Freyung. Dass die Erhebung des Ortes Freyung zur Stadt kein Geschenk war, „sondern der Lohn für eine mutige und weitsichtige Kommunalpolitik“, hat Kreisheimatpfleger Gerhard Ruhland bereits geschildert (da Hog’n berichtete). Nun beleuchtet er den „Staatsakt“ selbst, der am 27. Juni 1954 über die Bühne ging – mit einer großen Feier und vielen Ehrengästen.
Der damalige Freyunger Bürgermeister Ludwig Heydn dürfte im Vorfeld der Stadterhebungsfeier ganz schön nervös gewesen sein. Schließlich sollte nichts schiefgehen bei der Verleihungszeremonie. Fettnäpfchen gab es da genug, z.B. wenn man bei der Begrüßung der Ehrengäste jemanden vergaß…
„Amerikaner begrüßen“
Das wusste auch Ludwig Heydn. Darum stützte er sich bei der Begrüßung der Gäste auch auf eine schriftlich fixierte Liste (siehe unten). Dabei schien ihm erst sehr spät aufgefallen zu sein, dass auch amerikanische Ehrengäste zu begrüßen waren.
Schließlich war Freyung unmittelbar nach dem Krieg einer amerikanischen Militärregierung unterstellt gewesen. Dass Ludwig Heydn sich dieser Pflicht erst in letzter Sekunde bewusst wurde, verrät das Originalmanuskript seiner Begrüßungsrede am Tag der Stadterhebungsfeier. Da ergänzte Ludwig Heydn vor dem eigentlichen Redetext handschriftlich noch den Vermerk „Amerikaner begrüßen“.
Auch als Redner selbst wollte er Fehler vermeiden. Zwar wies seine Dankesrede umfangmäßig eine eher bescheidene Dimension auf, aber auch bei kurzen Texten sollte man auf rhetorische Details achten. Aus diesem Grund markierte er sich in seinem Manuskript jede noch so winzige Redepause in dem Text durch Schrägstriche. Dass sich Ludwig Heydn auf kurze Redebeiträge beschränkte, liegt sicher daran, dass es mehrere Festredner gab, die das Ereignis der Stadterhebung gebührend und ausführlich würdigten.
Die offizielle Zeremonie
Innenminister Dr. Wilhelm Hoegner überreichte Bürgermeister Ludwig Heydn feierlich die Urkunde der Stadterhebung. Leider ist diese Urkunde später offensichtlich verloren gegangen. Die Patenschaft der Stadterhebung Freyungs hatte die Stadt Passau übernommen. Der Passauer Oberbürgermeister Dr. Billinger überbrachte als Geschenk ein Ölgemälde der Dreiflüssestadt sowie eine Amtskette für den Bürgermeister.
Impulse für die Erforschung der Heimatgeschichte
Die bevorstehende Stadterhebung veranlasste im Jahr 1953 drei heimatkundlich Interessierte, sich zusammenzutun, um die Geschichte Freyungs gebührend zur Geltung zu bringen. Hauptlehrer Karl Aschenbrenner, Facharzt Dr. Fritz Lang und Mittelschuldirektor Anton Neubauer wollten gemeinsam einen Festzug organisieren und ein Festspiel gestalten. Zudem setzten sie sich das Ziel, eine Festschrift zu verfassen.
Die Anstrengungen lohnten sich: Im Jahr 1954 erarbeiteten die drei Initiatoren und einige weitere historisch versierte Mitarbeiter ein bemerkenswertes Heimatbuch. Man wählte hierfür den Titel „800 Jahre Freyung“. Leider entspricht der Titel nicht ganz der historischen Realität, aber das Büchlein als solches ist sehr lesenswert. Es enthält viele interessante Details und es spiegelt die Situation Freyungs im Jahre 1954 anschaulich wider. Zum Beispiel eruierte Dr. Fritz Lang für seinen Beitrag „Wirtschaftsleben der Stadt Freyung einst und jetzt“ sehr akribisch die wirtschaftliche Infrastruktur Freyungs im Jahr 1954.
