 2005 einen Besuch abstatteten. Ihr einstiger Schwiegersohn war Fotograf mit einer Vorliebe für Landschaftsfotografie. „Ich hatte damals nur meine kleine Digitalkamera dabei – und als ich ihm meine Fotos zum Vergleich gezeigt habe, reagierte er völlig baff, wie gut die Qualität doch sei – ganz ohne professionelle Ausstattung und nur ein paar Gramm Gewicht“, blickt Andreas Janich zurück.
Schnell fing er daraufhin fotografisches Feuer und begeisterte sich immer mehr für das Fach. Und schon bald ließ er seine kleine Digitalkamera daheim und legte sich eine professionelle Ausrüstung zu, deren Kniffe und Tricks er sich autodidaktisch beibrachte. Die helfende Hand aus Übersee war stets zur Seite – per Mail. „Wir haben jeden Tag geschrieben und John hat mir viele Tipps gegeben. Ich habe viel über die technischen Finessen der Kamera und das fotografische Auge von ihm gelernt.“
Das Haus der tausend (T)Räume
Die Fotografie-Passion baute er im wahrsten Wortsinn noch weiter aus – in Form eines höchst ungewöhnlichen Hauses. Allein schon die Fassade, die von großflächigen Fotos geziert wird, lässt Außergewöhnliches hinter den Mauern vermuten. 2013 kauften die Janichs das 1957 erbaute und in die Jahre gekommene Sechsfamilienhaus und verwandelten es peu à peu in das, was es heute ist: ein Gebäude voller unterschiedlicher Szenerien, Länder, Jahreszeiten und Feste.
Jedes der zwölf Zimmer (verteilt auf drei Etagen) präsentiert ein anderes Setting für Fotoshootings: So gibt es etwa ein Gefängnis, einen Halloween-Raum, den typisch amerikanischen Weihnachtskamin, das Zimmer ohne Tür, die Irish Bar, einen Raum im Stil von „Fifty Shades of Grey“ sowie das romantische (Schlaf-)Zimmer ganz in Weiß – mit weißen Tigern auf dem Bett. Es ist schier unglaublich, was Andi, sein Bruder Robert und Kumpel Mirko (gelernter Elektriker und auch sonst handwerklich sehr begabt) an Zeit, Arbeit und Ideen in dieses Objekt gesteckt haben. Einfach so – aus Spaß an der Sache, ganz ohne den Hintergedanken, sich hier ein großes Business aufzubauen.
Schnell wechselte der begabte Fotograf von der Landschafts- zur Model- und Actionfotografie, die er in seinem „Haus der tausend Räume“ perfekt ausleben kann. So fand im November 2013 etwa das legendäre „Mehl-Shooting“ statt. Dafür entfernte das Trio eigens eine Zimmerwand, damit das herumfliegende Mehl in dem somit vergrößerten Raum besser wirken konnte. Zimmer für Zimmer wurde nach und nach umgebaut – aus einem Haus, das dem Abriss geweiht war, entwickelte sich eines der wohl individuellsten überhaupt. Mit den erforderlichen Renovierungsarbeiten wurde es wieder bewohnbar gemacht – Andi und Ehefrau Elke sind dort nun im ersten Stock zuhause.
Impressionen aus dem „Haus der Träume“ mit seinen vielen Shooting-Räumen:
Andi Janich, der Mann für jede fotografische Gelegenheit
2015 öffneten die Hausherren schließlich erstmals ihre Pforten für die Allgemeinheit. Am Tag der offenen Tür rannten die Leute ihnen förmlich die Bude ein, so überwältigend war die Resonanz von rund 300 Besuchern, die endlich einen Blick in dieses geheimnisvolle Haus werfen konnten. Dazu wurde ein großes Fest mit Bewirtung und Bauchtänzerinnen gefeiert – ganz nach Andis Gusto, der Spaß, Menschen und Action liebt.
Und wie kommt der Fotograf nun an diejenigen Models, die sich von ihm in nicht ganz alltäglichen Posen ablichten lassen? „Ich habe noch nie wirklich Werbung gemacht, aber mein Ruf eilt mir anscheinend voraus – hoffentlich ein guter…“, antwortet der 47-Jährige und ergänzt: „Sie klopfen von selbst bei mir an, ich muss nicht nach Models Ausschau halten.“
Das Shooting läuft oftmals auf sogenannter TFP-Basis ab. TFP bedeutet „Time for Picture“. Das bedeutet, wie Andi Janich erklärt, „dass für Fotograf und Model keine Kosten entstehen, das heißt: Die Damen nehmen an teilweise sehr außergewöhnlichen Fotoshootings teil – und ich habe Models zur Verfügung, mit denen ich mich gemeinsam kreativ austoben kann. So profitiert jeder davon.“ Ergebnisse dieser Gemeinschaftsprojekte gibt es im gesamten Haus, teils sehr großflächig, zu bewundern.
