Grafenau. Gegensätze ziehen sich an. Das Friedl-Haus in Grafenau ist Schandfleck und Schmuckstück zugleich. Man ist stolz in der Bärenstadt auf dieses Gebäude, das ein Unikat ist. Der Zustand bereitet aber auch Sorge. Wer wie Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich das markante Objekt besichtigt, dem sei ein kundiger Führer ans Herz gelegt. Der Rundgang durch die Räume gleicht einem Labyrinth, dessen Geheimnissen Bürgermeister Alexander Mayer mit Unterstützung des Landesamts für Denkmalschutz allmählich auf die Spur kommt.
Vor wenigen Monaten gelang es einer Pressemitteilung zufolge der Stadt, dieses Haus von einer Privatbesitzerin zu kaufen. Seit gut 30 Jahren ist daran nichts mehr gemacht worden. Das spiegelt sich natürlich im Bauzustand wider, hat aber auch Vorteile, wie Olaf Heinrich weiß: „Gerade in den letzten Jahrzehnten sind bei vielen Denkmälern auch die besten und interessantesten Teile entfernt worden.“
Erstmals urkundlich erwähnt wurde das Friedl-Haus im Jahre 1601, also zu einer Zeit, als noch die Salzsäumer mit ihren Pferden auf dem Weg nach Böhmen durch die Stadt zogen. Seit 1746 war es in Familienbesitz. „Verständlich, dass man sich nicht so leicht von so einer Immobilie trennt“, meint Heinrich, den es umso mehr freute, dass es Bürgermeister Alexander Mayer am Ende doch gelang, dieses „Schmuckstück“ zu erwerben.
Verborgene Wandmalereien
Um den Schmuck hinter dem eigentlichen „Schandfleck“ am Stadtplatz zu erkennen, muss man aber durch die Innenräume gehen. Da sind im Erdgeschoss noch Granitplatten verlegt, die Räume hoch und dahinter – das haben die ersten Denkmalschutz-Untersuchungen ergeben – Wandmalereien verborgen. Und da ist auch die Sache mit dem Labyrinth. „Es sind sicherlich drei Häuser, die immer wieder angebaut und umeinander rumgebaut wurden“, wird Mayer in der Meldung zitiert.
Auf den drei Stockwerken samt geräumigem Dachstuhl und zig verschiedenen Kellern und Stallungen könnte man sich leicht verirren. An manchen Stellen rät der Bürgermeister vom Betreten ab – so beim Laubengang, der einen kleinen Innenhof überspannt und an dessen Ende bereits ein großes Loch seine Warnung begründet.“
„Weichenstellung für die Stadtentwicklung“
Für ein Stadthaus ist es erstaunlich ruhig und hell, da überall Fenster nach außen oder zum Innenhof hin Licht einlassen. „Wir wollen als Stadt hier eine wichtige Weichenstellung für die Stadtentwicklung leisten“, so Mayer, der derzeit mit weiteren Beteiligten an einem Nutzungskonzept arbeitet. „Es war klar, dass wir uns eine Baustelle kaufen, aber damit können wir auch aktiv Möglichkeiten ergreifen.“
Bezirkstagspräsident Heinrich befürwortet das Engagement von Kommunen um historische, denkmalgeschützte und damit auch ortsbildprägende Gebäude, denn es sei Teil der Identität der Menschen vor Ort. In dem herrschaftlichen Haus war lange eine Lebzelterei und später eines der renommiertesten Cafés weit und breit untergebracht. „Das ist schon so lange her, dass ich es kaum mehr weiß“, lacht Mayer. Gemeinsam mit dem Denkmalschutz und anhand der künftigen Nutzung müsse entschieden werden, was man an dem Gebäude erhalten wolle, könne und müsse.
Idee: Jugendbauhütte
„Dieses Haus ist eine große Aufgabe, aber auch etwas ganz Einzigartiges“, meinte Heinrich, der unterwegs immer wieder selbst Fotos schoss, weil die Kulisse „einfach großartig“ sei. Für die kommenden Überlegungen der Stadt in Sachen Nutzung und Sanierung wünschte er dem Grafenauer Bürgermeister alles Gute.
Er regte an, die Einrichtung einer sogenannten Jugendbauhütte durch die „Deutsche Stiftung Denkmalschutz“ zu prüfen. Aktuell gibt es bundesweit 16 solcher Bauhütten, in denen rund 5.000 junge Menschen ihr Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolviert haben. „So ein Projekt würde in meinen Augen ideal zu Eurem Einzeldenkmal passen“, so Bezirkstagspräsident Olaf Heinrich.
da Hog’n