Das von Anton Neubauer verfasste Festspiel „Die Freyung“ wurde im Rahmen der Feierlichkeiten zur Stadterhebung vor dem Schloss Wolfstein aufgeführt. Die engagierten Heimatkundler gestalteten im Juni 1954 auch eine heimatgeschichtliche Ausstellung in der Stadthalle Freyung, die auf großes Interesse stieß.
Letztlich stellte die Stadterhebung Freyungs einen wichtigen Impuls dar, sich mit der Heimatgeschichte intensiver zu beschäftigen. Der Erfolg der Ausstellung ermutigte die Initiatoren, die Vision eines Wolfsteiner Heimatmuseums zu entwickeln. Und man bündelte die Interessen der Geschichtsinteressierten durch die Gründung des „Heimatkundlichen Arbeitskreises“, der noch im Jahr 1954 realisiert wurde. Dieser leistete in den nächsten Jahrzehnten wertvolle Arbeit. Er bestand bis 1982.
Erfolgreiche Bilanz der Stadterhebung
Die angestrebten Ziele der Stadterhebung wurden erreicht: Der Aufschwung der Stadt Freyung setzte sich fort. Der Imagegewinn durch die Aufwertung zur Stadt förderte die Umsetzung von Großprojekten in den nächsten Jahrzehnten. So wird Freyung im Jahr 1960 Garnisonsstadt, neue Schulen werden errichtet, z.B. das Gymnasium.
Vor allem profitierte die Fremdenverkehrsindustrie von dem neuen Status als Stadt. Insgesamt wird durch die Stadterhebung Freyungs der gesamte Bereich Unterer Bayerischer Wald aufgewertet. Im Jahr 1972 bekommt auch das aufstrebende Waldkirchen den Status Stadt zugestanden. Und damit wird – zusammen mit Grafenau, das bereits seit 1376 das Stadtrecht besaß – jene Drei-Städte-Achse etabliert, die bis heute unsere Region prägt.
Gerhard Ruhland
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Rede von Bürgermeister Heydn anlässlich der Stadterhebung
„Hochverehrte Gäste aus nah und fern, meine lieben Freyunger Bürger!
Seit seinem mehr als 8oo-jährigen Bestand hat unser liebes Freyung kaum einen denkwürdigeren Tag erlebt als den heutigen, an dem wir seine Erhebung zur Stadt feierlich begehen. In dieser denkwürdigen Stunde begrüße ich auf das herzlichste
den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Staatsminister des Innern, Herrn Dr. Hoegner, den Dompropst Hochwürdigen Herrn Dr. Riemer, den Regierungspräsidenten von Niederbayern, Hern Dr. Ullrich, den Herr Oberbürgermeister der Patenstadt Passau, Dr. Billinger, den Präsidenten der Oberpostdirektion Regensburg, Herrn Dr. Geyer, den Herrn Verwaltungsgerichtsdirektor Neu aus Regensburg, die Herrn Abgeordneten Schuster und Biton, die Herrn Landräte, die Herrn Bürgermeister, die Hern Kreisräte, Stadträte und Gemeinderäte, die Leiter der Ämter und Behörden, die Vereine und Vereinigungen, die Presse und alle erschienenen Festgäste.
Nun bitte ich Herrn Staatsminister, den Staatsakt vorzunehmen.
Es ist mir ein Herzensbedürfnis, Ihnen, verehrter Herr Staatsminister, für die große Ehre, die Sie unserem lieben Freyung durch die Ernennung zur Stadt und durch Ihre wohlwollenden Worte zuteil werden ließen, den herzlichsten Dank auszusprechen. Für die dargebrachten Glückwunschansprachen danke ich ebenfalls dem Herrn Regierungspräsidenten, dem Herrn Landrat und ganz besonders dem Herrn Oberbürgermeister unserer Patenstadt Passau.
Wir Freyunger mit dem Stadtrat an der Spitze sind uns der historischen Tragweite des heutigen Tages voll bewusst und sehen in unserer Stadterhebung nicht nur eine Ehre allein, sondern auch eine Verpflichtung, für das Wohl unserer jungen Stadt alle Kräfte einzusetzen, auf das es wachse, blühe und gedeihe.“