An besonders spektakuläre Shootings erinnert sich der Allrounder gerne zurück, wie beispielsweise das sprichwörtliche Bett im Kornfeld, als die Clique ein Himmelbett auf den Mühlriegel transportierte und dort eine Dame entsprechend in Szene setzte. Genauso das „Eishaus“-Shooting, bei dem die Jungs ein Haus aus Schnee errichteten, vor dem sie dann die „Eiskönigin“ ablichteten. Mittlerweile könnte der versierte Fotograf einen eigenen Fotobildband herausgeben. Übrigens kann man sich bei ihm auch mal weniger actionreich und voll bekleidet fotografieren lassen: Er erstellt nämlich auch ganz gewöhnliche Passfotos.
Nur ein Hobby wäre (fast) zu langweilig
Ein zweites Hobby, dem der Arnbrucker mit großer Leidenschaft frönt, sind ferngesteuerte Autos. „Ein Autonarr war ich schon immer“, sagt er. Seitdem er selbst auf dem Fahrersitz Platz nehmen darf, reist er immer wieder zum legendären VW-Treffen am Wörthersee oder besucht die Tuning World Messe am Bodensee. 2010 hat er sich einen Scirocco gekauft und ihn tunen lassen. Dieser steht noch heute in Andis Garage.
Zur Auto-Begeisterung gesellte sich bald wiederum sein Fotografie-Faible hinzu. Rieger Tuning, eine bekannte Tuning-Firma aus Eggenfelden und ebenso regelmäßig auf der „Tuning World“ vertreten, gibt regelmäßig einen Kalender mit getunten Autos und dazu passenden, leicht bekleideten Damen heraus. Nachdem man sich bekannt gemacht hatte, bekam der Arnbrucker das Angebot, bei der Erstellung des Kalenders zu assistieren. Mittlerweile verbindet ihn und Geschäftsführer Anton Rieger eine Freundschaft.
Doch auch das Auto-Thema entpuppte sich für „Mr. Vielseitig“ noch als ausbaufähig, da es eine etwas verschüttet gegangene Leidenschaft in sich barg. „Schuld an allem war eigentlich meine Mama“, blickt Andreas Janich zurück, grinst und fügt hinzu: „Meine Nichten sollten zu Weihnachten ein ferngesteuertes Auto bekommen # und meine Mama beauftragte meinen Bruder und mich, es zu kaufen und zu testen, damit es dann auch funktionsfähig ist“, erinnert er sich mit einem Lachen. Beim Anschauen und Probieren kehrte bei den Brüdern der Spaß aus Kindheitstagen zurück – und schon holten sie die alten ferngesteuerten Autos vom Speicher. Eine neue (alte) Passion war (wieder)geboren.
Vor ein paar Jahren erreichte bei den Brüdern der Autospaß dann ein neues Level: Über ebay hatten sie einen Händler aus Augsburg kennengelernt, der Produktfotos von seinen ferngesteuerten Fahrzeugen für den Onlineshop benötigte. Der Waidler bot sein Foto-Know-how an – und die Zusammenarbeit nahm seinen Lauf. Und so ganz nebenbei – ähnlich wie bei den Fotozimmern zuhause in Arnbruck – baute sich Andreas Janich nach und nach eine eigene (und inzwischen überaus beachtliche) Sammlung an RC-Fahrzeugen auf, die er ebenfalls in seinem „Fotohaus“ präsentiert.
Spannender Blick in Andi Janichs RC-Auto-Sammlung:
Für alle, die es nicht wissen: RC bedeutet „Radio Control“, also kurzum die Bezeichnung für ferngesteuerte Autos. Die umfangreiche Kollektion – vom Baywatch-Pickup-Truck bis hin zum Back-to-the-Future-Mobil, von Sportwägen, Geländewägen, SUVs, Baufahrzeugen bis hin zu Schiffen – lassen wohl jedes RC-Sammlerherz höherschlagen. Viele Autos sind auch von Andi selbst zusammengebaut worden. Die Einzelteile bestellt er online, dann kommt der professionelle Lackierer für das perfekte Abbild des Originals ins Spiel – eben nur um ein paar Nummern kleiner.
Videos bei YouTube
Und weil die Jungs wieder so viel Spaß an der Sache hatten und noch viel mehr Menschen daran teilhaben lassen wollten, startete das Trio im Februar 2022 einen eigenen YouTube-Kanal: RC-Freunde Bayerwald. Neues, Witziges, Wissenswertes und Interessantes rund um die ferngesteuerten Flitzer präsentieren die Zellertaler dort: Infotainment par excellence. Mittlerweile gibt es ungefähr 200 Videos, meist wird Freitag, Sonntag und Dienstag gesendet. Das erste Video wurde auf dem Arbergipfel gedreht.
