Sandersdorf. Pam Pam Ida. Drei Worte, die Schlagzeuger Julian Menz einst im Traum untergekommen sind – und die Sänger und Frontmann Andreas Eckert sogleich dazu animierten, die von ihm gegründete bayerische Pop-Band aus dem Schambachtal auf jenen Namen zu taufen. Es war der Beginn eines bis heute andauernden Gemeinschaftsprojekts, das nach den Studioalben „Optimist“ (2017), „Sauber“ (2019) und „Frei“ (2020) im vergangenen Jahr mit drei Vinyl-Veröffentlichungen aufhorchen ließ. Doch am Anfang stand der „Gockl“ …
So lautet nämlich der Titel des ersten Musikvideos, das Pam Pam Ida im November 2015 über den Äther in die Welt hinausschickten – und in dessen Folge ein bekannter Radiomoderator sie in seine Sendung einlud. Zum „Liebling des Jahres 2015“ wählte die Hörerschaft daraufhin das Sextett, das seine Wurzeln im zwischen Ingolstadt und Regensburg gelegenen Markt Altmannstein hat. Von da an ging’s bergauf.
„Ich hatte ihn damals vorgewarnt“
„Das Lieder schreiben macht mir Spaß“, berichtet der 34-jährige Andreas Eckert im Gespräch mit dem Onlinemagazin Hog’n. „Schultertanz„, „Lass mi ned los“, „Nix versammt“, „Ois anders“ oder „Bleib bei mir“ heißen die Stücke, die aus seiner Feder stammen und mal lustig-energiegeladen, mal nachdenklich-melancholisch daherkommen. Jedenfalls stets mit einer ordentlichen Prise Gefühl und Gänsehaut-Potenzial.
Neben Eckert (Gesang, Gitarre, Klavier, Tenorhorn, Blockflöte) und Menz (Schalgzeug) komplettieren Christian Winkler (Keyboard, Saxophon, Euphonium, Posaune, Akkordeon), Thomas Thumann (Gitarre, Synthesizer, Blockflöte, Drumpad, Surdo, Djembe), Daniel Randlkofer (Gitarre) und Jürgen „Charlie“ Neumeier (Bass) die Band, die ihr erstes Live-Konzert 2017 auf einer Ingolstädter Kleinkunstbühne zum Besten gab. Wenn es der Rahmen erlaubt, sind auch noch drei Streicher bzw. Streicherinnen mit an Bord, die Teil des sog. Silberfischorchesters sind.
Während der eine als Steuerberater und der andere als Bezirksangestellter nebenher seine Brötchen verdient, haben sich Randlkofer (studierter Jazz-Gitarrist) und Eckert (studierter Pianist) als Berufsmusiker voll und ganz ihrem künstlerischen Schaffen verschrieben. Die beiden hatten sich während des Studiums im einstigen Regensburger Art Club, wo sie auch gemeinsam auftraten, kennen und schätzen gelernt. „Ich hatte ihn damals vorgewarnt, dass ich irgendwann einmal gerne länger mit ihm zusammen spielen möchte“, erinnert sich Eckert mit einem Schmunzeln.
Gefällig, aber nicht angepasst
„Pam Pam Ida ist vielleicht das einzige Projekt im Dialektkosmos, das sich weniger der Partyunterhaltung oder gefühliger Hymnen verpflichtet sieht, sondern richtig gern neue Wege im Popdschungel beschreitet“, beschreibt Julian Menz die Gangart der Band. „Yes gefällig aber no Anpassung an kapitalistische Marktideologien.“ Eine Ansage, der Pam Pam Ida bis heute versuchen gerecht zu werden – und sich dabei bemühen, vieles – vom Booking bis zum Merchandising – in Eigenregie zu realisieren.
Andreas Eckert kümmert sich daher neben dem kreativen Schaffungsprozess vor allem auch um die zu den Songs gehörigen Videos, bei denen er zumeist als Regisseur fungiert und die Drehbücher schreibt. „Ich mache momentan nichts anderes, als mich mit Pam Pam Ida zu beschäftigen. Am liebsten möchte ich alles selbst machen, was mit der Band zu tun hat. Das ist alles sehr zeitintensiv, klar, aber: Wenn ich nur die Auftritte spielen würde, wäre mein Tag nicht ausgefüllt.“
Live zu sehen sind die Jungs mit ihrer „Koa-Moang“-Tour so richtig ab Mai dieses Jahress – mit Stationen in Bad Reichenhall, Deggendorf, Riedenburg oder Eching. Wir haben uns vorab mit dem Pam-Pam-Ida-Bandleader über dessen Inspirationsquelle, die Schönheit des bairischen Dialekts, LaBrassBanda und auch mal notwendige (wenn auch manchmal nicht ganz freiwillige) Ruhephasen unterhalten…
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Im Rückblick betrachtet: Wie würdest du den Aufstieg der Pop-Band Pam Pam Ida bezeichnen?
