Freyung. Eine Sporthalle ist vor allem dann eine gute Sporthalle, wenn man sie auch nutzen kann. Wenn es darin möglich ist – insbesondere in den Wintermonaten – Ballsportarten wie Fußball, Basketball oder Handball zu betreiben und sich dabei frei zu bewegen, zu laufen und zu sprinten. Wenn sie eben genau jenen Zweck erfüllt, für den sie bestimmt worden ist. Die Halle in der Bundeswehrkaserne „Am Goldenen Steig“ tut dies nicht. Die Bodenqualität habe sich im Laufe der Zeit verschlechtert, sie wurde als „insgesamt zu hart“ eingestuft. Warum das so ist? Das weiß offenbar keiner…
Vielen ist sie bekannt, die Turnhalle der Freyunger Bundeswehr. Etliche Rekruten haben dort zu Beginn ihrer Grundausbildung ihre ersten sportlichen Tests wie den sog. Pendellauf absolviert. Viele Fußballmannschaften – insbesondere aus der näheren Umgebung – haben sie genutzt, um sich in der kalten Jahreszeit auf anstehende Hallenturniere oder die bevorstehende Rückrunde nach der Winterpause vorzubereiten. Nicht wenige kennen sie ebenfalls von öffentlichen Veranstaltungen wie dem heuer dort stattgefundenen gemeinsamen Neujahrsempfang des Landkreises Freyung-Grafenau, der Stadt Freyung und der örtlichen Bundeswehr. Ein Ort also, der so einigen Bewohnern sukzessive zum treuen Begleiter wurde.
Ratlosigkeit auf Seiten der Bundeswehr
Erbaut wurde die Sporthalle 1961, wie eine Sprecherin des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) auf Hog’n-Nachfrage mitteilt. In den vergangenen sechs Jahrzehnten sei sie ausschließlich ihrem Errichtungszweck entsprechend als Sporthalle genutzt – und seither fortlaufend instandgehalten worden. Zudem erfolgten eine Sanierung des Daches und der Anbau von Umkleiden in den Jahren 2006 und 2007. „Der derzeit in der Halle ausgebrachte Sportboden wurde im Jahr 2012 verlegt“, heißt es weiter von Seiten der Behörde. Es handele sich dabei um einen „flächenelastischen Sportboden mit elastischer Schicht aus Verbund-Schaummatten und Linoleum-Oberbelag.“ Die Fläche betrage ca. 880 Quadratmeter.
Die aktuelle „Nutzungseinschränkung für Lauf- und Ballsportarten“ – für alle weiteren (insbesondere statischen) Sportarten ist sie freigegeben – beruhe auf der Empfehlung des Instituts für Sportbodentechnik (IST) Leipzig vom 6. Mai 2020, wonach der Boden nach entsprechenden DIN-Norm-Messungen als „insgesamt zu hart“ eingestuft wurde. In dem Prüfbericht werde empfohlen, „einen neuen flächenelastischen Sportboden zu verlegen, da der vorhandene Boden die Schutzfunktion nicht gewährleistet“. Seitdem darf die Halle für die genannten Zwecke nicht mehr genutzt werden. Denn: „Die gemessenen niedrigen Werte bei Standardverformung und Kraftabbau können eine Belastung des Bewegungsapparates der Sporttreibenden vor allem bei Lauf- und Ballsportarten sowie eine Erhöhung der Verletzungsgefahr bei Stürzen nach sich ziehen.“
Die IST-Empfehlung ist für die Bundeswehr nicht rechtlich bindend, wie das BAIUDBw informiert. Ihr obliegt jedoch die Betreiberverantwortung sowie die -haftung. „Demnach liegt es ausschließlich im Ermessen der Bundeswehr, über die Umsetzung der Empfehlung des IST zu entscheiden und die Nutzung der Sporthalle bis zum Herstellen eines anforderungskonformen Zustands mittels einer Sanierung einzuschränken.“
Auf die Frage hin, warum der Hallenboden zum Zeitpunkt der Verlegung (2012) offenbar noch in Ordnung und für die betreffenden Sportarten geeignet gewesen ist, dies acht Jahre später augenscheinlich jedoch nicht mehr der Fall war, habe man seitens der Bundeswehr keine Erklärung. „Die Gründe, die zur Verschlechterung der Bodenqualität geführt haben, sind nicht bekannt.“ Es könnten hierzu nur Annahmen getroffen werden. Ebenso wenig sei bekannt, ob die Verschlechterung der Bodenqualität auf die Nutzung durch die Bundeswehr oder aber auf die Mitnutzung durch Dritte zurückzuführen ist. Jedenfalls: Das zertifizierte Sportbodensystem habe zum Zeitpunkt des Einbaus sämtliche Werte eingehalten. Im Rahmen der Planungsphase für die anstehende Sanierung der Sporthalle werde eine neuerliche Überprüfung der Bodeneigenschaften erfolgen. Wann diese stattfindet, könne man derzeit nicht sagen.
