Waldkirchen. Am 21. Mai ist es so weit: Die Waldkirchner Bürgerschaft darf darüber entscheiden, ob die Pläne des Stadtrats für einen Neubau einer zentralen Grundschule umgesetzt werden sollen – oder ob die Bürgerinitiative sich durchsetzt, die sich für den Erhalt von mindestens einer Dorfgrundschule engagiert. Was die Konsequenzen wären, sollte die Bürgerinitiative eine Mehrheit erreichen und warum es schließlich doch zum Kampf „Städter“ gegen „Dörfler“ gekommen ist, kommentiert Hog’n-Autorin Sabine Simon.
Kein Neubau bei Erfolg des Bürgerbegehrens
Um die Formulierung wurde gerungen. Denn: Die Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt einer Dorfschule einsetzt, betonte bisher immer, dass sie dadurch nicht den Neubau im Stadtgebiet nach dem LernLandSchaft-Konzept verhindern möchte. Beim ersten Entwurf des Abstimmzettels wirkte es aber so. Und Eltern aus dem Stadtkern befürchten auch genau dieses: Dass der Neubau nicht kommt, sollte das Bürgerbegehren eine Mehrheit erzielen und somit künftig nicht alle Kinder aus den Dörfern in der Stadt zur Schule gehen werden.
Er stellte laut Pressemitteilung der Regierung von Niederbayern klar: „Bei einem Ausbau des Standortes Karlsbach auf rund 100 Schülerinnen und Schüler – sei es durch eine Zusammenlegung mit dem Standort Böhmzwiesel oder durch eine Sprengeländerung – erscheint ein Neubau in Waldkirchen aus förderrechtlicher Sicht ausgeschlossen.“ Der Raumbedarf für die in diesem Fall relativ wenigen zusätzlichen Schülerinnen und Schüler in Waldkirchen könne auch durch eine Erweiterung am bestehenden Standort gelöst werden.
Überraschend klar äußerte sich dazu vergangene Woche die Regierung von Niederbayern: Am Freitag fand endlich das Gespräch statt, um das die Bürgerinitiative gebeten hatte. Ein Förderrechtsexperte der Regierung beantwortete dabei die Frage nach den Fördermöglichkeiten in Sachen Waldkirchner Grundschulen.
„Städter“ kämpfen jetzt auch
Bürgermeister Pollak und der Stadtrat müssen die Kosten und die Förderfähigkeit bei ihren Planungen natürlich im Blick haben. Heißt konkret: Setzt sich die Bürgerinitiative durch, dann wird es erstmal keinen Neubau im Stadtzentrum geben.
Auf absehbare Zeit bleibt dann in der hiesigen Grundschullandschaft wohl alles so wie es ist. Und dagegen laufen nun die Eltern aus dem Stadtkern Sturm: Sie verteilen Flyer, organisieren Infoveranstaltungen. Sie kämpfen für den Neubau. Für das LernLandSchaft-Konzept. Sie wollen verhindern, dass stattdessen das bestehende Schulgebäude saniert und erweitert wird. Dass die Grundschüler monatelang auf einer Baustelle lernen müssen. Dass es keine neue Turnhalle geben wird.
Eine hitzige Diskussion ist entbrannt – und es wirkt immer mehr wie der Kampf „Städter“ gegen „Dörfler“. Ein Kampf, den die Bürgerinitiative eigentlich nicht entfesseln wollte, den sie letztendlich aber doch heraufbeschworen hat. Stand jetzt wirkt es so, als könne am Ende niemand zufrieden aus der Sache herausgehen. Entweder verlieren die Dörfler ihre Dorfschule oder die Städter bekommen keinen Neubau.
