Freyung. Dass der deutsch-böhmische Schriftsteller Hans Watzlik und dessen Wirken zu Zeiten des NS-Regimes nicht unumstritten ist, dürfte längst bekannt sein. Er war von 1938 an Mitglied der Nationalsozialistischen Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP), gehörte der sog. Reichsschrifttumskammer an und war Amtsleiter der Sudetendeutschen Partei. Er veröffentliche seine Schriften des Öfteren im Völkischen Beobachter und war Herausgeber einer völkischen Zeitschrift. „Zur Zeit des Nationalsozialismus galt Watzlik als politisch zuverlässig und künstlerisch wertvoll“, ist bei Wikipedia über ihn zu lesen.
Folgende Zeilen aus einer Rede über Adalbert Stifter stammen aus seiner Feder:
„Wir wissen, wem wir unsere Freiheit zu danken haben. Wir wollen darum immer in Treue zu ihm gehören, unserem Befreier, dem größten Staatsmann der Deutschen, dem größten deutschen Willensmenschen […] einzigartig, einmalig in der Geschichte der Völker: Adolf Hitler!“ (Hans Watzlik, Sudetendeutsche Reden und Aufrufe, 1940, S. 70f)
Sulzbach, Straubing, Augsburg
Der 1879 im böhmischen Unterhaid geborene Watzlik ist seit 2021 Thema in der oberpfälzischen Stadt Sulzbach-Rosenberg, östlich von Nürnberg gelegen. Dort wurde seitens einer Fraktion ein Antrag zur Umbenennung der hiesigen Hans-Watzlik-Straße im Stadtrat eingereicht. In der Folge entstand eine lebhafte öffentliche Diskussion, die etwa im Rahmen einer Bürgerversammlung kontrovers ausgetragen wurde.
Ebenso war der Name des Schriftstellers Gegenstand in der jüngsten Straubinger Stadtratssitzung, bei der sich eine deutliche Mehrheit für das Anbringen eines Zusatzschildes am „Hans-Watzlik-Ring“ ausgesprochen hat, die die Rolle des Schriftstellers in der Zeit des Nationalsozialismus näher erläutert. „Er behält jetzt die Ehre eines Straßennamens in Straubing und bekommt zusätzlich ein Erklärschild, das ihn als Heimatdichter ausweist“, kommentierte Stadtratsmitglied und Grünen-Bundestagsabgeordneter Erhard Grundl nach der Entscheidung im Straubinger Gremium hörbar verschnupft.
Auch in Augsburg wurde vor etwa zwei Jahren bereits ein Zusatzschild mit weiteren Informationen angebracht. Darauf ist folgendes zu lesen: „Diese Straße ist nach dem sudetendeutschen Heimatdichter Hans Watzlik benannt. Unbeachtet seit der Benennung 1960 blieb, dass er Mitglied der NSDAP war und sich mit einem Teil seiner Werke propagandistisch in den Dienst des nationalsozialistischen Regimes stellte.“ Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg war es nicht unüblich, dass für die sog. Heimatvertriebenen aus dem einstigen Sudetenland (heutiger Westen Tschechiens) zur Erinnerung an den ehemaligen Herkunftsort Straßennamen nach ihnen bekannten Dichtern benannt wurden.
Stadt Freyung hält Zusatzschild für sinnvoll
In der Kreisstadt Freyung, wo in diesem Jahr die Landesgartenschau ausgetragen wird, existiert ebenfalls eine Straße, die den Namen Hans-Watzliks trägt. Wir wollten daher von Bürgermeister Olaf Heinrich wissen, ob er Handlungsbedarf bzgl. einer Umwidmung sieht bzw. was er von der Idee hält, wie in Straubing und Augsburg ebenfalls ein Zusatzschild zur Kontextualisierung anzubringen. „Die Stadtverwaltung hält den Vorschlag eines Zusatzschildes für sinnvoll und hat diesbezüglich mit dem örtlich zuständigen Kreisheimatpfleger Kontakt aufgenommen und um Beratung bzw. Einschätzung gebeten“, teilt dazu Geschäftsleiter Michael Pradl auf Hog’n-Nachfrage mit.
Weiters informiert er, dass Stadtratsmitglied Sebastian Schlutz (CSU) sich deswegen bereits im Januar an die Stadtverwaltung gerichtet, dieser Unterlagen zu diesem Thema übermittelt und angeregt habe, das Straßenschild mit einem Zusatz zu versehen. „Weitere Unterlagen reichte er am 13. Februar nach“, so Pradl. Auf Nachfrage teilt Schlutz mit, dass er keinen offiziellen Antrag gestellt habe. „Ich habe mir lediglich Erkundigungen über Hans-Watzlik eingeholt, möchte wissen, warum die Straße in Freyung nach ihn benannt worden ist, weil ich mitbekommen habe, dass es Fragen zu seiner Vergangenheit gegeben hat.“
Die Stadtverwaltung wertet dieses Schreiben jedoch sehr wohl als Antrag, wie Pradl betont – und „holt gerade weitere Informationen ein und wird dem zuständigen Gremium zu gegebener Zeit einen Beschlussvorschlag zur Beratung vorlegen“. Einer finalen Beurteilung möchten Bürgermeister Heinrich und die Verwaltung nicht vorgreifen.
Auch Nationalpark denkt auch über Umbenennung nach
Im Nationalpark Bayerischer Wald gibt es den sog. Hans-Watzlik-Hain, ein 38 Hektar großer, urwaldartiger Waldbestand, westlich von Zwieslerwaldhaus gelegen. Dort soll die älteste Tanne des Bayerwalds zu finden sein. Das Naturschutzgebiet wurde 1950 durch Bekanntmachung des Innenministeriums errichtet und ging 1997 im Nationalpark auf.
„Die Bezeichnung Hans-Watzlik-Hain hat es bereits vor der Gründung des Nationalparks gegeben“, bestätigt auch Dr. Franz Leibl, Leiter der Nationalparkverwaltung, auf Hog’n-Nachfrage. „Der Name ist bis heute geblieben. Angesichts der nationalsozialistischen Orientierung von Hans Watzlik ist es aus Sicht der Nationalparkverwaltung gerechtfertigt, über eine Umbenennung der Örtlichkeit bzw. über das Anbringen eines Zusatzschildes, nachzudenken. Hierzu laufen erste Überlegungen in der Nationalparkverwaltung.“
Stephan Hörhammer