Simbach am Inn. Als Clown zu arbeiten, klingt für manche Außenstehende nach einem Traum-Job. Was könnte es Schöneres geben, als anderen ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern – und dafür auch noch bezahlt zu werden? Die Realität sieht allerdings manchmal etwas anders aus. Darüber hat Hog’n-Autor Florian Fink mit „Zauberclown Rudolpho“ gesprochen, der nun schon seit über zwanzig Jahren als Spaßmacher in Niederbayern und darüber hinaus unterwegs ist.
„Schon als Kind habe ich meine elf Geschwister und meine Klassenkameraden unterhalten“, erklärt Rudolpho, der eigentlich Rudolf Girgnhuber heißt und in Simbach am Inn lebt. Erste Erfahrungen sammelte er dabei in der Grundschule: „Ich habe einmal etwas ausgefressen und musste mich zur Strafe in die Ecke stellen – früher war das ja noch üblich. An der Tafel war ein Kasperl angebracht, den ich dann immer in Bewegung versetzt habe, damit die anderen Kinder zu mir geschaut haben, nicht mehr zur Lehrerin. Und weil ich das so lustig fand, habe ich immer wieder bewusst Blödsinn angestellt, damit ich in die Ecke durfte. Meine Lehrerin hat das nie wirklich verstanden – und letztlich bin ich deswegen sogar sitzen geblieben. Aber die anderen zum Lachen zu bringen war mir wichtiger!“
Vom Hobby zum Beruf
Bis weit ins Erwachsenenalter hinein hatte Rudolpho allerdings fast ausschließlich für die Freunde seiner Kinder gezaubert. Die Idee, als Clown gegen Bezahlung auch „richtige“ Auftritte vor Publikum anzubieten, kam ihm vor 23 Jahren, als er kurzfristig als Ersatz bei einer Faschingsveranstaltung einsprang. Und weil seine Darbietung den Zuschauern gut gefiel, erhielt er direkt im Anschluss die ersten Anfragen. So kam Rudolpho eher per Zufall zum erwerbsmäßigen Clown-Dasein, das er lange Zeit neben seiner eigentlichen Arbeit als Maler und (später) Lkw-Fahrer ausübte. Da ihm sein hauptsächlicher Broterwerb seit zweieinhalb Jahren allerdings gesundheitsbedingt nicht mehr möglich ist, stellen seine Auftritte als Clown heute sein berufliches Hauptstandbein dar.
Er selbst durfte als Kind paradoxerweise nie seinen Geburtstag feiern – nur manchmal gab es Kuchen zu diesem besonderen Anlass. „Genau deshalb ist es mir auch so wichtig, dass die Kinder eine schöne Zeit haben“, macht Rudolpho deutlich. Generell schätzt er den Umgang mit den Buben und Mädchen sehr, unter anderem wegen deren eigener Kreativität: „Erst vor Kurzem hatte ich einen Auftritt in der Therme Eins in Bad Füssing. Ich habe im Becken große Seifenblasen auf der Wasseroberfläche gemacht und dann tauchte plötzlich eines der Mädchen von unten in die Blase hinein – und zwar ohne, dass sie zerplatzt ist. Die Kleine hat dann sogar noch angefangen aus meiner großen Seifenblase kleine Seifenblasen herauszupusten!“ Es sind Geschichten wie diese, die Rudolpho Freude bereiten und auf neue Ideen für zukünftige Shows bringen.
Kinder mit Behinderung, vor denen er ebenfalls häufig auftritt, sind Rudolpho ein ganz besonderes Anliegen: „Für mich ist es wichtig, dass diese Kinder mehr Aufmerksamkeit bekommen als andere. Sie haben ohnehin so viele Schwierigkeiten im Leben und können viele Dinge nicht machen, die für uns Menschen ohne Behinderung so einfach und selbstverständlich sind. Deshalb will ich, dass sie lachen können, wenn ich da bin.“
Der „Spiele-Erfinder“ Rudolpho
Auch ohne die gelegentliche Mithilfe seines Publikums – wie etwa bei den Seifenblasen – hat Rudolpho eine große Auswahl an Spielen zu bieten. Mittlerweile sind es mehr als 240, die er im Laufe der Zeit fast alle selbst entwickelt hat. Dabei geht es nicht immer nur um Spaß und Unterhaltung, bei einigen steht auch die Wissensvermittlung im Fokus.
