Nürnberg. Diese Ortsmarke überrascht, wenn es um Karin Rabhansl geht, gehört doch die Liedermacherin aus Trautmannsdorf (Gemeinde Saldenburg) inzwischen zu den musikalischen Aushängeschildern des Bayerischen Waldes. Um ihren Bandmitgliedern nahe zu sein, ist sie schon 2011 in die Frankenmetropole gezogen. Es wirkt inzwischen so, als wäre die 36-Jährige schon immer da und allgegenwärtig – im Woid und darüber hinaus.
Neues Album „Rodeo“
Und sie ist auch schon lange im Geschäft: Vor rund zehn Jahren erschien mit „Mogst schmusn, mia wad’s wurscht“ ihr Debüt-Album. Kürzlich veröffentlichte sie mit „Rodeo„ bereits ihre fünfte Scheibe. Über dieses Projekt und über ihre Entwicklung spricht die „Rabhanslin“ im Hog’n-Interview.
Karin, die wichtigste Frage vorweg: Wie geht’s Dir?
Mir geht’s super! Ich bin sehr glücklich und freue mich, dass nach drei Jahren Arbeit endlich mein neues Album erschienen ist. Das ist wunderbar. Bisher habe ich auf ‚Rodeo‘ – toi, toi, toi – nur positive Rückmeldungen bekommen, was mich sehr freut. Man ist ja doch immer ein bisschen aufgeregt und fragt sich oft, wie die Lieder bei den Leuten ankommen.
„Ich habe den coolsten Job auf der ganzen Welt“
Wie geht’s Dir als selbstständige Musikerin? Hast Du diesen Schritt bereut – gerade vor dem Corona-Hintergrund?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe immer noch den coolsten Job auf der ganzen Welt. Mein großer Vorteil ist, dass ich nicht nur die Rockband habe. Nur mit dieser wär’s wohl zäh geworden während der Pandemie, denn da haben wir nur wenige Auftritte gespielt – auch, weil wir es so wollten. Denn wer will bei einem Rockkonzert mit Maske ruhig dasitzen und sich nicht bewegen?
Was war dann Deine Alternative?
Meine Solo-Auftritte. Die waren selbst mit Abstand und Maske gut möglich. Das ist ja eher eine akustische, ruhigere Angelegenheit. Lustigerweise habe ich unmittelbar vor der Pandemie mit Julia Fischer, der Keyboarderin meiner Rockband, das Duo „Fischer & Rabe“ gegründet.
„Bin meine eigene Chefin“
Auch in dieser Zusammensetzung konnten wir Corona-konform auftreten und haben u.a. eine Niederbayern-Tour gespielt. Insgesamt kann ich mich also wirklich nicht darüber beschweren, dass die vergangenen Jahre schlechter gelaufen wären.
Ist das Leben als Musikerin also so, wie Du es Dir vorgestellt hast?
Sogar besser. Ich bin meine eigene Chefin. Ich kann machen, was ich will. Und das ist so viel wert. Ob ich noch einmal ein Angestellten-Verhältnis ertragen würde, bezweifle ich sehr. Als riesengroßer Sturschädel, der ich bin, wäre das nur schwer vorstellbar. Ich bin es einfach gewohnt, mein eigenes Ding zu machen.
Hast Du aus Deiner Sicht den Durchbruch geschafft?
Ja. Ich bin total zufrieden. Die Frage ist ohnehin: Was bedeutet schon ‚Durchbruch‘?
„Mit der Musik ist man nie fertig“
Deine Antwort?
Ich bin ja mehrspurig aufgestellt. Zwei Tage pro Woche gebe ich Musikunterricht im Rahmen meiner eigenen Musikschule, die ich mir aufgebaut habe. Diese Tätigkeit deckt meine Fixkosten ab. Ansonsten spiele ich Konzerte – solo, mit meinem Duo „Fischer & Rabe“, mit der Karin-Rabhansl-Band und mit PETS, meiner Punkband. Zusammengefasst komme ich also recht gut über die Runden.
Musik ist Deine Leidenschaft, früher war’s Dein Hobby. Ist dadurch, dass Du mit Deinen Liedern Geld verdienen musst, das Feuer etwas abgeschwächt?