Und wenn die Clique nicht gerade im Gelände unterwegs ist, haben sie das Gelände eben im Haus. Es gibt ein großflächiges, wie immer selbst gebautes Offroad-Setting, in dem die Autos fahren und für die Videos in Szene gesetzt werden können. Besonders dramatisch ist die brennende Brücke, die die RC-Mobile überqueren müssen. Sehr beliebt in der Community ist auch das so genannte Unboxing, sprich: Ein brandneues Auto wird vor laufender Kamera ausgepackt, getestet, inspiziert und kommentiert. Die mittlerweile fast 7.500 Abonnenten lieben es.
Grandios sind auch die RC-Treffen, wenn die vielen Fans beispielsweise mit ihren Fahrzeugen den Kaitersberg hinauffahren. „Wir sind 120 Mitglieder in der WhatsApp-Gruppe. Da gibt’s immer Leute, die für ein bestimmtes Projekt zu haben sind“, berichtet Andi.
Oder auch die „RC-School“ am ersten Schultag, wenn der Einstieg ins RC-Hobby oder die Funktionsweise der Autos im Grundsatz erklärt werden. Als Kulisse dient – wie könnte es anders sein – eine Retroschule im Hause Janich. Ganz „old school“, versteht sich.
Sozial eingestellt sind die RC-Freunde obendrein: Immer wieder gibt es eine Spendenübergabe an örtliche Hilfsorganisationen wie die Kinderkrebshilfe oder den Tierschutz. Einnahmen über YouTube oder durch den Verkauf bzw. die Verlosung von Autos werden gestiftet. Dafür hat man sogar ein separates PayPal-Spendenkonto eingerichtet.
Shakehands mit den Promis
Mittlerweile ist YouTuber Andreas Janich – und man möchte ihn schon als RC-Influencer bezeichnen – wahrlich kein Unbekannter mehr in der Szene. So versteht es sich fast von selbst, dass man Promis trifft und sich mit ihnen mitunter anfreundet. „Johnny Hand“ ist mit 1,3 Millionen Abonnenten der YouTuber in der RC-Szene – einer, der es geschafft hat, prächtig vom Onlinebusiness zu leben. Mit bürgerlichem Namen heißt er übrigens Michael Schwarz und lebt in Tschechien.
Wie es zu dieser Freundschaft kam? „Ich habe Johnny irgendwann einmal Fotos von meiner Sammlung und unsere Videos geschickt – scheinbar war er nicht ganz unbeeindruckt“, erinnert sich der Arnbrucker. „Er hat dann schließlich angefragt, ob er meine Sammlung für seinen Account posten dürfe, was die RC-Freunde natürlich total gepusht hat“, freut sich der Bäckermeister noch heute.
Mit RC-YouTuber „Johnny Hand“ sind die Bayerwäldler RC-Freunde auf Du und Du:
Doch nicht nur die RC-Szene trifft sich im Hause Janich, auch Kabarettist Fonse Doppelhammer aus Straubing ist mittlerweile ein guter Freund, der immer wieder mal in der Zellertal-Gemeinde vorbeischaut. Für seinen Kanal dreht er oft Thekenwitze in der Janich’schen Irish Bar. Der erste Kontakt kam damals zustande, als Doppelhammer bei Andi und Robert anfragte, ob sie bei seinem Auftritt in Drachselsried Fotos machen könnten, was am Ende auch umgesetzt wurde. Seitdem ist man befreundet.
Eine prominente Dame, die mittlerweile ebenfalls als gute Bekannte der Janichs gilt, ist Kenzie Dysli, Schweizer Pferdetrainerin, Showreiterin und Schauspielerin, deren Rappe in den Ostwind-Filmen eine Hauptrolle spielte. Sie selbst ist auch in verschiedenen Filmen zu sehen, in denen ihre Pferde mit von der Partie sind. Dysli ist ein Star der Pferdeszene und mit ihren Workshops weltweit gefragt. Dass sie nach Arnbruck reiste, um sich von Andreas in aufwändiger Kulisse ablichten zu lassen, ist für ihn etwas sehr Besonders. Das Foto ziert heute die Garagentür seines Hauses. Kenzie und ihre Familie betreiben in Andalusien eine Pferderanch, auf der Andi und seine Frau bereits Urlaub gemacht haben.
Die Ideen gehen nicht so schnell aus…
Fotografie, Fotohaus, ferngesteuerte Fahrzeuge – was umtriebige Menschen wie Andreas Janich neben ihrem Vollzeitjob auf die Beine stellen, ist überaus beachtlich. Und vermutlich liegt genau darin die Motivation begründet, sich nach bzw. neben dem Beruf seinen freizeitlichen Leidenschaften zu widmen – und darin voll und ganz aufzugehen. Die Ideen für neue Projekte werden im Hause Janich wohl nicht so schnell versiegen…
Melanie Zitzelsberger