Passau. Theresa Müller ist 1998 durch eine Zeitungsannonce zur Telefonseelsorge gekommen, erzählt sie und blickt über die Schulter in den angrenzenden Garten des Maristenklosters. Sie suchte zu dieser Zeit eine Veränderung, eine neue Tätigkeit. Diese Veränderung hat ihr vielleicht das Leben gerettet, denn die heute 63-Jährige war damals selbst schwer depressiv und alkoholabhängig. „Ich habe versucht, mir das Leben zu nehmen“, erinnert sie sich. „Ich dachte mir: Entweder bringe ich mich jetzt um oder ich ändere mein Leben.“ Was sie dann auch tat.
Sie ging zur Therapie und machte die Ausbildung zur Telefonseelsorgerin. Bei der Telefonseelsorge anzurufen, hat sie während ihrer Krankheit nie in Erwägung gezogen. Erst später sei sie schließlich bereit gewesen, auch diese Hilfe anzunehmen. Inzwischen ist Theresa Müller trockene Alkoholikerin und versucht, Menschen zu helfen, die ähnliches durchleben wie sie einst.
„Das passiert ungefähr zweimal im Monat“
Ob sie das mit vielen Anrufern verbindet? „Schlussendlich geht jeder einen anderen Weg“, sagt sie. Für das Verständnis der Probleme anderer Menschen spielt ihre eigene Vergangenheit dennoch eine große Rolle. „Ich weiß, was Sucht ist und ich weiß, wie man aus der Sucht wieder herauskommt“, erklärt sie. Für die meisten sei dies keine einfache Aufgabe. Leugnen und Schönreden sind ihr vertraute Muster, doch aufgrund ihrer Erfahrung könne man sie „nicht so leicht hinters Licht führen.“ Sie erkennt so einiges, was die Anrufer vielleicht selbst noch nicht über sich wissen. So haben ihre Gesprächspartner die Möglichkeit, mit offenen Karten zu spielen. Das Ergebnis: Viele tiefe Gespräche, die auch oft eine für sie wohltuende und therapierende Wirkung entfalten.
Maria Gillhofer ist eine von vier hauptamtlichen Mitarbeitern der Telefonseelsorge Passau. Was sie von Theresa Müller unterscheidet, ist ihre sozialpädagogische Ausbildung. Hat sie Hintergrunddienst, muss sie rund um die Uhr für die Ehrenamtlichen erreichbar sein. Falls ihnen ein Telefonat einmal zu nahe geht, können diese dann unmittelbar über das Gehörte sprechen. „Das passiert ungefähr zweimal im Monat“, berichtet Maria Gillhofer.
Dabei ginge es neben technischen Problemen vor allem um schwerwiegende Themen wie Suizid oder Straftaten. In den monatlichen Supervisionsgruppen tauschen sich mehrere Ehrenamtliche – begleitet von den Hauptamtlichen – über ihre Gespräche aus. Ein kollegialer Dialog ohne Bewertung. Es geht darum, wie man konkret mit dem Gehörten umgeht und was man mit nach Hause nimmt. „Das gehört zu unseren Qualitätsstandards“, sagt die junge Frau. „Wir wollen nicht, dass jemand nach einer Schicht zuhause in Tränen ausbricht…“
Den gesamten Artikel von Jonas Braun gibt es bei „PAblish“ zu lesen (einfach klicken)
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„PAblish“ lautet der Name der Projektplattform des Studienganges Journalistik und Strategische Kommunikation an der Universität Passau. Während ihres Studiums können sich dabei Studierende aller Semester in verschiedenen Praxiskursen auf unterschiedlichen medialen Plattformen in den Tätigkeitsfeldern Journalismus und Public Relations ausprobieren. In Zusammenarbeit mit dem Onlinemagazin da Hog’n werden in diesem Rahmen ausgewählte Projekte der verschiedenen Kurse präsentiert.
da Hog’n