Bayerisch Eisenstein. Das Abstimmungsergebnis ist „überraschend deutlich mit 7:2“ ausgefallen – und hinterlässt einen auch noch am Dienstagvormittag deutlich hörbar geknickten Bürgermeister Michael Herzog. Am Abend zuvor hatte der Gemeinderat von Bayerisch Eisenstein den Austritt der Kommune aus der Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald (FNBW) zum Jahr 2025 mehrheitlich beschlossen. „Ich war nicht dafür“, macht der CSU-Politiker deutlich. „Aber ich muss damit leben.“
„Letztendlich war der Tenor, dass die FNBW zu wenig für den Tourismus in Eisenstein gemacht hat“, blickt Herzog auf die entsprechende Diskussion, die es im Gremium schon länger gegeben und mit der jüngsten Abstimmung nun ein Ende gefunden hat, zurück. Hog’n-Informationen zufolge wurde das Thema in der Sitzung teils sehr hitzig diskutiert, vor allem die derzeitige FNBW-Geschäftsführung sei mehr als deutlich kritisiert worden. Bürgermeister Herzog sieht das nicht so: „Ich bin der Meinung, dass die FNBW gut organisiert ist – und wir in diesem Zusammenschluss gut aufgehoben gewesen wären.“
„Tourismusarbeit in Eisenstein auf Null gesetzt“
Die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald in Person von Aufsichtsratsvorsitzenden Alfons Schinaback (Bürgermeister der Gemeinde Neuschönau) und Geschäftsführer Robert Kürzinger wollte sich am Dienstag zunächst nicht gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n zum Austritt der Grenzkommune äußern. Beide verwiesen auf eine gemeinsame Pressemitteilung, die etwas später die Redaktion erreichte. Darin ist zu lesen, dass Schinabeck und Kürzinger bereits in der vergangenen Woche dem Tourismusausschuss „Rede und Antwort“ gestanden haben. Auch am Montagabend sei das Führungsduo vor Ort gewesen.
„Leider war im Antrag zu dieser wichtigen Entscheidung vermerkt, dass keine Diskussionen zugelassen werden. Somit wurde uns gestern keine Möglichkeit geben, uns vor dem Gremium zu äußern“, lässt sich Alfons Schinabeck zitieren. Robert Kürzinger schließt sich an: „Die Entscheidung wurde demokratisch getroffen. Daher muss ich diese auch akzeptieren, obwohl ich sie in keinster Weise nachvollziehen kann. Der Wunsch auf Abstimmung kam überraschend und zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt.“ Der FNBW-Geschäftsführer ist überzeugt. „Dieser Beschluss schwächt die gesamte Region Bayerischer Wald, die Firma, aber vor allem den Grenzort Bayerisch Eisenstein. Der Gemeinderat hat damit die Tourismusarbeit in Eisenstein zum Jahresbeginn 2025 auf Null gesetzt.“
Steigende Übernachtungszahlen, mehr Ankünfte
Weiter führt der Touristiker aus, dass es für die Entscheidung weder eine wirtschaftliche noch eine sonstige nachvollziehbare Begründung gäbe. In den vergangenen Jahren hätte sich Bayerisch Eisenstein in touristischer Hinsicht ihm zufolge „wunderbar“ entwickelt. Die Übernachtungszahlen in Bayerisch Eisenstein wuchsen laut Mitteilung im Jahr 2023 um zwei Prozent an, die Zahl der Gästeankünfte um neun Prozent im Vergleich zu 2022. Auch in diesem Jahr seien die Übernachtungszahlen im Zeitraum Januar bis Mai im Vergleich zu 2023 um neun Prozent, die der Ankünfte um knapp 15 Prozent gestiegen. Damit einher gehe die Steigerung der gemeindlichen Einnahmen durch die Erhöhung des Kurbeitrags im letzten Jahr.
„Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort und in der Ferienregion leisten hervorragende Arbeit. Viele Orte im Bayerischen Wald hatten in der ersten Jahreshälfte einen massiven Einbruch der Übernachtungszahlen zu verzeichnen, was sicher den derzeit schwierigen Rahmenbedingungen geschuldet ist“, schildert Kürzinger die aktuelle Situation.
Die Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald befinde sich der Presseinformationen zufolge gerade in einem Restrukturierungsprozess. In dessen Rahmen werde der Verein und die GmbH verschmolzen, was eine „große buchhalterische und verwaltungstechnische Entlastung“ zur Folge habe. „In den zahlreichen Sitzungen und Besprechungen zu diesem Prozess war auch der Bürgermeister von Bayerisch Eisenstein, Michael Herzog, involviert und hat aktiv an unserer gemeinsamen Firma mitgearbeitet, dafür möchten wir ihm an dieser Stelle auch unseren Dank aussprechen“, gibt Alfons Schinabeck zu Protokoll.
Touristische Zukunft von Bayerische Eisenstein offen
Robert Kürzinger beteuert, „dass die Entscheidung für den Austritt sehr unglücklich ist“. Er persönlich sei sehr oft und sehr lange in den Sitzungen des Tourismusausschusses und des Gemeinderates gewesen und habe Rede und Antwort gestanden. Ebenso hätten einige Gemeinderäte aus Bayerisch Eisenstein immer wieder Informationen angefordert und diese auch erhalten.
Auch wenn gerade die Enttäuschung überwiege, will man bei der FNBW den Blick nach vorne richten. „Wir werden gemeinsam mit dem Aufsichtsrat die Restrukturierung der Firma Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald GmbH mit Hochdruck vorantreiben“, sagt Kürzinger. Und Aufsichtsratsvoritzender Schinabeck ergänzt: „Die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden bei solchen Entscheidungen ist richtig und wichtig. Die allgemeine Kostensituation der Gemeinden wird aber zunehmend immer schwieriger. Ein einzelner Ort kann niemals die Sichtbarkeit einer ganzen Region bekommen.“
Bürgermeister Michael Herzog müsse nun den demokratischen Auftrag, den er erhalten habe, umsetzen. Wie genau sich Bayerisch Eisenstein künftig – also ab 1. Januar 2025 – touristisch aufstellen wird, steht ihm zufolge noch in den Sternen. „Ich muss damit leben, Alternativen finden zu müssen – auch wenn mich der Gemeinderat dazu noch nicht beauftragt hat.“
Helmut Weigerstorfer