Dörfler fühlen sich übergangen
Doch: Wie kam es dazu? So manche „Dörfler“ fühlten sich bereits vor einem Jahr von den Plänen des Stadtoberhauptes überrumpelt (da Hog’n berichtete). Bürgermeister Pollak weihte die Elternbeiräte der Dorfschulen nämlich erst in seine Überlegungen ein, als für ihn die ideale Lösung aller Probleme rund um sanierungsbedürftige Gebäude, fehlende Turnhallen oder zu wenig Platz für Nachmittagsbetreuung gefunden war: Mit dem Neubau einer Zentralgrundschule auf dem Standort der alten Mittelschule wollte er sie alle auf einen Schlag lösen. Um die Pläne rasch umzusetzen, brauchte er nur noch die Mehrheit im Stadtrat.
Auf der Strecke blieben dabei die Eltern aus den Dörfern. Sie hatte er nicht mitgenommen auf seinem Weg. Sie fühlten sich übergangen und waren von Anfang an nicht zufrieden mit der Aussicht, ihre Kinder bald in eine große Grundschule im Waldkirchner Stadtzentrum zu schicken. Die Bürgerinitiative war geboren.
Als Ende vergangenen Jahres – als der Stadtratsbeschluss für die Zentralgrundschule bereits gefallen war – endlich auch die Elternbeiräte der Dorfschulen mit am Runden Tisch saßen, konnten die Gespräche den Bürgerentscheid nicht mehr abwenden, weil das Stadtoberhaupt samt Stadtrat hier gar nicht mehr „von null“ anfangen konnte zu überlegen. Ein Stadtratsbeschluss lag ja bereits auf dem Tisch – und der Bürgermeister verteidigte ihn.
Alternativlösung nicht förderfähig
Auch wenn sich immer deutlicher abzeichnet, dass die Alternativlösung, die die Bürgerinitiative vorschlägt – nämlich die Karlsbacher Grundschule mit größerer Schülerzahl zu erhalten und trotzdem im Stadtgebiet einen Neubau zu planen – nicht umsetzbar ist, weil die Fördermöglichkeiten fehlen: Die Bürgerinitiative weicht nun ebenfalls nicht mehr ab von ihrer Forderung, mindestens eine Dorfgrundschule zu erhalten. Eine einvernehmliche Lösung ist derzeit nicht möglich.
Es entscheiden also die Waldkirchner Bürger bei der Abstimmung am 21. Mai wie es weitergeht.
Mag sein, dass die Stadt bei einem Erfolg des Bürgerbegehrens dann mit den Planungen noch einmal ganz von vorne anfängt. Viel wahrscheinlicher scheint aber, dass Bürgermeister Pollak und der amtierende Stadtrat das Thema Grundschulen dann erstmal auf die lange Bank schieben. Dass es weiterhin vier Grundschulstandorte geben wird: zwei davon stark sanierungsbedürftig, einer mit zu kleiner Aula und ohne eigene Turnhalle. Dass es weiter Probleme in Sachen Mittagessen und Nachmittagsbetreuung geben wird.
Neubau wäre rasche Lösung vieler Probleme
Wer also für die Waldkirchner Schüler eine rasche Lösung anstrebt, muss für den Neubau einer zentralen Grundschule stimmen. Und wer nicht möchte, dass alle Dorfgrundschulen geschlossen werden, weil er sie für genauso zukunftsfähig hält wie das LernLandSchaft-Konzept, der muss die Bürgerinitiative unterstützen – und nach dem 21. Mai weiterkämpfen: Dafür, dass die Kommunalpolitik noch einmal ganz neu anfängt abzuwägen und eine Lösung findet, die keine Meinung übergeht oder außen vor lässt.
Klar ist dabei allerdings auch den Vertretern der Bürgerinitiative: Der Status Quo kann auf Dauer nicht gehalten werden. Wenn eine oder mehrere Dorfschulen erhalten bleiben sollen, muss der Schulsprengel geändert werden. Hier eine passable Lösung für alle zu finden, wird äußerst schwierig. Und es wird lange dauern…
Kommentar: Sabine Simon