Überhaupt nicht. Es gibt ja immer noch neue Möglichkeiten. Ich habe gemerkt, dass ich nach meiner Corona-Erkrankung beim Singen Probleme mit der Atmung hatte und eine Art Schonhaltung eingenommen habe. Die Bronchien machten nicht so, wie ich will. Deshalb habe ich mir die Sopranistin Christine Mittermair, eine klassische Musikerin, als Gesangslehrerin geschnappt. Seitdem ich mit ihr Übungen mache, läuft’s wieder viel besser. Nicht nur deshalb: Mit der Musik ist man nie fertig. Man hat nie ausgelernt. Die Faszination für Klänge aller Art ist noch genauso da wie vor 20 Jahren.
„Egal, wo ich bin: Ich bin immer die Karin“
Es gibt aber dennoch Tage, an denen alles einfach nur nervt, oder?
Freilich. Das gehört dazu. Und jeder, der das Gegenteil behauptet, lügt.
2015 hast Du in einem Hog’n-Interview betont, dass Du Dich nicht verstellen musst und brauchst. Ist das nach wie vor so?
Natürlich. Ansonsten wäre das, was ich mache, ja nicht mehr möglich.
Gibt es keine Momente, in denen Du gezielt „eine andere“ bist, um bewusst die Scheinwerfer auf Dich zu lenken?
Ich stelle mich auf die Bühne und finde es super, dort überhaupt stehen zu dürfen. Und egal, wo ich bin: Ich bin immer die Karin. Verstellen gibt’s bei mir nicht.
Eine „Kostprobe“ aus dem neuen Album
Das 2015 erschiene Album „Anna“ hast Du komplett selbst finanziert. Ist das nun bei „Rodeo“ auch der Fall?
Ja und nein. Dieses Mal ist es mir geglückt, eine Förderung der Initiative Musik zu erhalten, was mich wahnsinnig freut. So ist das Album weiterhin mein Album, doch es lebt sich finanziell betrachtet schon einfacher. Eine derartige Produktion kostet einen Kleinwagen. Und wenn man dabei unabhängigerweise unterstützt wird, ist das ein großes Glück.
Kleineres Risiko bedeutet leichtere Arbeit und somit bessere Ideen?
Ja, schon. Und ich kann mir auch, sollte sie kaputt gehen, eine neue Waschmaschine während der Produktionsphase leisten (schmunzelt).
„Einfach Bock, im Dialekt zu singen“
Dein Album „Rodeo“ klingt aber sowas von rockig – wie kommt’s?
Das hat sich seit ‚Tod & Teufel‘ abgezeichnet. Ich bin nach und nach rockiger geworden. Es war also keine bewusste Entscheidung, eher eine Entwicklung. Ich bin ja jetzt auch Bassistin.
Da schau her – wie das?
Da sind wir wieder bei der bereits angesprochenen stetigen Weiterentwicklung. Durch den Bass habe ich neue kreative Möglichkeiten entdeckt.
Wichtig war und ist Dir immer schon die Bewahrung Deines Dialektes. Minimierst Du somit nicht Deine eigene Reichweite?
Ich weiß auch nicht. Im vergangenen Jahr war ich auf einem Festival. Headliner am Samstagabend ist eine norwegische Punkrock-Band mit ausschließlich norwegischen Liedern gewesen. So gut wie keiner hat also ein Wort verstanden – und dennoch war die Hölle los. Was ich damit sagen will: Letztlich ist es nebensächlich, welche Sprache oder welchen Klang man hört. Es geht darum, was transportiert wird. Musik ist eine eigene Vermittlungsform, eine sehr individuelle. Hinzu kommt, dass ich einfach keinen Bock habe, nicht im Dialekt zu singen.
Abschließend der obligatorische Blick in die Zukunft. Erzähl doch mal…
Der Plan: ganz viele Festivals spielen, irgendwann einmal wieder neue Songs schreiben. Ich bin zufrieden. So kann es weitergehen. Und keine Ahnung…
Du hast also den Luxus, einfach hinein leben zu dürfen in die nächsten Jahre?
Absolut. Alles ergibt sich irgendwie.
Klingt doch gut. Danke für das Gespräch. Bleib g’schmeidig!
Interview: Helmut Weigerstorfer