Lindberg/Bischofsreut. Am Montag hatten sich die Medien regelrecht überschlagen. Die Lokalzeitung titelte: „Sensationeller Kreuzotterfund im Bayerwald“. Und auch der BR sprang sogleich auf diesen Zug auf. Basis der Berichterstattung war eine Mitteilung der „Heinz Sielmann Stiftung“, dass in der Gemeinde Lindberg „gleich sieben sich sonnende Kreuzottermännchen (Vipera berus)“ gesichtet werden konnten. Eine Schlange, die vom Aussterben bedroht ist, wie immer wieder zu lesen ist. Auch für Martin Zellner ist diese Nachricht „besonders.“ Er beschwichtigt jedoch: „Sensationell ist sie nicht.“

Manche ekeln sich, manche haben Angst, manche sind euphorisiert: Kreuzottern gehören zum natürlichen, jedoch gefährdeten Tierbestand des Bayerischen Waldes. Fotos: Waldhufen Bischofsreut
Der 55-Jährige ist der Kopf der Bischofsreuter Waldhufen, die sich in der Gemeinde Haidmühle darum kümmern, dass die Lebensräume von Reptilien erhalten bleiben. „Wir legen immer wieder sogenannte Steinriegel offen und pflegen Feuchtwiesen“, berichtet Zellner vom Alltag des Naturprojekts, das sich dem Erhalt der Kulturlandschaft und der darin lebenden seltenen Tier- und Pflanzenarten verschrieben hat. Er und seine Mitstreiter helfen aber auch in Zusammenarbeit mit der örtlichen Feuerwehr, wenn etwa Schlangen in Wohnräume eindringen und es somit zu Notfällen kommt. Die Jugendfeuerwehr’ler Maxi Herbst und Jakob Zellner gehören u.a. zu den Experten der freiwilligen Helfer (da Hog’n berichtete).
Kreuzottern im „hohen zweistelligen Bereich“ entdeckt
Zuletzt war auch der neugegründete Verein „Vipera“ zu Gast in Bischofsreut und Umgebung. „Zusammen haben wir rund 1.000 Hektar Freifläche, entstanden durch Borkenkäfer-Befall und Sturm-Ereignisse, auf der Suche nach Schlangen durchkämmt“, schildert Zellner etwaige Exkursionen Mitte Mai. Allein bei dieser Aktion hätte man dem Naturschützer zufolge Kreuzottern im „hohen zweistelligen Bereich gefunden – die genaue Zahl möchten wir nicht bekannt geben, um die Bevölkerung nicht zu verängstigen“. Gleichzeitig betont der Bischofsreuter, dass Kreuzottern zwar giftig, aber nicht lebensgefährlich sind. Wer eine „Vipera berus“ entdeckt, brauche deshalb nicht in Panik geraten. Ruhe sei hier angesagt – und im Fall der Fälle solle man die Feuerwehr kontaktieren.
Alle diese Bilder von Kreuzottern haben die Waldhufen 2024 aufgenommen (Fotos: Markus Grünzinger – Ilka Weber – Waldhufen)
Insgesamt stellt Martin Zellner für das Waldhufen-Gebiet fest, dass sich die Landschaftspflegemaßnahmen positiv auswirken: „Bei uns ist das Kreuzotter-Aufkommen großflächig gut.“ Dass diese Schlangenart also vom Aussterben bedroht sei, trifft aus Sicht des 55-Jährigen (nicht mehr) zu – zumindest nicht im Bayerischen Wald. Die Population hätte sich in den vergangenen Jahren sehr erfreulich entwickelt. „Und das ist aus meiner Sicht die Hauptmeldung, die Sensation, wenn man so will.“
Nationalpark: „Bestätigt unseren Eindruck“
Annette Nigl, Sprecherin des Nationalparks Bayerischer Wald, zum Kreuzotterfund bei Lindberg: „Diese Meldung freut uns und bestätigt unseren Eindruck, dass der Innere Bayerische Wald, zu dem auch der Nationalpark Bayerischer Wald gehört, einen extrem wichtigen Lebensraum für Kreuzottern darstellt. Noch ein Hinweis: Bei dem Jörg Müller, der in der Pressemitteilung der Sielmann-Stiftung genannt wird, handelt es sich nicht um unseren Forschungschef Prof. Jörg Müller.“
Helmut Weigerstorfer
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–> Hier geht’s zur genannten Pressemitteilung der „Hans Sielmann Stiftung“ (einfach klicken)