Schönbrunn am Lusen. Zu Erwin Scheibenzubers Kunden zählen Namen, die so gut wie jeder kennt. Etwa Ex-Weltklasse-Keeper Oliver Kahn, jetzt Chef des FC Bayern München. Oder der ehemalige Formel 1-Rennfahrer Ralf Schumacher. Sie alle sind bereits in den Bayerischen Wald, genauer gesagt nach Schönbrunn am Lusen (Gmd. Hohenau), gekommen, um beim 57-jährigen Waidler einen seiner Golden Retriever oder Labradore zu erwerben. Scheibenzuber ist ein gefragter Hundezüchter – das hat sich in der High-Society-Szene längst rumgesprochen. Er ist aber auch Gründungsvater und erster Vorsitzender des Vereins „Hunde helfen Kindern e.V.“, der meist im Hintergrund agiert – aber weltweit aktiv ist.
Die Hundezucht und die Wohltätigkeitsorganisation – sie gehören zusammen, auch wenn Erwin Scheibenzuber beide Teile seines Lebens klar voneinander trennen möchte. Er weiß aber auch, dass das eigentlich nicht möglich ist. Denn seine selbstständige Tätigkeit ist praktisch der Ernährer von „Hunde helfen Kindern“. Doch der Reihe nach:
„Hunde sollen Glück in die Familien bringen“
Die Scheibenzubers aus Schönbrunnerhäuser züchten seit 60 Jahren Hunde. Erwins und Biancas Töchter und Nachfolgerinnen Xenia und Nina werden die vierte Generation bilden. „Seit ich lebe, habe ich mit Hunden zu tun“, erklärt der 57-Jährige. „Hunde sind der beste Freund, ein stiller Kamerad. Ich vergleiche sie immer mit Holzöfen – sind sie im Raum, wird das Raumklima besser.“
Zunächst legten sich die Waidler nicht auf eine spezielle Rasse fest. Der Zufall allerdings – wie so oft – spielte auch bei den Scheibenzubers eine gewisse Rolle, sodass sie sich im Laufe der Jahre zu Spezialisten entwickelten, was die Rassen Golden Retriever und Labrador betrifft. „Ein Hotelier aus Neuschönau hat meinen Vater angerufen, weil er wusste, dass er viele Hunde hat. Er musste seinen Vierbeiner abgeben, weil sich viele Gäste über ihn beschwert haben. Papa hat ihn ohne großes Überlegen aufgenommen.“ Es war ein Golden Retriever. Der rasseverwandte Labrador kam später noch dazu.
Nach dem Tod des Vaters 1999 konzentrierte sich der gelernte Glasmacher und Datenverarbeitungs-Kaufmann, der früher in Freyung einen eigenen IT-Laden führte, auf die Tierzucht. Und dass dieser 1a-Qualität liefert, sprach sich schnell herum. Gleichzeitig ist Erwin Scheibenzuber dafür bekannt, besonders tierlieb zu sein, was seine Hunde noch wertvoller macht – fernab aller monetären Gedanken. „Natürlich muss meine Arbeit finanziert werden. Aber mir geht es bei dieser Tätigkeit nicht nur ums Geld. Die Hunde sollen nicht nur Einnahmen generieren, sondern vor allem Glück in die Familien bringen.“ Mitunter zu den Kahns und Schumachers.
„Sie haben Spielzeug, sind versichert, gehen zum Friseur“
Weil ein Rassehund einiges an Geld kostet, gehören Scheibenzubers Kunden oft zu betuchteren Kreisen. Menschen, die aber auch bereit sind, zu spenden. Und hier kommt der Verein „Hunde helfen Kindern“ ins Spiel. „Ich hatte schon häufig den Gedanken, armen Kindern zu helfen. Leider hatte mir aber die Möglichkeit dazu gefehlt.“ Und plötzlich war die Idee da. „Die Hunde, die ich verkaufe, haben ein gutes Leben – besser als manches Kind. Sie haben Spielzeug, sind versichert und gehen zum Friseur, haben also, wenn man so will, ein eigens Taschengeld“, berichtet der Schönbrunner. „Wenn Hunde über ihr Taschengeld selber verfügen dürften, würden sie einen kleinen Teil für Kinder spenden. Umgekehrt ist ja das auch der Fall. Zwischen Hunden und Kindern gibt es eine besondere Verbindung.“
Eindrücke aus Eswatini (bis 2018: Swasiland)
Scheibenzuber sprach einige seiner Kunden an – und seine Idee schlug voll ein. Der Spendentopf füllte sich schnell – schneller als erwartet. Inzwischen zählt der Verein 44 Mitglieder, die selber entscheiden, welchen Beitrag sie wann überweisen möchten. Zudem gibt es viele Einmal- oder Mehrmalspender. „Der eine will an seinem Geburtstag keine Geschenke, sondern sammelt Geld und spendet es. Der andere will zu seiner Beerdigung keine Blumen und Kränze, sondern eine Spende. Ein Dritter gibt seine Hochzeitseinnahmen weiter“, berichtet der Vereinsvorsitzende. Die Hunde treten also nur indirekt in Erscheinung. Und sie sind – wie oft vermutet, wenn man den Namen „Hunde helfen Kindern“ hört – keine Assistenztiere.