Rund eine Million Euro Gesamtkosten
Stichwort Sanierung: Diese soll neben dem Austausch des Hallenbodens insbesondere die statische Sanierung des Tragwerks zur Anpassung an die aktuell geltende Schneelastnorm umfassen, wie die Sprecherin weiter mitteilt. Die Stahlrahmen der Sporthalle, die im Rahmen des Bauvorhabens verstärkt werden sollen, wurden ursprünglich (1961) mit einer Schneelast von 150 kg/m² berechnet. Mittlerweile liege die Schneelast am Standort Freyung gem. der aktuellen DIN-Norm bei 258 kg/m². „Die Normen werden fortlaufend überarbeitet, weswegen sich im Laufe der Zeit auch die Anforderungen an die Statik ändern“, informiert die Sprecherin dazu. Das Thema „Schneelast“ sei vor allem nach dem Einsturz des Daches des nordöstlichen Anlagenteils der Eissporthalle in Bad Reichenhall und nach der Schneekatastrophe im ostbayerischen Raum (2006) in den Fokus gerückt.
Die Kosten des Bauvorhabens werden nun in der Planungsphase vom Staatlichen Bauamt Passau ermittelt. Konkrete Zahlen zu den Gesamtkosten sowie zu deren Verteilung auf Sportboden und Tragwerk könne man noch nicht nennen. Jedoch gehe man zum aktuellen Zeitpunkt von rund einer Million Euro für das Bauvorhaben, das aus dem Verteidigungshaushalt finanziert werde, aus.
Der Zeitplan: Das sog. Bedarfsdeckungsverfahren wurde im September 2021 eingeleitet. Die Planungen für die Sanierung der Sporthalle werden voraussichtlich im IV. Quartal 2023 abgeschlossen. Die erste Auftragsvergabe und die Aufnahme der Sanierungsarbeiten sind ab dem III. Quartal 2024 vorgesehen. Konkretere Angaben zum Zeitpunkt der Maßnahmenausführung könnten bis dato nicht getroffen werden. Man gehe jedoch davon aus, dass der Abschluss der baulichen Maßnahmen im Dezember 2025 erfolge. „Die Nutzungseinschränkungen für Lauf- und Ballsportarten werden bis zum Abschluss der Sanierung der Sporthalle bestehen.“ Soweit die Fakten.
Gründe bleiben spekulativer Natur
Fakt ist laut Bundeswehr-Auskunft auch: In der Kaserne ist seit dem 1. Juli 2011 keine Grundausbildungseinheit mehr verortet. „Die letzte Grundausbildung wurde vor dem Aussetzen der Wehrpflicht in der fünften Kompanie des Aufklärungsbataillons 8 durchgeführt – nach dem Aussetzen der Wehrpflicht wurde diese Kompanie aufgelöst.“ Das heißt, dass etwaige Rekruten-Tests im Rahmen von Grundausbildungen nicht für die Verschlechterung der Bodenqualität verantwortlich zeichnen.
Die hiesigen Fußballteams scheinen es wohl auch nicht gewesen zu sein. Bis zum 31. März 2020 bestanden gemäß BAIUDBw mit lediglich drei Vereinen Verträge zur Mitnutzung der Halle. Seit dem 1. April 2020 finde – „nicht zuletzt auch aufgrund der COVID-19-Pandemie“ – keine externe Mitnutzung der Sporthalle mehr statt. Mitbenutzungsverträge mit externen Sportvereinen gebe es derzeit nicht, aber: „Nach der Sanierung wird eine Mitbenutzung durch Externe im Rahmen verfügbarer Kapazitäten grundsätzlich wieder möglich sein.“
Ob nun in den Vorjahren die Mitnutzung der Halle um einiges intensiver ausgefallen ist als zuletzt, bleibt wohl genauso spekulativ wie die interne Nutzung durch die Angehörigen der Bundeswehr in den betreffenden acht Jahren. Konkrete Zahlen dazu führe die Bundeswehr zwar schon und die Nutzung könne somit „bundeswehrseitig nachvollzogen werden“, wie es heißt – „diese Daten dienen jedoch ausschließlich dem Dienstgebrauch“.
Stephan Hörhammer