Bayerischer Wald. Es herrscht Ausnahmezustand. Die Lage ist teils katastrophal. In Oberbayern und Schwaben haben die Regenmassen der vergangenen Tage ganze Landstriche geflutet. Ein Feuerwehrmann ist bei einem Einsatz ums Leben gekommen, tausende Menschen mussten evakuiert werden. Hochwasser-Drama im Südwesten Bayerns – und was ist „bei uns“, im Bayerischen Wald, Stand der Dinge?
Zwei Ortschaften in der näheren Umgebung, die einem sofort in den Sinn kommen, wenn es um Überflutungen geht, sind Passau und Deggendorf. Beide an der Donau gelegen – und beide mit viel Erfahrung in Sachen Hochwasser. Die Bilder von 2013, als die Altstadt der Dreiflüssestadt in einer dreckig-braunen Brühe versank, haben sich in den Köpfen eingebrannt. Aktuell sind in Passau erneut Sandsäcke zu sehen, entsprechende (Straßen-)Sperrungen wurden errichtet.
„Abwarten, wie sich die Witterung entwickelt“
„Der aktuelle Pegelstand an der Donau beträgt 7,77 Meter. (…) am Montag, 3.06.2024, soll am Nachmittag ein Pegel von 8,50 Metern und damit die Meldestufe 4 erreicht werden. In der Nacht auf Dienstag, 4.06.2024, wird mit einem Pegel von 9 Metern gerechnet. Der Scheitel ist für Dienstag, 4.06.2024, mit ca. 9,50 Metern vorhergesagt“, informierte die Stadtverwaltung am Sonntagnachmittag. Die Situation ist ernst, aber (noch) nicht dramatisch.
Ähnliches Bild in Deggendorf: „Da das Wasserwirtschaftsamt die Hochwasserprognose gesenkt hat (auf max. 7,76 Meter), bleibt die Lage zwar weiter angespannt, allerdings sollten bei dieser Pegelhöhe keine massiven Überflutungen im Stadtgebiet Deggendorf erfolgen. Es bleibt weiter abzuwarten, wie sich die Witterung entwickelt, da erneut mit Starkregenereignissen zu rechnen ist“, teilt Sandro Pfeiffer auf Hog’n-Nachfrage mit. Der persönliche Referent von Oberbürgermeister Christian Moser verweist zudem auf eine am Montagnachmittag veröffentlichte Pressemitteilung der Stadtverwaltung (einfach klicken).
„Absehbar, dass der Kelch an uns vorübergeht“
Insgesamt wird deutlich: Von Schreckensbildern wie aus dem Landkreis Pfaffenhofen ist der östliche Teil Niederbayerns nicht nur geographisch weit entfernt. Wie erwartet, stellt Hog’n-Wettermann Martin Zoidl resümierend fest: „Im Gegensatz zu Schwaben ist der Landkreis Freyung-Grafenau bei der Unwetterlage mehr als glimpflich davon gekommen.“
Zwar hätte der Deutsche Wetterdienst am vergangenen Mittwoch auch für den Woid eine Vorwarnung vor ergiebigem Dauerregen herausgegeben, worauf sogar das Landratsamt Freyung explizit hingewiesen hatte. „Allerdings war spätestens am Donnerstag aufgrund der Prognosedaten bereits absehbar, dass der Kelch an uns vorübergeht und Passau nur mit steigenden Pegeln rechnen muss, weil das Wasser von weiter weg kommen wird“, berichtet Martin Zoidl weiter.
Passau am Sonntagabend (2. Juni) – weitere Eindrücke:
Auch wenn der Wetterdienst noch einige Zeit an seiner Vorwarnung festhielt, hatte der Hog’n-Wetterexperte am Donnerstagmorgen via Facebook verdeutlicht, dass „unsere“ Region nicht direkt vom Unwetter-Regen betroffen sein wird. Schlussendlich fielen im relevanten Zeitraum auch nur 30 bis 50 Liter anstatt der ursprünglich für möglich gehaltenen 150 (siehe obige Grafik). „Aber lieber so, als anders herum“, zieht Martin Zoidl Bilanz.
Niederschlags-Spitzenreiter im Zeitraum 29. Mai bis 1. Juni war – vor Aldersbach (Landkreis Passau/49,6 Liter pro Quadratmeter) und Finsterau (Landkreis Freyung-Grafenau/54 Liter) – die Gemeinde St. Oswald-Riedlhütte (Lkr. FRG) mit 56,5 Liter/Quadratmeter. „Als ich diese Statistik gelesen habe, war ich selbst überrascht“, gibt Bürgermeister Andreas Waiblinger auf Hog’n-Nachfrage zu. „Die Bäche führen schon mehr Wasser als üblich. Aber insgesamt kann man doch von normalen Regentagen sprechen.“
Zwiesel: Sandsäcke „Gott sei Dank“ nicht im Einsatz
Am Sonntagabend ging über Klingenbrunn (Gemeinde Spiegelau) ein laut Martin Zoidl erwähnenswertes Wärmegewitter nieder – aber auch dort ohne nennenswerte Folgen. „Im gesamten Gemeindebereich ist es zu keinen Einsätzen gekommen“, resümiert Armin Garhammer, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Spiegelau.
Etwas intensiver fielen die vergangenen Tage für die ehrenamtlichen Wehrler der Stadt Zwiesel aus – insbesondere der Samstag, 1. Juni, war „einsatzreich“, wie die FFW auf seiner Facebook-Seite schreibt. Nach Erreichen der Meldestufe zwei rund um den Schwarzen Regen wurden die Rettungskräfte um ersten Kommandanten Christian Schmidt erst zu Erkundungsfahrten alarmiert, später mussten sie vorsorglich 400 Sandsäcke befüllen. „Gott sei Dank haben wir diese nicht einsetzen müssen“, gibt Alexander Reif vom Ordnungsamt Zwiesel am Montagvormittag Entwarnung. Die neuralgische Marke von 180 Zentimetern sei knapp überschritten worden. „Doch dann ging das Wasser zurück.“
Die Tendenz geht weiter Richtung Lage-Entspannung – wenn diese im Bayerischen Wald überhaupt je angespannt war. Der Deutsche Wetterdienst hat zwar noch einmal eine Warnung vor kräftigen Gewittern mit Starkregen (vom 3. Juni, 12 Uhr, bis 4. Juni, 0 Uhr) herausgegeben, mittelfristig lassen die Regenfälle jedoch nach.
Endlich wieder gute Nachrichten…
„Abgesehen vom heutigen Montag, der verbreitet nochmal nass werden dürfte, geht der Trend die nächsten Tage hin zu freundlicherem Wetter, wobei aber weiterhin ein geringes Risiko für Schauer besteht“, prognostiziert Martin Zoidl. Auch in Oberbayern und Schwaben soll sich ab Dienstag mehr und mehr die Sonne durchsetzen. Endlich wieder gute Nachrichten…
Helmut Weigerstorfer
____________
–> Hier (einfach klicken) informiert die Stadt Passau über die aktuelle Hochwasser-Lage in der Dreiflüssestadt.