(überlegt) So kometenhaft wie bei Wanda oder ähnlichen Bands, die von jetzt auf gleich Konzerte vor Tausenden Leuten gespielt haben, war’s bei uns sicher nicht. Aktuell befinden wir uns, was das Publikum betrifft, in einer Größenordnung, die für uns ausreichend ist. Wir wollen unsere Gaudi haben, gut spielen und weiter authentisch bleiben. Ich würde nicht sagen, dass es schnell gegangen ist. Manche wundern sich sogar, dass wir noch nicht bekannter sind…
„Der bairische Dialekt ist phonetisch betrachtet ein sehr schöner“
Ich kann mich erinnern, dass ich am Anfang häufig mit Zettl und Stift in der Hand unterwegs gewesen bin. Darauf stand eine Liste mit rund 25 Namen von Musikern, mit denen ich gerne live als Pam Pam Ida auftreten möchte. Denn die eigentliche Bandformation gab es damals noch gar nicht, sondern nur befreundete Musiker, die ich wahlweise ins Studio eingeladen habe. Die wussten teilweise gar nicht, was sie erwartet. Das war alles ziemlich konfus und schnelllebig – es gab nichts zu verlieren und keine Erwartungen. Aber es musste wohl so sein…
Lass uns über deine teils recht witzigen, teils gefühlvollen Songtexte sprechen. Woher kommen diese? Was inspiriert dich?
Die Songs kommen ganz unterschiedlich zustande. Häufig ist es paradoxerweise so: Je besser es mir selbst geht, desto trauriger werden die Texte und Lieder manchmal. Und wenn’s mir schlecht geht, dann kommen ab und an so Freudennummern wie der Schultertanz dabei heraus. Generell bin ich Popmusik-Fan – und ich orientiere mich nicht an Trends wie Heimatsound oder Mundart-Pop. Klar: Bairisch ist die Sprache, die ich spreche – aber die Musik muss deshalb nicht zwangsweise nach Dorf oder Bayerntümelei klingen. Die kann nach allem klingen. Natürlich hör ich auch gerne Haindling. Aber meine absoluten Favoriten sind die Beatles oder Paul Simon – oder auch mal ein 90er-Jahre-Popsong…
Die Titelmusik der Serie „Watzmann ermittelt“ entstammt dem Lied „Schultertanz“:
Stichwort: Bairische Texte, bairische Sprache. Musiker wie Claudia Koreck und LaBrassBanda haben sie ja in den vergangenen Jahren salonfähig gemacht. Denkst du, dass das Bairische im Musik-Bereich langsam etwas Überhand nimmt? Dass es allmählich etwas too much ist?
Da wär ich jetzt blöd, wenn ich Ja sagen würde (lacht)… Im Ernst: Ich empfinde es nicht so. Der bairische Dialekt ist phonetisch betrachtet meiner Meinung nach ein sehr schöner Dialekt. Es ist ein Glück ihn zu sprechen. Er ist phonetisch sehr nah an der englischen Sprache dran. Ich bin aufgewachsen mit Hubert von Goisern, meine erste Kassette damals. Ich dachte mir schon in jungen Jahren, wie schön diese Sprache doch klingt. Hochdeutsch kommt da um einiges härter daher. Grundsätzlich sollte versucht werden, dass noch mehr Dialekt gesprochen wird. Das wär mir ein Anliegen. Zu viel Mia-san-mia und nur Party und Bier ist allerdings auch nicht sinnvoll.
„Überall werden wir nicht gerne gehört“
Funktioniert Pam Pam Ida eigentlich nur im bairischsprachigen Raum? Oder auch in Norddeutschland zum Beispiel?
Ehrlich gesagt: Überall werden wir nicht gerne gehört. Man merkt die Sprachbarriere schon sehr. Daher hoffen wir, dass künftig noch mehr in Österreich für uns geht – wie zuletzt etwa beim Konzert in Salzburg vor ausverkauftem Haus. In Berlin mögen sie zwar Wanda und Granada, obwohl die beiden Bands auch Mundart singen. Aber von Bayern mögen sie das eher weniger – außer man realisiert das Ganze vollends auf der lokalpatriotischen Schiene, wie etwa LaBrassBanda es macht, die barfuß und in Lederhosen auftreten. Was sie angestoßen haben mit der boarischen Welle, dafür bin ich generell sehr dankbar. Die Jungs gehören in vielerlei Hinsicht zu meinen Vorbildern. Sie haben immer eine klare Linie verfolgt – das imponiert mir sehr.
Genauso wie Pam Pam Ida? Ihr seid euch bis jetzt auch sehr treu geblieben, oder?
