Berlin/Grafenau. Am vergangenen Donnerstag: Landshut. Am Mittwoch: Grafenau. Siegfried Jäger, niederbayerischer Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) erlebt kurz vor Weihnachten intensive Tage. Grund dafür ist eine politische Entscheidung – Stichwort: Einsparmaßnahmen – in Berlin, die unmittelbare Auswirkungen auf die Landwirte der Region hat. Dass diese damit überhaupt nicht einverstanden sind, machte auch die hiesige Bauernschaft mit Nachdruck in Form von Demonstrationen deutlich. So wie eben am gestrigen Mittwoch in der Bärenstadt. Der Grundtenor: „Es reicht!“
Grafenau wurde deshalb als Ort vom organisierenden Bauernverband ausgewählt, da sich dort das Regionalbüro von Muhanad Al-Halak befindet. Der Waidler, der für die Regierungspartei FDP im Bundestag sitzt, solle, so das Vorhaben, den deutlich sicht- und hörbaren Unmut an die entsprechenden Stellen in der Bundeshauptstadt weitergeben – zu denen allen voran sein Parteikollege Christian Lindner, Finanzminister im Kabinett Scholz, gehört. Rund 150 Schlepper und 300 Landwirte zählte Siegfried Jäger am Mittwoch in Grafenau. Eine gehörige Stimme, wie er findet.
„Es kann nicht sein, dass auf dem Rücken der Bauern, die einen Bruchteil der Bevölkerung ausmachen, diese Sache nun ausgetragen wird“, geht der niederbayerische BBV-Präsident auf die Intension der fahrenden Kundgebung ein. So soll in Folge der Einsparungen, deren Ursachen einem fehlerhaften Bundes-Haushalt zugrunde liegen, die Agrardiesel-Rückerstattung in Höhe von 21 Cent pro Liter eingestampft werden. Auch die Kfz-Steuerbefreiung soll für die Landwirte gestrichen werden. „Auf diese Weise soll eine von 45 Milliarden eingespart werden“, weiß Jäger. „Von einem Prozent der Bevölkerung. Uns war sofort klar: Wir müssen auf die Straße.“
Fotografin Anna-Lena Heyn mit den Bildern von der Demonstration in Grafenau
Das Signal aus dem Bayerischen Wald ist in Berlin angekommen, wie Muhanad Al-Halak deutlich macht. „Die Tinte ist noch nicht trocken, aber ich denke, in Sachen Agrardiesel schaut es gut aus“, stellt der MdB im Hog’n-Gespräch in Aussicht. Er selber war am Mittwoch von Anfang bis Ende bei dem Demonstration mit dabei. Und der 34-Jährige war positiv beeindruckt – von der großen Anzahl der Demo-Teilnehmer, aber auch von deren friedlichem Verhalten. Er versichert: „Innerhalb unserer Fraktion besteht Einigkeit darüber, dass wir ein Veto zugunsten der Landwirte einlegen werden.“
Dass er somit gegen den eigenen Parteichef und Finanzminister Christian Lindner schießt, ist Al-Halak zufolge nicht der Fall. „In der Politik wird viel hin- und hergeschoben“, weiß der Grafenauer – und wird konkreter: „Der Finanzminister holt sich ja Vorschläge für Einsparungen von den einzelnen Ministerien ein. Und das Landwirtschaftsministerium hat eben die Sache mit dem Agrardiesel ins Spiel gebracht.“ Noch einmal betont der FDP-Politiker: „Aber hier wird sich etwas bewegen“. Worte, die nicht nur Siegfried Jäger gerne hören wird.
Helmut Weigerstorfer