Bayerischer Wald. Nur ein Heimatdichter? Ein Hitler-Verehrer? Oder doch eher ein Hitler-verehrender Heimatdichter? Wer war Hans-Watzlik genau? Er, der 1879 im böhmischen Unterhaid als Sohn eines Postmeisters geboren wurde. Der zu Zeiten des NS-Regimes NSDAP-Mitglied war, der sog. Reichsschrifttumskammer angehörte und sich als Amtsleiter der Sudetendeutschen Partei auch politisch engagierte. Und dem heute vielerorts im Bayerischen Wald Straßennamen gewidmet sind (da Hog’n berichtete).
Die Frage, ob man einem Mann, der seine Schriften nicht nur einmal in der Hetzschrift „Völkischer Beobachter“ veröffentlichte, als Herausgeber einer völkischen Zeitschrift fungierte und zur Zeit des Nationalsozialismus als „politisch zuverlässig und künstlerisch wertvoll“ galt, bis in die Gegenwart derlei sichtbare Ehren zuteil werden lassen sollte, scheint obsolet.
Nachdem da Hog’n sowohl die Verwaltung der Stadt Freyung, wo eine Hans-Watzlik-Straße existiert, als auch die Verantwortlichen des Nationalparks Bayerischer Wald, wo es einen sog. Hans-Watzlik-Hain gibt, um eine Stellungnahme bat – beide wollen über eine Umbenennung der Örtlichkeit bzw. über das Anbringen eines Zusatzschildes nachdenken -, haben wir auch die restlichen Bürgermeister im Bayerwald, in deren Gemeinden Hans-Watzlik in Form von Straßennamen präsent ist, nach ihrer Meinung zum Thema befragt.
„Darüber sprechen und informieren“
„Ob es noch angebracht ist, dass Hans Watzlik in unserer Stadt ein Straßenname gewidmet ist, kann ich in der Kürze nicht entscheiden – denn ich muss gestehen, dass ich das zum ersten Mal höre“, teilt etwa Regens Rathaus-Chef Andreas Kroner auf Nachfrage mit. Er sieht insofern Handlungsbedarf, dass man „darüber sprechen und informieren muss“, um für etwaige Aufarbeitung zu sorgen. Die Idee zur Kontextualisierung per Zusatzschild, wie sie in größeren Städten wie Augsburg oder Straubing bereits beschlossen wurden, erachtet auch er spontan als vorstellbar.
Er habe das Thema jedenfalls an den Stadtarchivar weitergeleitet. „Es wird ja sicher auch eine Begründung geben, warum wir die Straße nach ihm benannt haben“, sagt Kroner, der die internen Recherchen erstmal abwarten wolle. Zudem verweist er auf ein Schulprojekt des Gymnasiums Zwiesel, das sich im Rahmen eines Schülerwettbewerbs zur politischen Bildung mit der Thematik auseinander gesetzt hatte.
Gemeinsame Vorgehensweise erwünscht
Karl-Heinz Eppinger, Kroners Pendant in der Glasstadt, informiert zunächst, dass die Hans-Watzlik-Straße in Zwiesel aktuell mit elf Häusern bebaut ist und insgesamt 65 Personen dort als wohnhaft gemeldet sind. „Dies allein mag verdeutlichen, dass eine eventuell im Raum stehende Umbenennung nicht Gegenstand einer spontanen Entscheidung sein kann, zumal hierfür auch ein entsprechender Beschluss des Stadtrates nach Vorberatung im Hauptausschuss herbeizuführen wäre“, so der Neu-Bürgermeister.
Auch seiner Auffassung nach bedarf eine Gewichtung der mittlerweile bekannten Nähe Hans-Watzliks zum Nationalsozialismus einer eingehender Recherche und umfassender historischer Aufarbeitung. Um die Komplexität der Materie zu unterstreichen, verweist Eppinger auf das 300 Seiten starke und im Arco Verlag erschienene Werk „Hans Watzlik – ein Nazidichter?“
„Nachdem es in nicht weniger als 40 bayerischen Orten Straßen- und Wegebenennungen zu Hans-Watzlik gibt – davon 17 in Niederbayern – und alleine im Zwieseler Winkel zusammen mit der Stadt Regen und den Nachbargemeinden Bayerisch Eisenstein und Frauenau vier Kommunen betroffen sind, sollte eine gemeinsame Vorgehensweise erörtert werden“, schlägt das Stadtoberhaupt vor – gerne unter Einbeziehung von Stadt-, Kreis- und Bezirksheimatpflegern, die mit ihrer Sachkenntnis den Kommunen beratend zur Seite stehen könnten. „Gut vorstellbar ist für mich auch die Einbeziehung von Einrichtungen wie das Haus der bayerischen Geschichte oder Verbänden wie beispielsweise der Sudetendeutschen Landsmannschaft.
„Leidtragende einer Umbenennung sind die Anwohner“
Andreas Waiblinger, Oberhaupt der Gemeinde St. Oswald-Riedlhütte, stellt auf Hog’n-Anfrage eingangs fest, „dass sich bislang kein Gemeindebürger oder auch ein Urlaubsgast oder ein Bürger einer anderen Kommune daran gestört hat, dass es bei uns die Hans-Watzlik-Straße gibt“. Seiner Vermutung nach wurde der Straßenname irgendwann einmal gewählt, um den Bezug zu Personen aus dem Bayerisch-Böhmischen-Raum herzustellen, was Hog’n-Recherchen zufolge durchaus richtig ist.
Eine Umbenennung von Straßennamen sei im Gemeinderat zu behandeln. „Wir werden diesbezüglich in einer der nächsten Sitzungen darüber sprechen“, teilt Waiblinger weiter mit – und ergänzt, dass die Anbringung eines Zusatzschildes „grundsätzlich eine einfache und praktikable Lösung wäre, um nicht noch mehr Verwirrung zu stiften“. Leidtragende einer Umbenennung sind seiner Meinung nach immer die Anwohner: „Sei es bei der Post- oder Paketzustellung als auch im Fall eines Rettungsdiensteinsatzes.“
Angelegenheit bis dato nicht bekannt
Nicht ganz so ausführlich antwortet Michael Herzog, Bürgermeister von Bayerisch Eisenstein, auf unsere Nachfrage. Er versichert jedoch: „Wir werden uns demnächst im Gemeinderat mit der Thematik befassen.“ Die Causa Watzlik sei ihm persönlich bis dato noch nicht bekannt gewesen. Ebenso war seinem Frauenauer Amtskollegen Fritz Schreder die Angelegenheit bislang nicht bewusst, wie dieser gegenüber dem Hog’n offen zugibt. „Auch von Bürger-Seite ist dies bis dato in keinster Weise diskutiert oder irgendein Handlungsbedarf formuliert worden.“
Er wolle die Sache jedoch aufgreifen und im Gemeinderat in nicht-öffentlicher Sitzung eine erste Diskussion darüber führen – mit dem Ergebnis: „Wir haben uns im Gremium sehr sachlich unterhalten und die Situation durchaus auch kritisch gesehen.“ Konkretes sei dabei noch nicht vereinbart oder beschlossen worden. „Die nächste Sitzung findet Mitte April statt – dann werden wir uns mehr informiert haben und werden uns über mögliche Reaktionen seitens der Gemeinde besprechen“, informiert Schreder abschließend.
Fortsetzung folgt…
Stephan Hörhammer