Bierhütte. „Ziehen bald Flüchtlinge ins Romantik-Hotel ein?“ Eine Frage, der das Onlinemagazin da Hog’n im März dieses Jahres erstmals nachgegangen ist. Der Grund: Im Hohenauer Ortsteil Bierhütte ging das Gerücht um, dass schon bald bis zu 80 afghanische Geflüchtete im einstigen Seehotel untergebracht werden könnten. Ein Gerücht, an dem durchaus etwas dran war, wie sich in der Folge bestätigte, denn: Seitens der Eigentümerfamilie ist ein Übergangswohnheim für sog. Ortskräfte aus Afghanistan geplant. Ortstermine mit der Regierung und Gespräche mit der Kreisbehörde haben bereits stattgefunden. Jüngst wurde nun ein Antrag auf Nutzungsänderung gestellt. Die Gemeinde Hohenau ist gegen das Projekt. Die Entscheidung trifft aber das Landratsamt.
Die Verunsicherung im Ort scheint immer noch groß zu sein. Die Frage, was aus dem einstigen touristischen Aushängeschild des Unteren Bayerischen Waldes passieren wird, beschäftigt die Bewohner von Bierhütte nach wie vor. Ein Mitarbeiter des Landkreises soll vor Kurzem Gegenstände aus dem Gebäude getragen und in ein Fahrzeug verbracht haben. „Ist das Haus vielleicht schon verkauft? Die Dorfbewohner haben diesbezüglich noch keine Info“, teilt ein Leser, der anonym bleiben möchte, dessen Name der Redaktion jedoch bekannt ist, gegenüber dem Hog’n mit.
Bauausschuss lehnt Antrag einstimmig ab
Zum aktuellen Stand der Dinge informiert eine Sprecherin der Regierung von Niederbayern lediglich wie folgt: „Nach unserer Kenntnis hat der Eigentümer Ende September einen Bauantrag bei der Gemeinde Hohenau eingereicht. Alle Fragen zu den Themen Baurecht, Denkmalschutz oder Umbaumaßnahmen müssten Sie bitte mit der Gemeinde, dem Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde oder dem Eigentümer selbst klären.“ Und weiter: „Erst, wenn von Eigentümerseite alle Fragen geklärt sind, wird die Regierung gegebenenfalls konkretere Planungen anstellen.“ Letzteres hatte die Regierung bereits im März wortwörtlich so verlautbaren lassen.
Der Bauausschuss der Gemeinde Hohenau tagte nun am 12. Oktober in der Sache – und erteilte dem Bauantrag der Eigentümerfamilie sein Placet, wie Geschäftsleiter Andreas Seidl auf Nachfrage bestätigt, nicht. Der Beschluss der sieben anwesenden Ausschussmitglieder, das Vorhaben abzulehnen, sei einstimmig gewesen. Der Hauptgrund: Das Verhältnis zwischen der Einwohnerzahl (ca. 200) des Ortsteils Bierhütte und der zu erwartenden Zahl an im Hotelgebäude untergebrachten Menschen (ca. 80) entspreche nicht den Vorstellungen der Bürgervertretung.
Zudem sei die vorhandene dörfliche Infrastruktur alles andere als geeignet: Die Busanbindung ist nicht optimal, Einkaufsmöglichkeiten sind nicht vorhanden, rezitiert Andreas Seidl aus der Begründung des Ausschusses. „Die Leute müssten immer nach Freyung oder Hohenau ins Geschäft fahren“, ergänzt der Geschäftsleiter. „Der Standpunkt ist nicht günstig.“ Hinzu kämen etwaige Bedenken in der Bevölkerung hinsichtlich Sprache und Kultur.
„Es muss vom Verhältnis her stimmig sein“
„Das ist ein historisches Gebäude bei uns in der Gemeinde Hohenau: Der Komponist Georg von Pasterwitz ist hier geboren“, führt Bürgermeister Josef Gais, gleichzeitig Bauausschussvorsitzender, den traditionellen Wert des Hotels gegen eine Umnutzung ins Feld. „Uns ist bewusst, dass 1,5 Millionen Flüchtlinge auf der Balkanroute unterwegs sind und wir dezentrale Unterkünfte benötigen, nur: Es muss vom Verhältnis her stimmig sein“, betont der Rathaus-Chef nochmals.
Man habe in der Vergangenheit im Ortsteil Glashütte den Menschen gerne eine Zuflucht geboten. Aktuell seien im Ortsteil Buchberg ukrainische Flüchtlinge untergekommen. Doch 80 Ortskräfte aus Afghanistan, teils mit Familien, im einstigen Romantik-Hotel zu beherbergen – das sei zu viel des Guten. „Unsere beiden Kindergärten sind voll, Plätze in der Schule kaum vorhanden – man muss doch den Leuten auch eine Perspektive geben“, verdeutlicht Gais, der nach wie vor mit den Eigentümern in Kontakt stehe, und fügt hinzu: „Alleine, weil ein Gebäude zur Verfügung steht und der Eigentümer es belegt haben möchte, kann man nicht einfach eine so große Menge an Menschen aufnehmen.“
Doch das letztliche Nicht-Einvernehmen der Gemeinde sei nicht ausschlaggebend und habe keine Auswirkungen auf die Genehmigung. Die wiederum kann nur das Landratsamt Freyung-Grafenau erteilen. „Dort wird der Fall weiterbearbeitet und letztlich entschieden“, weiß Geschäftsleiter Seidl. Ebenso obliegt der Kreisbehörde die Prüfung von Denkmalschutz- und Brandschutzangelegenheiten sowie die Frage baurechtlicher Vorhaben.
Das Landratsamt prüft
Fakt ist: Der Antrag auf Nutzungsänderung des Gebäudes wurde in dieser Woche seitens der Eigentümerfamilie gestellt – dies bestätigt das Landratsamt auf Nachfrage. „Der Antrag wird den zu beteiligenden Fachstellen zur Prüfung zugeleitet. Erst nach Rücklauf der einzelnen Fachstellungnahmen kann eine Aussage darüber getroffen werden, ob die beantragte Nutzungsänderung genehmigt werden kann.“ Des Weiteren heißt es: „Es wird darauf hingewiesen, dass das Landratsamt Freyung-Grafenau nur für die baurechtliche Gesamtthematik zuständig ist. Zur Zeit ist nicht davon auszugehen, dass das Landratsamt dort eine dezentrale Unterkunft betreiben wird. Für den Betrieb von Gemeinschaftsunterkünften und Übergangswohnheimen ist die Regierung von Niederbayern zuständige Stelle.“
Fortsetzung folgt…
Stephan Hörhammer
Stichwort „Übergangswohnheim (ÜWH)“ laut Regierung von Niederbayern:
In einem ÜWH wohnen Migranten mit einem gesicherten Aufenthalts-Status. Diese können dauerhaft in Deutschland bleiben, eine Arbeitsstelle annehmen und selbst eine eigene Wohnung suchen. Ein ÜWH ist also nicht für einen dauerhaften Verbleib gedacht. Das Ziel für die Bewohner ist, eigenen privaten Wohnraum zu finden. Daraus folgt die Bezeichnung als Übergangswohnheim. Der Anteil von Familien mit Kindern ist in ÜWHs in der Regel hoch.
Grundsätzlich gibt es in keinem der fünf niederbayerischen ÜWHs einen Sicherheitsdienst – weil es ihn nicht braucht. Das hat die Erfahrung klar gezeigt. Für Fragen der Bewohner gibt es als Ansprechpartner vor Ort einen Heimleiter und einen Hausmeister.