Ganz Neukirchen (ein fiktiver Ort in der Nähe von Landshut) ist in heller Aufregung. Zunächst, weil in wenigen Monaten die Fahnenweihe des Schützenvereins stattfindet. Dieses Fest elektrisiert bereits alle Bewohner im Voraus. Dann, weil eine Einbruchserie den Ort heimsucht. Und noch viel schlimmer: Weil Gregor Cornelius die Leiche der Fahnenbraut Elena Ziegler im Dorfbach entdeckt. Der Beginn einer irrlichternden Suche nach dem Mörder, der – soviel darf verraten werden – eigentlich das gesamte Buch über hinweg ein Phantom ist und erst zum Schluss in Erscheinung tritt. Dann aber mit voller Wucht!
Im Mittelpunkt des Werks von Karoline Eisenschenk steht einmal mehr der emeritierte Geschichts-Professor Gregor Cornelius. Der Münchener hat sich in das niederbayerische Dorf Neukirchen verliebt, verbringt dort viel Zeit – und scheint Morde anzuziehen wie ein Magnet. „Fahnenweihe“ ist immerhin schon der vierte Teil dieser Serie. Steigt man nicht zu Beginn dieser Reihe ein, kommt man im Buch ohne Weiteres zurecht. Der ein oder andere Blick in die erfundene Vergangenheit verwirrt nicht sonderlich.
Viele Geheimnisse, viele Verdächtige
Es wird schnell deutlich: Wie schon bei „Walpurgisnacht„, „Der letzte Tanz“ und „Bluternte“ stehen Cornelius und die ermittelnden Beamten in Landshut auf einer Seite. So richtig riechen kann man sich zwar nicht, doch man braucht sich. Denn nur gemeinsam kann man die Ermittlungen letztlich zu einem erfolgreichen Ende führen.
Unmittelbar nach der Entdeckung der Leiche der schönen Elena Ziegler – sie wird nicht der einzige Tote bleiben – schafft es Karoline Eisenschenk ordentlich Spannung aufzubauen, indem viele Akteure der Geschichte gewisse Geheimnisse mit sich tragen, die erst nach und nach gelüftet werden. Die „Ersatz“-Frau des ehemaligen Freundes von Elena macht sich etwa verdächtig. Genauso die Schwester der Ermordeten – und auch der verschrobene Lorenz Huber, auf dessen Schultern eine schwere Last liegt.
Die Autorin erzählt nicht nur viel über das Innenleben von Protagonist Gregor Cornelius, sondern etlicher Figuren. Einigen Lesern wird das sicherlich gefallen. Vor allem den „Extrem-Krimi-Fans“ wohl aber nicht – lässt sich doch „Fahnenweihe“ eher in die Kategorie „Kriminalroman“ als „Thriller“ einordnen. Nichtsdestotrotz schafft es Karoline Eisenschenk mit ihrer Geschichte die Leserschaft in den Bahn zu ziehen: aufgrund einer geschmeidigen Erzählweise, aber auch wegen zuvor angesprochener Geheimniskrämereien.
Zügig durch die Seiten
Auch wenn gewisse Längen nicht zu bestreiten sind, hat man als geübter Leser die 550 Seiten schneller durch als man zunächst denkt. Und mehr Lob geht eigentlich nicht für ein Buch bzw. seinen Autoren. Schriftstellern, die die Kunst der Kurzweil beherrschen, gehört die Welt – die fiktive und die reele.
Helmut Weigerstorfer