Waldkirchen. Einer, der mit dem Granithandwerk groß geworden ist, ist der Waldkirchener Emil Berlinger. Seine intensive Beziehung zum sprichwörtlichen Urgestein „Granit“ wurde ihm in die Wiege gelegt: „Mein Vater war leidenschaftlicher Steinmetz – und schon als sechs-, siebenjähriger Bub habe ich mit ihm Steine gepeckt“, beteuert der heute 68-Jährige und ergänzt: „Nach der Schulzeit verdiente ich in Akkordarbeit bei der Firma Kusser in Hauzenberg mein erstes Geld. Zwanzig Mark bekam ich damals im Monat, ehe ich ein Jahr später einen Lehrvertrag erhielt.“

Bildhauermeister Emil Berlinger bei der Feinarbeit an einem Grabsteinbogen.

Im Anschluss an die Gesellenprüfung und vierjährige Tätigkeit als Steinmetz wechselte Emil Berlinger für zwei Jahre an die Meister- und Technikerschule für das Kunsthandwerk in München: Nach erfolgreichem Bestehen durfte er sich „Steinmetz- und Bildhauermeister“ nennen. Wertvolle Berufserfahrung konnte er dann als Werkmeister im Steinbruch Bauer in Nammering erwerben: „Staub und Hitze im Sommer, klirrende Kälte in den Wintermonaten haben uns stets begleitet“, erinnert sich Berlinger und fügt hinzu: „Wir haben hart gewerkelt.“

Dorische Säulen mit Zierkapitellen gehörten zu den Spezialitäten

In der Folge baute er sein handwerkliches Können in den Kusser-Steinbrüchen um Hauzenberg aus. In Kronreuth bei Wotzdorf gab es den „blauen Granit“, der wegen seiner feinen Körnung und Härte besonders gefragt war. Bei seiner Arbeit in den Brüchen konnte Emil Berlinger  erfahren, wie die Rohblöcke aus dem Felsgrund gebrochen werden, welche Dimensionen sie mitbringen und wozu das kristalline Gestein schließlich taugt.

Werbung
       
Vor den Toren Waldkirchens findet man im Birgeder-Steinbruch vorwiegend hell- und gelbgrauen Granit.

Nach einer Polierzeit im nahen „Schulerbruch“ wagte er sich im Jahr 1985 schließlich an die Selbstständigkeit. Im Hauzenberger Ortsteil Döbling konnte er die künstlerische Ausrichtung der Steinmetzarbeit umsetzen: Sauber geschlagene Türgerichte, Brunnen, Tröge und Säulen wurden damals in aufwändiger Handarbeit hergestellt. Dorische Säulen mit Zierkapitellen gehörten zu seinen Spezialitäten.

Bald darauf fand er für den Neubau einer Werkstatthalle mit Schleiferei, Säge und Steinmetzstände am Rande von Waldkirchen einen passenden Platz. In echtem Handwerk wurden dort mit neun Angestellten anspruchsvolle Werke wie z. B. Granitbrunnen und Bauausstattungen für die gesamte Bundesrepublik erzeugt.

Bildhauerkunst mit Hingabe

Mitte der 1990er Jahre schmerzten der Branche billigste Steinimporte aus China ganz besonders. Doch Berlinger überwand diese Durststrecke, musste jedoch seine personelle Ausstattung einschränken. Die Produktpallette passte er dem Bedarf der einheimischen Bevölkerung an: Er konzentrierte sich auf die Gestaltung von Grabsteinen, auf Sonderanfertigungen für Gebäude, auf die Verschönerung von Häusern innen und außen.

Werbung
       
An den Felsblöcken im Steinbruch des Granitwerks Birgeder sieht man die Spuren des Schwarzpulvers, mit dem diese aus der Wand gesprengt werden.

