Wollaberg. Sie liegt hoch am Berg im Unteren Bayerischen Wald, auf 760 Meter Seehöhe – und grüßt von Weitem über das hügelige Land vor dem Dreisesselkamm. Die Rede ist von der Wallfahrtskirche Wollaberg, die mit ihrem Längsschiff auf einer inselhaften Anhöhe thront und zum Pfarrverband Jandelsbrunn gehört. Die plausibelste Namensdeutung erkennt man wohl in der Erklärung von „wallern“, was so viel heißt wie „wallfahren“. Seit dem Jahr 1591 weiß man aus Aufzeichnungen von Wallfahrten, die an den „Wallenperg“ führten.
Die Vorgängerbauten der heutigen Kirche siedelt man im 12. Jahrhundert an. Eine Zeit, in der am Wollaberg noch eine Wehranlage stand. 1458 drangen vom Passauer Bischof gesandte Truppen in böhmische Gebiete ein und verwüsteten dort Dörfer. Im Gegenzug überfielen jenseitige Soldaten ihr Nachbarland und eroberten dabei auch Wollaberg. In einer amtlichen Rechnung von 1472 findet sich der Vermerk, dass „sich die Peheim [Böhmen] auf dem Wollersperk“ festgesetzt hätten.
Die „Ägidius“-Glocke: Ein Geschenk von Maria Theresia?
Ein urkundlicher Hinweis aus dem 16. Jahrhundert verweist auf die erste Pfarrei. Im Pestjahr 1650 brannte das Gotteshaus nach Brandstiftung im Nebenhaus bis auf die Grundmauern nieder. Fünf Jahre später wurde es im spätgotischen Stil wieder aufgebaut. Aus der Zeit um 1670 stammt die von Richter Adam Göschl gestiftete und reich verzierte Ägidius-Glocke, die heute noch ihren Dienst versieht. Fälschlicherweise wurde sie als ein Geschenk Maria Theresias betrachtet und wird deshalb auch heute noch nach ihr benannt.
Nach Bittgesuchen erhielten die Gläubigen im Jahr 1751 eine Expositur als „Außenstelle“ von Waldkirchen. 1765 erwarb Fürstbischof Leopold Ernst Graf von Firmian von Passau das Gebiet. 1844 wurde das marode gewordene Bauwerk neu nach Plänen von Leonhard Schmidtner auf den spätgotischen Grundmauern errichtet.
„Gelungenes Gemeinschaftswerk“
Besonders stolz ist man heute darauf, bei der umfangreichen Sanierung von Außenfassaden und Innenraum um das Jahr 2000 herum, den neugotischen Stil aus dieser Zeit wieder zu neuem Leben erweckt zu haben – nach Übermalungen in den 1930er und 1970er Jahren und entgegen den ursprünglichen Plänen von Seiten der Diözese, die auf eine starke „Moderne“ setzte.
Kirchenpfleger Anton Heß spricht überzeugt „von einem gelungenen Gemeinschaftswerk“. Er berichtet von einer Zeit, in der man Gotteshäuser regelrecht ausplünderte. So wurden in Wollaberg der hochwertig geschnitzte Predigtstuhl und das hölzerne Speisgitter entfernt. „Wir wollten diesem Tun Einhalt gebieten und den Innenraum der Kirche wieder zurückführen, wie er vormals war.“ Aufgeschlossene Leute wie Pfarrer Christopher Fuchs, Kämmerer Ludwig Jakob und Bürgermeister Johann Wegerbauer von Jandelsbrunn standen dem Projekt der Kirchenrenovierung wohlwollend gegenüber.
Jüngste Renovierung im Jahr 2021
Es ist Restaurator Johann Kallinger aus Vilshofen zu verdanken, dass Formen und Farbtöne nach alten Vorbildern wiederhergestellt werden konnten. Zurückhaltend, fein aufeinander abgestimmt und harmonisch in den Raum gefügt. Die ausgewogene Gestaltung der Kassettendecke ist ein schönes Exempel dafür. Ins Auge fallen die Verzierungen der Mauerbögen, sie präsentieren sich in beruhigender Optik, ästhetisch wie Klöppelmuster, feinlinig dekorativ.
Der alte Kreuzweg, seit 1970 abgenommen, wurde 30 Jahre später mit Patina genauso aufgefrischt wie der gotische Altar an der Frontseite. Dazu kam die Verschönerung der plastischen Figuren der „Heiligsten Dreifaltigkeit“ im rechten Seitenschiff. Erst jüngst, im Jahr 2021, wurden das Mauerwerk des Kirchturms aufgebessert, sowie Kugel und Kreuz an der Spitze neu vergoldet.
Der jetzige Pfarrer Christian Hektor sieht in Wollaberg „die Mutter der umliegenden Pfarreien, die Kirche bietet Pilgern im neuen Gewand willkommene Einkehr, um Anliegen, Sorgen, Nöte und Freuden vor Maria zu bringen oder in Stille innezuhalten“. Seit alter Zeit war Wollaberg nach dem Motto „Maria hilf und steh mir bei!“ ein bedeutender Wallfahrtsort in der Region. In einer Pfarrnotiz vom 31. Mai 1958 heißt es: „Für die Pfarrkirche wurde eine neue Marienstatue, die „Mutter Gottes von Wollaberg“ angeschafft“.
1964 erhielt sie eine Krone, mit Gold und Schmucksteinen verziert. Vom Perlesreuter Künstler Leopold Hafner wurde sie in einen goldleuchtenden Strahlenkranz gehüllt. Selbst der Refrain im Wollaberger Lied, getextet von Pfarrer Kellnberger, beinhaltet einen Mariengruß:
„Kirche als Gnadenort aus christlicher Überzeugung“
Bild der Mutter meiner Heimat,
blickst vom Wollaberg ins Tal.
Lass´ Dich grüßen von uns allen,
Mutter hier viel tausendmal.
Mit der Stiegenwallfahrt auf den Berg wird in der Anrufung Mariens der Volksfrömmigkeit sechsmal im Jahr, jeweils am 13. eines Monats, besonders Ausdruck verliehen. Mit einer stimmungsvollen Lichterwallfahrt wird im Rosenkranzmonat Oktober dieser religiöse Brauch für das Jahr beendet. Wie vielen Gläubigen liegt auch Anton Heß, der bereits in der dritten Periode Kirchenpfleger ist, die religiöse Glaubenshaltung am Herzen: „Wir bewahren unsere Kirche als Gnadenort aus christlicher Überzeugung, das ist die Grundlage unserer Arbeit und unseres Sinns!“
Dr. Fritz Haselbeck
(Erstveröffentlichung in: Schöner Bayerischer Wald, Heft 278)