Zwiesel. Als Innenminister Joachim Herrmann nach gut einer Stunde in Begleitung von Zwiesels Bürgermeister Karlheinz Eppinger, Regens Landrätin Rita Röhrl und Regierungspräsident Rainer Haselbeck vor die Tür des Rathauses tritt, erwartet ihn bereits eine Traube von Reportern. Das Medieninteresse zur Frage, wie es mit dem geplanten Asylheim im Ortsteil Rabenstein weitergeht, ist nach wie vor ungebrochen. Und auch die Bevölkerung – allen voran die Rabensteiner und Zwieseler Bürgerschaft – hat mit großer Spannung den Ausgang der Gespräche erwartet, die an diesem Freitag am sog. Runden Tisch stattgefunden haben. „Wir haben unser Maximalziel für heute erreicht“, resümiert Arnold Sporrer von der Rabensteiner Dorfgemeinschaft zufrieden.
Wegen Terminüberschneidungen Herrmanns musste die eigentlich für Donnerstag anberaumte Zusammenkunft um einen Tag verschoben werden. Dieses fand nun am Freitagvormittag im Beisein des Staatsministers, Vertretern der Regierung von Niederbayern, des Landkreises Regen, der Stadt Zwiesel sowie der Rabensteiner Bürgerschaft im Sitzungssaal des Rathauses in der Glasstadt unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Parallel zu den Gesprächen demonstrierten vor dem Gebäude (laut Polizei) rund 350 Menschen, die sich gegen die geplante Asylunterkunft im Vier-Sterne-Hotel „Bavaria“ in dem kleinen Zwieseler Ortsteil aussprechen (da Hog’n berichtete). Zur Demonstration hatten zuvor Vertreter der Rabensteiner Dorfgemeinschaft aufgerufen.
Wunsch: Investorentausch für alternative Nutzung
„Es war ein sehr konstruktives, lösungsorientiertes, pragmatisches, aber auch realistisches Gespräch“, beschreibt CSU-Kreisvorsitzender und designierter Landtagsabgeordneter Stefan Ebner die Stimmung gegenüber dem Onlinemagazin da Hog’n. Gemeinsam mit dem künftigen Landrat Ronny Raith hatte er den Ortstermin mit Staatsminister Herrmann im Vorfeld initiiert. „Es gibt in ganz Bayern diese Fälle, bei denen die Bevölkerung berechtigterweise gegen Asylunterkünfte opponiert. Dass er sich speziell für Rabenstein Zeit genommen hat, ist ein starkes Zeichen.“
Das neue Ziel laute ab sofort, eine alternative Nutzung für den Rabensteiner Hotel-Komplex zu finden, sprich: weg vom Asylheimgedanken, hin zu einer (erneut) touristischen oder auch pflegerischen Verwendung des Gebäudes. Dazu brauche es einen neuen Investor, der dem aktuellen Besitzer aus Lichtentstein die Immobilie abkauft. Einen solchen neuen Investor soll es auch bereits geben, wie Arnold Sporrer bestätigt. „Wir haben jemanden aus der Region gefunden, der bereit wäre das Hotel zu übernehmen“, informiert der Sprecher der Dorfgemeinschaft. Wer genau sich dahinter verbirgt, dazu wolle er zu diesem Zeitpunkt keine Angaben machen.
Bürgermeister und Stadt Zwiesel seien nun von Seiten der Regierung von Niederbayern damit beauftragt worden, ein Treffen zwischen dem aktuellen Investor, dem potenziellen Investor sowie den ehemaligen Hotelbetreibern zu organisieren. „Diese drei Parteien müssen sich nun an einen Tisch setzen und einig werden“, erklärt Stefan Ebner weiter. Der Grund, warum auch die einstigen Eigentümer mit an den Verhandlungstisch sollen, sei dem CSU-Kreisvorsitzendem zufolge der, dass ein notarieller Vorvertrag existiert. „Der eine Investor steigt aus dem Vertrag aus, der andere steigt ein – und nutzt das Gebäude nicht als Asylheim. Das wäre die gewünschte Lösung.“
Bis zum 15. November müssen Fakten geschaffen werden
Parallel dazu hat man der Stadt Zwiesel auferlegt, Ausschau nach alternativen Unterbringungsmöglichkeiten zu halten. Denn um die Bereitstellung einer Unterkunft für Geflüchtete komme man generell nicht herum. „Wir sind uns durchaus dieser Verantwortung bewusst“, teilt Karlheinz Eppinger auf Hog’n-Nachfrage mit. „Daher versuchen wir nun, wie vereinbart, Alternativen zu finden – aber nicht in exponierter Lage, sondern dort, wo es passend und verhältnismäßig ist.“ Dem Rathaus-Chef zufolge werden derzeit bereits verschiedene Objekte geprüft. Konkrete Auskünfte, um welche Gebäude in Zwiesel es sich handelt, wolle er noch nicht verlautbaren. Denn: „Dies könnte die Verhandlungen gefährden.“ 140 Asylplätze sind für die Kommune angedacht – diese Zahl müsse auch weiterhin erfüllt werden.
