Donaustauf. Es waren die dunkelsten Stunden Deutschlands im vergangenen Jahrhundert überhaupt. Der Erste und allen voran der Zweite Weltkrieg brachten unendlich viel Leid über die Menschen in der heutigen Bundesrepublik. Viele blicken deshalb nicht gerne zurück – zumal während der Nazi-Zeit so mancher mehr Dreck am Stecken hatte als zunächst gedacht. Jakob Weinbeck aus Donaustauf gehörte als überzeugter Sozialdemokrat eher zur anderen Seite. Wenn auch viele Fragen rund um seine Biographie offen bleiben.
Die Enkelin des Oberpfälzers, Gerda Adlhoch, hat sich mit dem Leben ihres Großvaters auseinander gesetzt. Entstanden dabei ist das im Battenberg Gietl Verlag erschienene Buch „Jakob Weinbeck – Spuren eines Lebens in Donaustauf 1882 – 1967„. Im Rahmen ihrer Recherchen kam die Realschullehrerin darauf, dass ihr Vorfahre aufgrund des Delikts der Körperverletzung ins Gefängnis musste. Außerdem ist die genaue Rolle des SPD’lers während des Hitler-Regimes nicht vollends geklärt. Warum Gerda Adlhoch trotzdem nicht einen Moment daran dachte, das Buch zurück zu ziehen, erklärt sie im folgenden Hog’n-Interview…
„Bei weiterer Kritik wäre er im KZ gelandet“
Frau Adlhoch, taugt Ihr Großvater Jakob Weinbeck als Vorbild?
Ja, ich denke schon, dass mein Großvater wegen seines politischen Engagements als Vorbild taugt.
Ist ein wegen Körperverletztung verurteilter Straftäter ein Vorbild?
Jakob Weinbeck hat seine Strafe abgesessen. Danach hat er sich nichts mehr zuschulden kommen lassen. Wegen seines Engagements als Gemeinderat und seinem Eintreten gegen Willkür kann er meiner Meinung nach trotzdem als Vorbild dienen. Grundsätzlich kann sich der Leser zu dieser Frage jedoch selber ein Urteil bilden.
Ist ein Sozialdemokrat, der erst gegen die Nazis aufbegehrte, dann aber viele Jahre lang schwieg, ein Vorbild?
Mein Großvater war sich nach den Vorkommnissen im März 1933 darüber im Klaren, dass er bei weiterer Kritik an den Nazis mit Sicherheit im KZ gelandet wäre. Er hatte eine Frau und sechs Kinder. Da wollte er wohl nichts riskieren. Gefährlich war schon, dass er seine Tochter Barbara nicht zum BDM gehen ließ. Außerdem kann es sein, dass er im Untergrund aktiv war. Darüber gibt es aber keine Dokumente.
„Zur Erinnerungskultur beitragen“
Die zwei vorher aufgereihten Fragen machen deutlich, dass es wohl alles andere als einfach erscheint, über ein Familienmitglied zu recherchieren – und das Ergebnis, auch wenn es negativ ist, dann zu veröffentlichen. Gab es Momente, in denen Sie das Buch über Ihren Opa zurückziehen wollten?
Nein, die gab es nie. Es war mir wichtig, damit zur Erinnerungskultur beizutragen. Auch habe ich mich ganz bewusst dazu entschieden, die Gefängnisstrafe zu erwähnen. Damit soll gezeigt werden, dass mein Großvater kein perfekter Mensch ohne Fehler war.
Kommt noch mehr ans Tageslicht?
Wie ging Ihre Familie damit um, dass sie in der Vergangenheit der Weinbecks wühlten? Gab es viele kritische Stimmen?
Meine Familie war sehr interessiert. Kritik gab es keine. Der Sohn meines Großvaters, Karl Weinbeck, ist leider am 8. Februar dieses Jahres im Alter von 98 Jahren verstorben. Auch er hatte keine Bedenken, die Biographie zu veröffentlichen.
Die Hintergründe genannter Straftat bleiben ungeklärt. Genauso wie die genaue Rolle von Jakob Weinbeck während des Zweiten Weltkrieges. Besteht hier noch die berechtigte Hoffnung, dass weitere Informationen ans Licht kommen?
Bezüglich der Tathintergründe habe ich versucht, das Gerichtsurteil bzw. Gefängnisunterlagen zu bekommen. Leider liegt die Tat so lange zurück, dass ich keine Dokumente bekam. Ob bezüglich seiner Rolle während des Zweiten Weltkrieges noch Infos ans Tageslicht kommen, kann ich nicht sagen.
Wie würde sich Ihr Großvater wohl in der heutigen Zeit zurechtfinden? Welche Rolle würde er nun einnehmen?
Ich glaube, dass mein Opa ein überzeugter Sozialdemokrat war. Deshalb könnte ich mir vorstellen, dass er sich wieder bei der SPD engagieren würde.
Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen. Alles Gute für die Zukunft.
Kurz-Interview: Helmut Weigerstorfer