Darum hilft Scheibenzuber in Eswatini (Swasiland)
An einen Spender hat Erwin Scheibenzuber ob seiner Großzügigkeit ganz besondere Erinnerungen. Nach dem Tod seines Hundes „Mona“ kontaktierte er den Züchter aus der Gemeinde Hohenau. Er wollte wieder einen Vierbeiner haben. Zu sehr hatte er sich an seinen treuen Kameraden gewohnt. Zu leer war sein Haus nach dem Ableben der Hündin. „Als ich dann Luna, die Nachfolgerin von Mona, übergeben habe, hat er gefragt, was es denn mit ‚Hunde helfen Kindern‘ auf sich hat. Nachdem ich es ihm erklärt hatte, spendete er spontan zwei Häuser für Waisenkinder in Swasiland. Eines kostet ungefähr 3.500 Euro.“
Apropos Swasiland, das seit 2018 Eswatini heißt. Natürlich möchte Erwin Scheibenzuber auch in seiner unmittelbaren Heimat helfen. Er hat mit den Spendengeldern u.a. schon eine spezielle Dialyse-Behandlung bezahlt oder ein Hilfsfahrzeug für einen behinderten Buben. „Bei uns ist es aber nicht immer leicht, jemanden zu finden, der auch wirklich Hilfe benötigt.“ Da er aber vor allem Kindern helfen wollte – egal wo -, konzentriert sich sein Engagement inzwischen auf den afrikanischen Binnenstaat. Über die Organisation „Young Heroes“ wurde er auf die große Not in Eswatini aufmerksam. „Dort herrscht die höchste HIV-Quote weltweit. Viele Eltern sterben deshalb sehr jung und hinterlassen oft mehrere Kinder, die von jetzt auf gleich Waisen sind und nicht – wie bei uns – von einem Sozialsystem aufgefangen werden.“
„Das Geld wird 1:1 weitergereicht“
Vor allem an Unterkünften mit gewissen Hygienestandards mangelt es. Und genau hier setzt „Hunde helfen Kindern“ an. Bei regelmäßigen Besuchen im südlichen Afrika macht Erwin Scheibenzuber über inzwischen aufgebaute Kontakte vor Ort Buben und Mädchen ausfindig, die Hilfe brauchen. Er schaut sich alles genau an, um sicherzugehen, dass das Geld auch wirklich an der richtigen Stelle ankommt und zweckgebunden eingesetzt wird. „32 Häuschen für Aids-Waisenkinder haben wir bisher gebaut. Jährlich geben wir einen fünfstelligen Betrag weiter“, rechnet der 57-Jährige vor, dem es ein großes Anliegen ist, zu betonen: „Bei uns wird das Geld 1:1 weitergereicht. Verwaltungskosten übernehmen wir privat selber. Auch Flüge und Unterkunftskosten, wenn wir vor Ort bin, zahlen wir.“
Erwin Scheibenzuber erklärt, was auf den Bilder zu sehen ist
Erwin Scheibenzuber hat das geschafft, was sich viele bereits vorgenommen haben, aber (noch) nicht umsetzen konnten: Er hält es (fast) wie Robin Hood – wenn er das Geld, das er dann unter den Armen verteilt, den Wohlhabenden nicht gewaltsam abnimmt, sondern diese es gerne und vor allem freiwillig für den guten Zweck weitergeben. Möglich machen das die Hunde, seine Lieblinge auf vier Pfoten, die Freunde des Menschen, allen voran der Buben und Mädchen…
Helmut Weigerstorfer