Zwiesel. Erstens kommt es anders – und zweitens als man denkt. Die favorisierte Gloria Gray hätte am Sonntagabend Geschichte schreiben können. Nicht nur in Zwiesel, sondern in der gesamten Republik. Sie hätte die erste Frau mit trans-identitärer Vergangenheit werden können, die es auf den Bürgermeister-Sessel einer Gemeinde in Deutschland schafft. Doch die Unkenrufe waren zu voreilig: Die parteilose 56-Jährige konnte sich am Ende nicht gegen ihren Herausforderer Karl-Heinz Eppinger in der Stichwahl (da Hog’n berichtete) um den Posten des Zwieseler Rathaus-Chefs durchsetzen. Der SPD-Mann aus Griesbach holte am Ende die Mehrheit der Stimmen.
„Liebe Gloria Bavaria, ich drücke dir heute für dich und natürlich auch für meine Heimatstadt Zwiesel ganz fest die Daumen“, war da vor der Verkündung des Wahlergebnisses im Social-Web zu lesen. Oder: „Zwiesel braucht eine Bürgermeisterin wie dich, die was bewegen kann, gute Ideen und Tatkraft hat!“ Es gab aber auch kritische Vorab-Stimmen wie: „Hoffentlich haben die Zwieseler Verstand und wählen Gloria nicht. Das wäre das Schlechteste, was Zwiesel passieren könnte.“ Und: „Wir machen uns nur lächerlich in Deutschland.“
Ein durchaus knappes Ergebnis
Fakt ist: Gloria Gray (amtlicher Name: Gloria Gehring) wird in den nächsten Jahren nicht die Geschicke der Glasstadt lenken. Nachdem sie im ersten Wahlgang vor zwei Wochen mit knapp 32 Prozent noch die meisten Wähler und Wählerinnen auf ihre Seite ziehen konnte, zog die Favoritin nun gegen ihren Mitstreiter den Kürzeren: 46,03 Prozent (entspricht: 1.980 Stimmen) der Wählerschaft votierten am Ende für die schillernde Persönlichkeit. 53,97 Prozent (entspricht: 2322 Stimmen) der Zwieseler Bürgerstimmen gingen an Karl-Heinz Eppinger (erster Wahlgang: 26,88 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag bei 57,05 Prozent (entspricht: 4.318 Wählerinnen und Wählern; gültige Stimmen: 4.302, ungültige Stimmen: 16).
„Ich fühle mich absolut erleichtert und bin froh, dass ich nun Bürgermeister von Zwiesel bin. Ich bin davon ausgegangen, dass es knapp werden wird, daher bin ich vom Ergebnis nicht überrascht“, meldet sich ein glücklicher Wahlsieger gegenüber dem Hog’n zu Wort. „Ich sage herzlich danke an Gloria für den fairen Wahlkampf, jeder konnte seine Themen einbringen. Ebenfalls bedanke ich mich bei den Zwieseler Wählerinnen und Wählern, die mich gewählt haben. Ich versuche auch die, die mich nicht gewählt haben von meiner Person und meiner Arbeit zu überzeugen. Damit am Ende alle mit dem Bürgermeister Karl-Heinz Eppinger zufrieden sein können.“
Hier die Reaktion von Gloria Gray via Facebook:
„Aber das wird sich heute Abend ändern“
„Liebe Zwieseler/innen, heute ist es endlich so weit: Hop oder Top“, stimmte Gloria Gray ihre Anhängerschaft noch am Wahl-Sonntagvormittag auf ihrem Facebook-Account ein. Dabei war es ihr ein Anliegen, noch einige Worte an die Macher des jüngsten Artikels in der Lokalzeitung zu richten, „damit kein unausgeglichenes Bild entsteht“. Ihr Kommentar dazu: „Meistens werde ich nur auf die Künstlerin reduziert. Dass ich aber seit über 30 Jahren eine erfolgreiche Unternehmerin bin, fällt unter den Tisch. Ebenso wird nicht erwähnt, dass ich seit fast drei Jahren Kreisrätin in unserem Landkreis bin. Hingegen wird betont, dass der SPD-Kandidat ein ehemaliger Stadtrat ist.“ Acht Jahre sei dies bereits her, merkte Gloria Gray hierzu an.
Zum Thema Teamführung sowie fachliche und soziale Kompetenz verdeutlichte sie: „Seit zig Jahren arbeite ich weltweit in den vielfältigsten Projekten mit den unterschiedlichsten Menschen, Kulturen und Sprachen. Da gilt es, miteinander in kürzester Zeit zum bestmöglichen Ergebnis zu gelangen – ich kenn’s nicht anders!“ Als Beispiel führte sie das „Café Gloria“ an, das sie ihren Angaben zufolge binnen kurzer Zeit „zu einem Publikumsmagneten gemacht“ hatte. „Ich war dabei drei volle Jahre zugleich noch Arbeitgeberin vieler Menschen in der Region.“ Sie schließt mit den Worten: „Und Erfahrung als BürgermeisterIN haben wir beide noch nicht – aber das wird sich heute Abend ändern…“
Ändern dahingehend, dass Karl-Heinz Eppinger in den kommenden Jahren versuchen wird, der Politik in der Glasstadt seinen Stempel aufzudrücken. Inwiefern ihm dies gelingt, wird die Zeit zeigen. „Ich habe Führungserfahrung, Organisationserfahrung, besitze Teamfähigkeit, kann gut analysieren, habe einen guten Sachverstand, bin engagiert und zielstrebig“, sagte er vor der Wahl im Hog’n-Interview. „Mir ist es wichtig über Parteigrenzen hinweg zusammen zu arbeiten.“