Freyung-Grafenau/Passau. Ohne den inzwischen zwölf Jahre andauernden Idealismus der Ilztalbahn GmbH wäre die Zugverbindung Passau-Waldkirchen-Freyung längst wieder komplett das, was sie offiziell ohnehin ist – eine stillgelegte Bahnstrecke. Nur an den Wochenenden und gewissen Feiertagen von Juni bis Oktober gehen die Schienen ihrer wahrer Bestimmung nach. Dann nämlich verkehren ehrenamtlich betriebene Züge zwischen der Dreiflüsse- und der FRG-Kreisstadt. Trotz fortwährender Vorstöße der regionalen Politiker und allen voran der Ilztalbahn-Initiative bleibt es bis dato dabei. Ein Regelbetrieb scheint so nah, ist aber doch in weiter Ferne.

Eine Entlastung für die überlastete B12 – das wäre eines der Pro-Argumente für einen Regelbetrieb der Ilztalbahn. Foto: Hog’n-Archiv
Um regelmäßigen Güter – und Personenverkehr auf den Gleisen möglich zu machen, muss in Bayern bei der Wiederbelebung einer Zugstrecke zunächst eine sog. Potenzialanalyse durchgeführt werden. Ein Gutachten seitens der Staatsregierung bzw. dem zuständigen Verkehrsministerium, das die Rentabilität feststellen soll. Doch genau diese Auswertung lässt weiter auf sich warten. Inzwischen so lange, dass der Bevölkerung die genaue Zeitspanne nicht mehr bekannt ist. „Es ist, wie wenn man top vorbereitet wäre auf die Abiturprüfungen – aber den Prüfungsraum nicht betreten darf“, versinnbildlicht Hermann Schoyerer von der Ilztalbahn GmbH die immer noch andauernde wie unbefriedigende Situation.
Potenzialanalyse: Wann?
Und das in Zeiten, in denen sich auf der B12 Stoßstange an Stoßstange reiht. In einer Phase, in denen Spritpreise scheinbar nach oben keine Grenzen kennen. Ein Jahr, bevor die Landesgartenschau in Freyung über die Bühne geht. Ein Event, das tausende Besucher in die Kreisstadt und den Bayerwald locken wird. Diesen Widerspruch haben bereits viele erkannt. Unter anderem der SPD-Kreisverband Freyung-Grafenau, der in einem offenen Brief an Verkehrsminister Christian Bernreiter, die Landräte Sebastian Gruber (FRG) und Raimund Kneidinger (Passau) sowie dem Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper noch einmal öffentlich betont: „Ilztalbahn-Potenzialanlyse – JETZT!
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Das Onlinemagazin da Hog’n ließ diesen Vorstoß der Freyung-Grafenauer Sozialdemokraten in Sachen Ilztalbahn den angesprochenen Stellen zukommen – einhergehend mit der Bitte um Aufklärung, was den nun Stand der Dinge in Sachen Potenzialanalyse sei:

„Nichts passiert“: Ilztalbahn-Chef Thomas Schempf spricht von einem „Mikadospiel“. Foto: Hog’n-Archiv
Prof. Dr. Thomas Schempf (ehrenamtl. Geschäftsführer der Ilztalbahn GmbH): „Seitens der Ilztalbahn GmbH werden alle Initiativen begrüßt, konstruktive Beiträge zur Weiterentwicklung des öffentlichen Personenverkehrs in der Region mit Bahn und Bus zu leisten. Die Nutzung der Eisenbahninfrastruktur der Bahnlinie Passau-Waldkirchen-Freyung erfolgt seit mittlerweile zwölf Jahren vorrangig durch den saisonalen Verkehr an allen Wochenenden und Feiertagen im Sommerhalbjahr. Daneben finden sporadischer Güterverkehr und gelegentliche Sonderfahrten statt. Seit mittlerweile fast acht Jahren liegt das Angebot des Freistaats Bayern auf dem Tisch, im Rahmen einer Potenzialanalyse zu untersuchen, ob ein täglicher Regelverkehr auf der Ilztalbahn sinnvoll ist.
„Es gibt weder Erklärungs- und Gesprächsbedarf“
Auf dieses Angebot hat die Region keine einheitliche Rückmeldung gegeben. Zumindest sieht das Bayerische Staatsministerium die Beschlusslage aus dem Landkreis Passau als nicht ausreichend an – die Gremienbeschlüsse aus dem Landkreis Freyung-Grafenau und der Stadt Passau werden als klare Voten für den Reaktivierungsprozess interpretiert. In dieser Gemengelage befinden wir uns seit Jahren – und nichts passiert. Keine Bewegung bei den relevanten Akteuren. Dieses ‚Mikadospiel‘ möchte die Kreis-SPD mit ihrem Vorstoß beenden.“
Maria Proske (Leiterin Büro des Oberbürgermeisters, Öffentlichkeitsarbeit und Pressestelle/Stadt Passau): „Wir bitten um Verständnis, dass offene Briefe grundsätzlich nicht kommentiert werden.“