So hat er etwa ein Glücksrad konzipiert, an dem die Kinder drehen dürfen. Auf den einzelnen Feldern befinden sich Tiere, der Name des jeweiligen Geburtstagskindes, ein Polizeiauto, ein Feuerwehrauto und ein Krankenwagen. Landet der Zeiger auf dem Namen des Geburtstagskindes, bekommt dieses ein Geschenk überreicht. Landet er auf einem Tier, muss der Spieler dieses nachahmen. Und wenn eins der drei Einsatzfahrzeuge getroffen wird, muss das Kind die passende Telefonnummer sagen, die es im Notfall dafür braucht. Rudolpho erhofft sich davon, dass die Kinder sich die Nummern spielerisch einprägen und so im Ernstfall Hilfe holen können.
Etwas anderes, mit dem der Simbacher begeistern kann, ist eine Bauchredner-Puppe namens „Krümel“. Das Besondere daran ist, dass sie Gummibärchen essen kann. Die Idee für eine solche Puppe kam Rudolpho bereits als Kind: „Im Fernsehen habe ich öfters eine Sendung mit einem Bauchredner geschaut. Dabei habe ich mich immer gefragt, wieso die Puppen, die er dafür verwendet, nicht essen können.“ Diese Frage hat er bis ins Erwachsenenalter im Hinterkopf behalten. Und eines Tages bat er seine Schwester Sabine, die ebenfalls künstlerisch veranlagt ist, darum, ihm eine Puppe zu bauen, die essen kann. Den Namen Krümel erhielt sie bei ihrem Debütauftritt in Pfarrkirchen. Im örtlichen Kindergarten durften sich die Buben und Mädchen einen Namen für sie aussuchen – und seither begleitet Krümel Rudolpho zu seinen Auftritten.
Nicht immer nur Spaß und Fröhlichkeit
Mit dem Clown-Sein sind allerdings auch einige unangenehme Aspekte verbunden. Einerseits gibt es viele Vorurteile und Klischees, mit denen man als Clown zu kämpfen hat. Das beginnt bei der Vorstellung, dass sich seine Auftritte nur an Kinder richten würden. „Ich trete an ganz verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Anlässen auf, das ist wirklich bunt gemischt – auch alterstechnisch“, ordnet Rudolpho ein. Und so ist er nicht nur bei Kindergeburtstagen zu Gast, sondern besucht auch Wohngemeinschaften für Senioren, Krankenhäuser oder tritt bei Betriebsfeiern und in Schulen auf.
Des Öfteren kommt es auch vor, dass er im Privatleben nicht ernst- und als seltsam wahrgenommen wird. Beispielsweise hat ihn eine seiner Nachbarinnen über viele Jahre hinweg nicht mehr gegrüßt, seit sie ihn zum ersten Mal in seinem Clown-Auto gesehen hat. Auch seine beiden Kinder wurden in der Schule für seine Auftritte schon gehänselt – und in seiner Heimatstadt Simbach am Inn genießt er laut eigener Aussage allgemein keinen guten Ruf.
Hinzu kommt, dass Rudolpho selbstständig arbeitet. Das bedeutet zwar einerseits mehr Freiheiten. Andererseits aber auch gewisse Unsicherheiten, etwa finanzieller Art. Je nach Auftragslage verdient er pro Monat mal mehr, mal weniger Geld – was bestimmte Planungen erschwert. Doch zumindest bescherten ihm die Coronakrise und die aktuell hohe Inflationsrate bislang keine allzu großen Einbußen. Seinen Job als Clown an den Nagel zu hängen, kommt für Rudolpho jedenfalls – trotz aller Widerstände – nicht in Frage: „Ich kann damit nicht aufhören. Ich werde das weiterhin machen, solange es geht!“
Florian Fink