Um die Angelegenheit nicht mehr auf die lange Bank schieben zu können, wurde am Runden Tisch ebenfalls ein zu erfüllender Zeitplan vereinbart. Binnen der nächsten zwei Wochen sollen die Verhandlungen zwischen den drei genannten Parteien vonstatten gehen. Innerhalb der beiden Folgewochen soll die Sache dann unter Dach und Fach gebracht werden, wie Arnold Sporrer erklärt. „Deadline ist der 15. November – bis dahin müssen wir Fakten schaffen.“
Die Nutzungsänderung für das Hotel ist dabei ohnehin noch nicht in trockenen Tüchern: Nachdem der Bauausschuss der Stadt Zwiesel den Antrag des Investors abgelehnt hatte, liegen die Unterlagen derzeit dem Landratsamt zur weiteren Prüfung vor. Dies bestätigt auch Landrätin Rita Röhrl auf Nachfrage. „Die Prüfung kann erst eingestellt werden, wenn der Bauherr die Rücknahme erklärt“, teilt sie dazu mit und ergänzt: „Sollte das Landratsamt nach Prüfung die Genehmigung nicht erteilen, besteht für den Antragsteller ein Klagerecht. Die Regierung kann von sich aus nicht eingreifen.“ Das heutige Gespräch empfand sie als „sehr offen, mit großem Verständnis, aber es gab auch den deutlichen Hinweis, dass neue Unterkünfte dringend erforderlich sind“.
„Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“
Die große Mehrheit der Demonstranten vor dem Rathaus, überwiegend Bürgerinnen und Bürger aus Zwiesel und Rabenstein, scheint ebenfalls mit dem von Minister Herrmann verkündeten Ergebnis zufrieden gewesen zu sein. Sie quittierten seine Worte mit Applaus. Lediglich eine kleine Gruppe AfD-Anhänger reagierte mit Plakaten, Buh-Rufen und Pfiffen. „Unser Ziel war es, dass von Seiten der Regierung von Niederbayern sowie des Freistaats die Bereitschaft dafür entsteht, mit uns den Weg einer vernünftigen Alternative zu gehen. Das wurde heute zugesagt – nun liegt es an der Stadt Zwiesel“, fasst Arnold Sporrer noch einmal zusammen.
„Das heute Besprochene ist eine Chance“, bestätigt ebenso Neu-MdL Stefan Ebner. „Aber klar ist auch: Wenn’s am Ende nicht funktioniert und kein alternativer Investor samt alternativer Nutzung gefunden werden kann, wird man bei diesem Objekt bleiben und wohl oder übel in den sauren Apfel beißen müssen.“ An diesen Ausgang will Arnold Sporrer derzeit noch nicht denken. „Wir setzen nun alles daran, dass es funktioniert – und sind auch guter Dinge.“ Minister Herrmann habe den Rabensteinern jedenfalls bereits zugesagt, dass man für den Fall, dass sich die Asylheim-Idee am Ende doch nicht abwenden lässt, zu regulieren versuche, wer konkret in das 700-Einwohner-Dorf kommt und wer nicht. Dass also in Rabenstein Asylsuchende einquartiert werden, die in Sachen Kultur und Herkunft eine möglichst homogene Einheit bilden.
„Das Ergebnis des Gesprächs ist akzeptabel. Wir haben unsere Bedenken heute nochmals auf den Tisch gelegt und sind zu guten Ergebnissen gekommen – mehr haben wir heute nicht erwarten können“, zieht auch Bürgermeister Eppinger ein positives Fazit und ergänzt: „Ob der aktuelle Investor aus Lichtenstein zum Verkauf bereit ist, wird sich in den hoffentlich kommenden Verhandlungen zeigen. Man muss jetzt mit ihm reden. Es ist am Ende eine Preis- und Verhandlungssache. Feststeht: Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen…“
Stephan Hörhammer