Der Landkreis Freyung-Grafenau um Landrat Gruber will seinen ÖPNV zukunftsfähig machen – mit der Ilztalbahn als Teil davon. Foto: LRA
Werner Windpassinger (Pressesprecher Landkreis Passau): „Der zuständige Ausschuss des Passauer Kreistages hat im November 2019 ein klares Ja zur Potenzialanalyse zum Regelbetrieb der Ilztalbahn beschlossen und dabei ebenso klar die Interessen des Landkreises Passau bzw. der betroffenen Landkreis-Gemeinden formuliert. Das weitere Vorgehen liegt im Entscheidungsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr. Für uns gibt es in dieser Sache aktuell weder Erklärungs- noch Gesprächsbedarf.“
Sebastian Gruber (Landrat Freyung-Grafenau): „Der Ausschuss für Struktur, Umwelt und Verkehr des Landkreises Freyung-Grafenau hat bereits 2015/2016 die Bestrebungen zur Reaktivierung der Bahnstrecke Freyung-Waldkirchen-Passau begrüßt und einen positiven Beschluss für die Erstellung einer Potenzialanalyse durch die BEG gefasst. Dieser Beschluss wurde 2019 vom Kreistag des Landkreises Freyung-Grafenau noch einmal bekräftigt. Insofern ist die Beschlusslage des Landkreises hierzu eindeutig. Alle weiteren Schritte dazu liegen im Verantwortungs- und Entscheidungsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr.“
Das Bayerische Verkehrsministerium wollte sich auf die Hog’n-Anfrage nicht äußern, sondern zuerst dem SPD-Kreisverband Freyung-Grafenau eine Antwort zukommen lassen. „Gerne lassen wir Ihnen innerhalb der nächsten Wochen eine Auskunft zukommen“, teilt stellv. Pressesprecherin Corinna Korn weitergehend mit.
Helmut Weigerstorfer
Als Initiator des Schreibens ein kurzer Kommentar: Eine Antwort aus München liegt noch nicht vor, wird aber hoffentlich zeitnah erfolgen.
Die Antworten aus FRG und Passau LRA sind zum Teil erstaunlich deckungsgleich im Wortlaut. Die aus Passau LRA ist zutiefst enttäuschend, vor allem im Nachsatz. Man sieht die „geht mir am A…. vorbei“-Mentalität diesen Themas gegenüber.
Danke dem Hog’n dass er sich hier initiativ bemüht und sehr objektiv berichtet.
Ein guter Vorstoß, der jedoch wie schon seit inzwischen glaube ich sieben Jahren am Landkreis Passau scheitert.
Der Landkreis Passau weiß genau, dass sein gegebenes „Ja, aber“ zur Potenzialanalyse vom Ministerium als „Nein“ verstanden wird. Dass man es seit sieben Jahren nicht hinkriegt, sich zusammen an einen Tisch zu setzen und die Differenzen auszudiskutieren, zeigt, dass weder in Passau, noch in München die Ilztalbahn gewollt ist.