LaBrassBanda hat den Vorteil, dass sie sich direkt für ein Genre, den Balkan-Sound, entschieden haben. Wir machen Pop-Musik – und die kann sehr vielfältig sein. Wir lassen uns viel Freiheiten, was vielleicht für den Zuhörer eingangs nicht immer ganz so gut ist, da er sich nicht gleich orientieren kann. Uns macht’s hingegen umso mehr Spaß. Übrigens: Mit „Ludwig Two„, der Band vor Pam Pam Ida, waren wir häufig als Vorband mit LaBrassBanda unterwegs.
Anderes Thema: Wie denkst du an die Corona-Zeit zurück?
Die Corona-Zeit war – so bescheuert das klingen mag – zu Beginn tatsächlich eine Art Erlösung für uns. Wir waren damals dick drin im Geschäft und dadurch teils sogar a bisserl ausgebrannt. Am Tag des Lockdowns hätten wir ein Konzert gespielt, 600 Leute, ausverkauft. Wir haben uns dann im Bandraum getroffen und du hast gemerkt, wie jedem ein Stein vom Herzen fällt. Der Druck war weg und die Entspannung trat ein. Aber nach etwa vier Woche kam die Frage: Was ist, wenn das jetzt so weitergeht mit dem Lockdown? Wir wollten wieder auf die Bühne, wollten unsere Musik präsentieren und Geld verdienen. Es waren im Rückblick ganz unterschiedliche Phasen, die wir durchgemacht haben.
„Das kann schlauchen“
Wie hat sich Corona auf dein musikalisches Schaffen ausgewirkt?
Die Lieder, die ich zu Beginn der Corona-Phase geschrieben hatte, zeichnen sehr viel Langsamkeit, teils auch Nonsens aus. Wir haben in der Folge drei Vinyl-EPs veröffentlicht – und jede stand im Nachhinein für eine bestimmte Phase der Corona-Ära.
Wie wichtig sind in dieser doch sehr beschleunigten Zeit generelle Ruhephasen, in denen du und deine Bandkollegen auch mal durchschnaufen könnt?
Als Musiker, als Kreativer, braucht man diese Phasen in jedem Fall immer wieder mal. Man muss sich die Zeit nehmen, um in sich hinein zu horchen – nur dann wird auch etwas Positives entstehen können. Mit dem Treiben in der digitalen Welt sind auch wir schon a bisserl versaut: Anstelle sich nach einem Gig auszuruhen, hängt man dann doch wieder lange im Internet ab. Diese Getriebenheit kommt ja häufig durch Plattformen wie Facebook oder Instagram. Du musst permanent dabei sein, permanent dein Essen fotografieren, musst permanent zeigen, dass es dir gut geht und dein Leben nur aus Party besteht. Das kann schlauchen.
Wie gesagt: Anfangs der Corona-Zeit war’s echt schön, dass wir plötzlich mehr Zeit hatten – weil eben alle mehr Zeit hatten. Letztendlich kam dann aber immer mehr die Angst zum Vorschein, dass es nicht mehr so werden könnte, wie’s zuvor gewesen ist. Wir waren eingespielt, sind von einem Auftritt zum nächsten getingelt – das war schon cool. Als Musiker musst du auf der Bühne stehen – und darfst nicht nur im Internet funktionieren…
„Das ist Gänsehaut pur“
Der Blick nach vorne: Wo steht Pam Pam Ida in fünf, zehn Jahren?
(überlegt) Ich kann nur hoffen, dass wir bis dahin nicht die Lust an der Musik verloren haben, dass wir uns immer wieder neu entdecken und dass wir weiter an uns glauben. Ich denke, dass wir eine wunderbare Fan-Base haben. Diejenigen, die unsere Musik hören, machen das nicht nur einmal, sondern die bleiben bei uns. Wie zum Beispiel eine Gruppe aus Graz, die bei jedem zweiten Auftritt von uns mit am Start ist. Das Schöne: Wenn wir ein Konzert geben, dann singt meistens die gesamte Meute mit, dass es einem die Haare aufstellt. Das ist Gänsehaut pur, das ist der Wahnsinn.
Nichtsdestotrotz läuft man aber ab und zu Gefahr, dass man das Programm einfach so runternudelt. Denn wir sind nunmal keine Jazzer, die jeden Tag die Möglichkeit haben, frei zu improvisieren. Wir müssen ganz oft das Gleiche machen und wollen uns daher bemühen, uns stets neu zu entdecken und die Euphorie aufrecht zu erhalten. Eine gewisse Routine ist gut – aber dann müssen auch wieder mal neue Impulse her. Ich bin leidenschaftlicher Pop-Musiker und mag meinen Job so gut es geht machen – und ab und zu braucht es einfach was Neues auf der Bühne.
Dafür wünschen wir weiterhin viel Erfolg und alles Gute.
Interview: Stephan Hörhammer