Ringelai. Einerseits ist Familie Fischer komplett am Boden zerstört, andererseits einfach nur unglaublich dankbar. Am Abend des 4. Februars ist ihr Eigenheim in Folge eines Brandes in Gänze unbewohnbar geworden. „Das Dach ist komplett abgebrannt und somit offen, die darunterliegenden Stockwerke vom Löschwasser geflutet“, fasst Andreas Fischer (31) zusammen. Er, seine Frau und die beiden Buben (zwei und vier Jahre alt) erleben die wohl schlimmsten Tage ihres Lebens. Seit Sonntagabend haben sie viel geweint. Doch sie sind nicht alleine, denn die Dorfgemeinschaft zeigt eine Solidarität, die auch Tränen der Freude hervorruft.
„Ringelai. Am Sonntag, 04.02.2024, brach gegen 20 Uhr aus noch nicht abschließend geklärter Ursache ein Brand im Dachgeschoss eines Einfamilienhauses in der Perlesreuter Straße aus.
Der Eigentümer hatte dort Renovierungsarbeiten durchgeführt und nach einer kurzen Arbeitspause eine Rauchentwicklung festgestellt, die sich letztlich zu einem Dachstuhlbrand entwickelte, infolge dessen ein Sachschaden im unteren sechsstelligen Eurobereich entstand. Der 31-jährige Brandleider erlitt eine leichte Rauchgasverletzung. Die übrigen drei Familienmitglieder hatten das Wohnanwesen selbständig unverletzt verlassen können.
Die Brandbekämpfung war durch die umliegenden Wehren realisiert worden, die auch ein Übergreifen auf andere Gebäudeteile und benachbarte Objekte verhinderten.
Nach polizeilichem Erstzugriff durch Kräfte der PI Freyung wurde die weitere Sachbearbeitung, insbesondere zur Ermittlung der Brandursache, durch den Kriminaldauerdienst der KPI Passau übernommen.“
„Ich bin nochmal ins Haus und habe die Hunde gerettet“
Obwohl die Pressemitteilung der Polizei Niederbayern (4. Februar/22.50 Uhr) in gewohnter Art und Weise sachlich daherkommt, ist zwischen den Zeilen zu lesen, welch Tragödie sich im Schmalzdobl an jenem Tag ereignet hat. Die Schilderungen von Andreas Fischer und seiner Frau Sandra (33) bestärken diesen Eindruck. „Mein Mann war gerade im Dachgeschoss am Arbeiten. Als er im Erdgeschoss kurz Werkzeug holen musste, habe ich ihn darum gebeten, mir beim Fieber messen zu helfen. Unser Kleiner ist krank – und Fiebermessen mag er gar nicht“, erinnert sich die Mutter.
In der Folge überschlugen sich die Geschenisse. Eine zeitliche Einordnung sei im Rückblick deshalb schwierig. „Mein Mann wurde auf einmal panisch. Er hat den Großen geschnappt, ich den Kleinen. Wir sind zum Nachbarn rüber“, blickt Sandra Fischer zurück. Ihr Mann führt das Ganze weiter aus: „Auf der Straße habe ich Passanten gesehen und ihnen gesagt, sie sollen die Feuerwehr rufen. Ich bin noch einmal ins Haus rein und habe unser Hunde gerettet. Dabei habe ich mir die Rauchvergiftung geholt.“ Momente, die sich wortwörtlich eingebrannt haben – und die wohl für immer bleiben werden.
Haus erst 2023 gekauft – und mühevoll selbst saniert
Eigentlich wollten sich die Fischers in Ringelai ein Eigenheim für die Ewigkeit errichten. Erst im vergangenen Jahr haben sie sich das Haus gekauft und die unteren beiden Etagen in Eigenregie saniert. „Mein Mann hat jede Minute seiner Freizeit dafür geopfert“, macht Sandra Fischer deutlich. „Mühen, die leider umsonst waren“, ergänzt sie angesichts des von den Flammen zerstörten Traumes. Denn im Inneren ist ihrer Meinung nach nichts mehr zu retten. „Es stinkt bestialisch. Zudem tropft Wasser von den Decken.“
Die erste Nacht (auf Montag) verbrachten sie bei den Schwiegereltern in Grafenau. Dann kamen sie bei einer Erzieherin des Kindergartens Ringelai unter. Denn bereits am ersten Tag der Woche sorgte sich praktisch der komplette Ort um die Brandleider. Allen voran der Kindergarten St. Michael setzte alle Hebel in Bewegung, um zu helfen.
„Wir haben da am Montagmorgen angerufen und gesagt, dass die Kinder nicht kommen wollen. Und bereits da war alles im Gange.“ KiGa-Leiterin Barbara Friedl sagt dazu: „Wir sehen uns als Teil der Familienwelt – und nicht nur als Einrichtung. Dass wir geholfen haben, ist selbstverständlich. Uns hat das Schicksal sehr betroffen gemacht.“ Zudem brachte eine Pferdestall-Gemeinschaft aus Außernbrünst (Gmd. Röhrnbach) Sachspenden herbei.
Fragende Kinder – und „keine Antworten darauf“
Freunde, Bekannte, Verwandte, Vereine, Organisationen und Privatleute unterstützten allen voran materiell mit Kleidung, Spielzeug und vielem mehr. „Wir hatten ja praktisch gar nichts mehr“, berichtet Andreas Fischer. Über Kontakte ist der 31-Jährige mit seiner Familie vorerst im Kräuterhof Eckertsreut in einer Ferienwohnung untergekommen. Sein Arbeitgeber hat ihn dankenswerterweise freigestellt. „Und wir wurden sogar gefragt, ob wir Faschingskostüme für die Kinder brauchen. Es ist unglaublich, wie uns geholfen wird“, sagt Sandra Fischer, den Tränen nahe. „Ich weiß gar nicht, wie ich das in Worte fassen soll. Wir danken der Gemeinde Ringelai und allen unseren Unterstützern von ganzem Herzen.“
Auch wenn die beiden Buben immer wieder fragen, wann sie denn wieder mit ihren Spielsachen spielen dürfen „und ich einfach keine Antwort darauf habe“, sind die Eltern froh, „den Kleinen das Gefühl geben zu können, wieder ein Zuhause zu haben“. Wie es aber mittel- und langfristig weitergeht, steht in den Sternen. Denn noch ist die Ermittlung der Brandursache nicht abgeschlossen, auch die Versicherungs-Angelegenheiten werden wohl noch Zeit in Anspruch nehmen. Viele Tränen, so realistisch sind die Fischers, müssen noch trocknen, bis wieder einigermaßen Alltag eingekehrt ist. Aber die Ringelaier, das wissen sie jetzt, stehen hinter ihnen.
Helmut Weigerstorfer