Heute hat er noch einen Mitarbeiter, dabei hält er viel vom alten Sprichwort „Handwerk hat goldenen Boden“. „Granit ist ein beständiger Werkstoff, er hält auch 1.000 Jahre“, bekräftigt der erfahrene Steinmetz. Die Bildhauerarbeit ist mein Traum, mein Leben! Man sieht, was man gemacht hat. Wenn etwas gelingt und gut ausschaut, dann ist man glücklich“ Viel Zufriedenheit leuchtet aus den Augen des Meisters – und er fährt fort: “Man ist geistig schon gefordert, man muss mathematisch denken, sich Werke von Anfang an vorstellen und gestalterische Einfälle haben“. Dazu braucht Emil Berlinger viel Gespür und Einfühlungsvermögen. Er nimmt sich auch die Muse, die er benötigt, wenn ein Auftrag zur Zufriedenheit erfüllt werden will. Er hat die künstlerische Begabung, die ihm, wie er sagt, „Vater und Mutter mitgegeben haben“.

Aus hartem Fels gebrochen

Den Rohstein bezieht Emil Berlinger aus umliegenden Steinbrüchen. Einer davon liegt am Nordwestausläufer des Oberfrauenwaldes, dessen Geschäftsführer Johann Birgeder aus Münzkirchen im benachbarten Österreich ist. Zusammen mit zwei Kollegen und mehr als 30 Beschäftigten betreibt er das „Granitwerk Birgeder und Co“. Hellgrauer und gelbgrauer Granit werden dort, wo stets ein lebhaftes handwerkliches und maschinelles Treiben herrscht, in einer weitläufigen und tiefen Steingrube abgebaut. Bagger heben gelöste Steine, Lader befördern Felsbrocken auf steilen Fahrtwegen nach oben, fleißige Handwerker spalten und richten die Steine her. Birgeder macht einen zufriedenen Eindruck: „Der Betrieb läuft gut, die Mitarbeiter packen an und verstehen sich bestens“.

Mit Fleiß und viel Erfahrung wird der Rohgranit sauber gespalten und „gerichtet“.

Es ist fein- und mittelkörniger Granit, der hier blockweise aus der Erde gesprengt wird. Wie früher wird auch heute dafür Schwarzpulver verwendet, das den Naturstein am saubersten spaltet. Am Ende wird dieser für Pflaster, Blockstufen, Säulen, Bau- und Mauersteine verwendet. „Wir üben noch viel in Handarbeit aus. Gute Spalter werden immer rarer! Und wir finden hier einen wunderbaren Stein vor – es ist Granit in bester Qualität“. Die Natur schafft dabei mit kantig winkligen Felsbänken beste Voraussetzungen: Der Stein kann entlang der „Klüfte“, wie er im Gelände vorliegt, „nach dem Gang“ gehoben werden. Dabei liegen die gewaltigen Blöcke von Ost nach West horizontal im „Hebgang“ im Grund. Die vertikale Längsseite eines Blocks nennt man „Stehgang“, die beiden Abschlüsse bilden im rechten Winkel den „Stutz“.

Der erlesene „Bayerwaldgranit“

Birgeder hat den Steinbruch von seinem Vater erworben und mit Fleiß und Beständigkeit ausgebaut. „In meiner Lebensplanung war der Bruch ursprünglich nicht drin“ meint er, „doch mir lag an dem Werk und am Erhalt der Granitarbeit“.

Am Rande des Steinbruchs bleiben „unsaubere“ Blöcke und Geröllbrocken zurück, die später für den Straßenbau Verwendung finden.

Im Laufe der Jahre wurden die Steinbrüche im Bayerischen Wald immer weniger, Nachwuchsarbeiter sind heutzutage nicht mehr leicht zu finden. Umso mehr freuen sich die Besitzer, dass der frühere „Kirchsteinbruch“ auf der versteckten Anhöhe vor den Toren Waldkirchens noch voll in Betrieb ist. Mit viel Emsigkeit und handwerklichem Geschick wird der erlesene „Bayerwaldgranit“ dort zu Tage befördert und gekonnt veredelt.

Fritz Haselbeck

(in Zusammenarbeit mit dem Magazin „Schöner Bayerischer Wald“ )


Dir hat dieser Artikel gefallen und du möchtest gerne Deine Wertschätzung für unsere journalistische Arbeit in Form einer kleinen Spende ausdrücken? Du möchtest generell unser journalistisches Schaffen sowie die journalistische Unabhängigkeit und Vielfalt unterstützen? Dann dürft ihr das gerne hier machen (einfach auf den Paypal-Button klicken).


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert