Erlauzwiesel. Der Einstieg ging in die Hose. Das liegt aber nicht an ausbleibenden Gästen oder gar einem ungenießbaren Essen. Sondern an dem (oder die) Täter, die in der Nacht auf den 7. Mai in die Gasträume eingebrochen sind, für einen Schaden von zirka 7.000 Euro – und für betrübte Stimmung sorgten. „Bisher gibt es keine neuen Erkenntnisse, sodass die Ermittlungen wohl bald eingestellt werden“, teilt Christian Kufner nüchtern mit. Der 50-Jährige ist neuer Wirt des „Restaurants am See“ in Erlauzwiesel (Stadtgebiet Waldkirchen). Für ihn ging es gleich so richtig los…
Glücklicherweise ist Christian Kufner offenbar mit einem recht unbefangenem Gemüt gesegnet. Und auch die nötige Brise Galgen(-humor) scheint er zu haben. „Jetzt hat es hier gebrannt. Es gab eine Überschwemmung. Und eingebrochen wurde auch. Mehr kann eigentlich nicht mehr kommen – deshalb bin ich zuversichtlich, was die Zukunft betrifft.“ Er lacht. Auch Franz Scheuringer stimmt mit ein. Weil der 69-Jährige ähnlich gestrickt ist wie sein 19 Jahre jüngerer Nebenmann. Und weil der Wirt, der 17 Jahre lang das „Restaurant am See“ betrieben hat, einen aus seiner Sicht idealen Nachfolger gefunden hat.
Ein Verkauf ist aus der Welt
„Es hat gleich hingehauen, gleich gepasst“, beschreibt Franz Scheuringer die glückliche Fügung, als Christian Kufner „über einen Bekannten“ darauf aufmerksam wurde, dass die Scheuringers ihren Lebensabend außerhalb Küche und Schanktheke verbringen möchten. Eigentlich wollten sie ja das ganze Anwesen verkaufen. Es gab auch Interessenten für das Wirtshaus, das mit Außenbereich 420 Plätze vorweisen kann und zudem eine Art Hausmeister-Wohnung sowie fünf Doppelzimmer hat. „Doch Corona und die insgesamt schlechte Wirtschaftslage hat uns hier einen Strich durch die Rechnung gemacht.“
Veräußern konnten Scheuringers nicht, aber verpachten. „Uns verbindet die gleiche Vorstellung von bayerischer Gastronomie“, unterstreicht der 69-Jährige noch einmal. Es wird deutlich, wie froh er ist, auf Christian Kufner gestoßen zu sein. Der 50-Jährige – ein gelernter Gärtner – ist schon seit einigen Jahren in der Gastronomie tätig. Als Betreiber einer Kneipe in Neukirchen vorm Wald sowie als Kellner in einer Gaststätte in Salzweg. „Ich habe schon länger daran gedacht, mich selbstständig zu machen“, berichtet er. „Und hier hat schnell alles harmoniert. Die Lage sowieso – und das Miteinander mit Familie Scheuringer auch.“
Generationen-Konflikt? Ganz im Gegenteil!
Das Engagement in Erlauzwiesel war kein Schuss aus der Hüfte, sondern ein gut durchdachter – und zudem erprobter Vorgang. Seit 15. Januar arbeitet Christian Kufner bereits mit. Er half in der Küche, bediente Gäste – und versuchte sich einen fundierten Einblick zu verschaffen. Mit Erfolg. Es gab letztlich keine Contra-Argumente – nicht mal die 20 Minuten Fahrzeit von Neukirchen vorm Wald in den Waldkirchener Ortsteil. Dass die Scheuringers immer da waren und auch noch in nächster Zeit mithelfen werden, sogar noch im Haus wohnen bleiben, war für den neuen Wirt – Stichwort: Generationen-Konflikt – kein Problem. Ganz im Gegenteil.
„Wir haben gleich einen guten Draht zueinandergefunden. Und ich wäre ja blöd, wenn ich nicht auf Franz und seine Frau Gitti hören würde. Sie kennen hier jede Steckdose, jeden Schalter – einfach alles.“ Sie wissen auch, dass das Restaurant am See eines der bestbesuchten Wirtshäuser in der Region ist. An Sonn- und Feiertagen geht ohne Reservierung gar nichts. Wird ein Tisch frei, bleibt er das nur kurz. Der See, der Kurpark, das derzeit entstehende Chalet-Dorf und das angrenzende, frisch ausgewiesene Baugebiet sind das, was Kufner als „hervorragendes Potenzial“ bezeichnet. „Im Sommer ist das Wirtshaus ein Selbstläufer. Im Winter brauchen wir ein Konzept.“
Neuer Wirt, neue Ideen
Freilich, betont er, ist das, was die Scheuringers auf die Beine gestellt haben, ein gemachtes Nest. Dass es seit Jahren gut läuft, sei Beweis genug dafür. „Aber der Christian wird auch eigene Ideen umsetzen, was dem Haus sicher gut tun wird“, weiß Franz Scheuringer. So sollen in den beiden Sälen (80 und 200 Plätze) demnächst wieder Hochzeiten stattfinden können. Ein regelmäßiger Frühstücksbrunch ist geplant – und auf der Speisekarte wird sich eine Neuerung finden: nämlich sog. Brizzas. „Dieses Rezept ist während der Corona-Jahre aufgekommen. Ein Laugenteig – also wie bei einer Breze – wird dabei ausgebreitet und individuell belegt wie eine Pizza.“
Christian Kufner hat die nötige Energie und gute Einfälle. Er brennt für die Sache. Das freut Franz Scheuringer natürlich, weiß er doch sein Lebenswerk in besten Händen. „Mich freut es narrisch, dass es weitergeht. Und das ohne nur einen Tag zugesperrt zu haben“, betont der 69-Jährige. Doch er wird auch etwas wehmütig: „Es wird schon eine Umstellung sein, wenn meine Frau und ich hier nicht mehr rumwerkeln. Gott sei Dank dürfen wir es langsam ausklingen lassen.“
Helmut Weigerstorfer