Waldkirchen. Es ist ein derzeit zentrales Thema in Waldkirchen – und das nicht nur im übertragenen Sinne. Sowohl im Stadtrat, aber auch innerhalb der Bevölkerung. Es steht nämlich die Idee im Raum, den Marktplatz wieder von oben (Kirche) bis unten (Kreuzung Bahnhofstraße) für den Straßenverkehr durchgängig befahrbar zu machen. Zunächst soll es dazu (irgendwann) eine Testphase geben. Teilweise hitzige Diskussionen gibt es bereits jetzt. Jeder hat eine Meinung dazu, wobei es nur wenige neutrale Positionen gibt.
Strikter Gegner der Idee, auch den Abschnitt zwischen der Metzgerei Meindl und dem Herzstück für Fahrzeuge aller Art zu öffnen, ist unter anderem Hubert Holzbauer. Und das nicht aus „grünen Gründen“, wie der Grünen-Stadtrat betont. „So einfach ist es nicht, da eine Testphase zu starten“, ist der 37-Jährige überzeugt und erklärt auch sogleich, warum:
„Es müsste zum Beispiel der Marktbach dauerhaft abgedeckt werden, um irgendwie die Stellplätze, die wegfallen, zu ersetzen. Außerdem müsste dann laut Verkehrsschau eine Spielstraße eingerichtet werden. Die Beschilderung dafür kostet.“ Alleine für diese Schritte sind nach Ansicht des Umwelttechnik-Ingenieurs Investitionen im fünfstelligen Bereich nötig – seiner Meinung nach zu viel Geld für einen Probelauf in Zeiten generell leerer Haushaltskassen.
Straße würde „natürliche Tribüne“ zunichte machen
Freilich, davon ist auch Hubert Holzbauer überzeugt, müsse ein Hauptaugenmerk darauf gelegt werden, dass das Zentrum von Waldkirchen weiter belebt wird. Die dortigen Geschäfte und Gastronomen würden auch künftig auf Laufkundschaft setzen. Damit der Marktplatz ebenfalls ein Ort der Zusammenkunft und des regen Treibens bleibt, hatte man dem Grünen-Stadtrat zufolge eigens ein Konzept einer Fach-Agentur erstellen lassen. „Und darin steht, dass der Marktplatz weiter verkehrsberuhigt bleiben soll, wenn man ihn weiter beleben will.“ Die derzeit von einer Mehrheit des Stadtrates forcierten durchgängige Straßenführung „ist deshalb absoluter Blödsinn“.
Ähnliche Meinungen hätte Holzbauer auch schon von Anrainern des Stadtplatzes vernommen, die die jetzige Verkehrsführung als „okay“ betrachten. „Ich bin dagegen, weil das besagte Konzept so eine Umwidmung nicht vorsieht.“ Denn – und das ist für den 37-Jährigen ein weiteres Argument – mit einer durchgehenden Straße von der Kirche bis zur Bahnhofstraße würde man zudem die „natürliche Tribüne“ für Veranstaltungen aller Art, die der aufsteigende Marktplatz bildet, zunichte machen. „Eine schwachsinnige Entscheidung, Geldverschwendung“, bekräftigt Hubert Holzbauer noch einmal. „Aber es ist eine demokratische Entscheidung. Und diese werde ich akzeptieren.“
Keine Antworten von Pollak
Welche Argumente gibt es „pro“ Markt-Durchfahrt? Um Antwort auf diese Frage hat das Onlinemagazin da Hog’n unter anderem Waldkirchens ersten Bürgermeister Heinz Pollak gebeten – vergebens. Eine Rückrufbitte blieb genauso unbeantwortet wie eine (mehrmalige) Anfrage per Email. Wir lassen deshalb seine Stellvertreter Christian Zarda zu Wort kommen, der das Vorgehen seines „Chefs“ nicht weiter kommentieren möchte. Er betont: „Meine Meinung ist nicht die der Stadt. Aber warum soll ich nicht antworten, wenn ich gefragt werde?“
Der 46-Jährige hat für einen Testlauf gestimmt – wohl wissend, dass „ein ambitionierter Prozess“ dahinter steckt und es „immer schwierig ist, in ein bestehendes System einzugreifen“. Auch deshalb gebe es noch keinen fixen Zeitpunkt für die Testphase. Derzeit stehe ein Termin im Herbst im Raum. Zarda ist aber davon überzeugt, dass man nichts unversucht lassen soll, den Marktplatz weiter zu entwickeln.
„Keine großartigen kostenintensiven Maßnahmen“
„Der Stadtrat beschäftigt sich seit 2018 mit der Erstellung und Umsetzung eines neuen Innenstadtentwicklungskonzeptes, um unsere Stadt zukunftsfähig zu machen“, erläutert der Datenverarbeitungskaufmann. „In zahlreichen Terminen, Ortsbesichtigungen, Präsentationen der Öffentlichkeit und vielem mehr wurden Vorschläge und Zukunftsvisionen erarbeitet.“
Im Vordergrund stehe nicht die Verkehrsführung, sondern eine „Weiterentwicklung der Stadt für die nächsten Jahrzehnte“. Dabei lautet eine klare Aussage der sog. ISEK-Arbeitsgruppe Zarda zufolge: „Die Verkehrsführung über den Marktplatz soll durch verschiedene Testvarianten ausprobiert und optimiert werden.“ Genau darum gehe es nun: um einen Versuch. Und genau deshalb sollen auch „keine großartigen baulichen und kostenintensiven Maßnahmen erfolgen. Es macht keinen Sinn, Fakten zu schaffen, bevor wir nicht genau wissen, wie das Zielbild aussehen soll.“ Der Beweis dafür, dass man nicht gedankenlos agiere, sei der noch nicht feststehende Zeitpunkt des Testlaufes. Erst müssten noch „einige Herausforderungen“, die dem Vorhaben entgegenstehen, gemeistert werden.
Es bleibt also noch Zeit für Diskussionen rund um dieses zentrale Thema in der größten Stadt im Landkreis Freyung-Grafenau.
Helmut Weigerstorfer